Entscheidungsstichwort (Thema)

Auf Umsatzsteuererstattung für mehrere Jahre zurückzuführende Erstattungszinsen nach § 233a AO keine steuerbegünstigten außerordentlichen Einkünfte im Sinne des § 34 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. War lange streitig, ob Umsatzsteuer in einer bestimmten Höhe für einen Zeitraum von mehreren Jahren rechtmäßig erhoben worden ist, und erstattet das Finanzamt nach einer tatsächlichen Verständigung Umsatzsteuer zuzüglich Erstattungszinsen (§ 233a AO) für diese Jahre, so stellen die Erstattungszinsen, die der bilanzierungspflichtige Unternehmer im Wirtschaftsjahr der tatsächlichen Verständigung zu aktivieren hat, keine steuerbegünstigten „außerordentlichen Einkünfte” im Sinne von § 34 Abs. 1 EStG und § 34 Abs. 2 EStG dar.

2. Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 EStG nur die dort enumerativ aufgeführten in Betracht. Dazu gehören gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG Zinsen im Sinne des § 24 Nr. 3 EStG, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden. Aus der ausdrücklichen Aufführung dieser bestimmten Zinsen im Katalog des § 34 Abs. 2 EStG folgt im Umkehrschluss, dass andere Zinsen generell nicht von dieser Vorschrift erfasst werden sollen.

 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 3, § 34 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nrn. 2-4; AO § 233a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.08.2023; Aktenzeichen X R 2/22)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten (nur) noch über die Tarifbegünstigung von aufgrund einer Umsatzsteuererstattung durch das beklagte Finanzamt (das Finanzamt – FA –) gezahlten Erstattungszinsen.

Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr vom FA zusammen zur Einkommen-steuer veranlagt.

Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einem Kfz-Handel. Der Gewinn wurde durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt.

Am 29. April 2004 erließ das FA aufgrund Erkenntnissen aus einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1997 bis 2000. Nach einem Einspruchs-, Klage- und Revisionsverfahren erzielten die Beteiligten im zweiten Rechtszug vor dem Finanzgericht eine tatsächliche Verständigung. Am 28. November 2012 wurden daraufhin diese Bescheide geändert. Aufgrund der geänderten Bescheide erstattete das FA den Klägern Umsatzsteuer i. H. v. 321.774 EUR und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung (AO) hierauf i. H. v. 203.022 EUR.

Der Kläger aktivierte diese Erstattungen in seiner Buchführung und erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. H. v. 510.303 EUR. Daraufhin erging am 7. Juli 2014 ein insoweit erklärungsgemäßer Einkommensteuerbescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand und Einkommensteuer i. H. v. 156.086 EUR festsetzte.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2014 beantragten die Kläger die Änderung dieses Bescheides. Sowohl die erstattete Umsatzsteuer, als auch die Erstattungszinsen seien außerordentliche Einkünfte und daher der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu unterwerfen. Den Änderungsantrag lehnte das FA mit Bescheid vom 30. Juni 2017 ab. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2017 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid 2012 aus nicht streiterheblichen Gründen und setzte Einkommensteuer i. H. v. 156.318 EUR fest. Der Einspruch gegen die Ablehnung des Änderungsantrages blieb in der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2020 erfolglos. In der Einspruchsentscheidung wird ausgeführt, dass dem Einspruch durch Änderungsbescheid vom 9. Juli 2017 teilweise dergestalt abgeholfen wurde, dass die Umsatzsteuererstattung als außerordentliche Einkünfte behandelt wurden. Mit Bescheid vom 15. Juli 2020 änderte das FA den Bescheid vom 24. Oktober 2014, behandelte die Umsatzsteuererstattung als außerordentliche Einkünfte und setzte Einkommensteuer i. H. v. 155.702 EUR fest. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, dass der Einspruch gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2017 durch diesen Bescheid nicht erledigt sei. Das Verfahren werde fortgesetzt, eines weiteren Einspruchs bedürfe es nicht. Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2020 erhoben die Kläger die vorliegende Klage, „gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 7. Juli 2014 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 15. Juli 2020”.

Die Kläger sind der Auffassung, auch bei den Erstattungszinsen aufgrund eines langwierigen Rechtsstreits handle es sich um ein außerordentliches Ereignis i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Erforderlich hierfür sei eine mehrjährige Vergütung, die für die Einkunftsart atypisch sei und beim Steuerpflichtigen zu einem Progressionseffekt führe. In diesem Fall sei das Tatbestandsmerkmal der Außerordentlichkeit erfüllt. Die (Erstattungs)Zinsen würden bilanzrechtlich das Schicksal der entsprechenden Steuererstattung teilen und seien daher nicht ratierlich über den Zeitraum zu aktivieren, für den sie gezahlt würden, sondern auf den einmaligen Moment ihrer Zahlung. Weiterhin würden die Er...

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