rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Nachweispflicht des FA für Vorliegen der Voraussetzungen der Rückfallklausel nach § 50d Abs. 9 EStG bei Nichtvorlage von ausländischen Steuererklärungen und -steuerbescheiden und unterbliebenen Angaben zur ausländischen Besteuerung durch den Steuerpflichtigen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Steht nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (im Streitfall: DBA-Jugoslawien, Ansässigkeit des Steuerpflichtigen in einem Nachfolgestaat des ehemaligen Jugoslawien) das Besteuerungsrecht für Einkünfte (im Streitfall: Gewinn aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen sowie aus Wettkämpfen als Profisportler) dem ausländischen Staat zu und ist streitig, ob die Einkünfte in dem ausländischen Staat besteuert worden sind, so ist es nicht ernstlich zweifelhaft, dass zwar grundsätzlich das FA die Darlegungs- und Feststellungslast dafür trägt, dass einer der Fälle der Rückfallklausel § 50d Abs. 9 S. 1 EStG vorliegt, dass jedoch diese Beweislast durch die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen gemäß § 90 AO eingeschränkt wird.

2. Das FA ist berechtigt, im Wege der Schätzung (§ 162 Abs. 2 S. 1, Alt. 2 AO: Verweigerung weiterer Auskunft) vom Vorliegen eines der Fälle des § 50d Abs. 9 EStG auszugehen, wenn der Steuerpflichtige weder die ausländischen Steuererklärungen noch ausländische Steuerbescheide vorgelegt noch mitgeteilt hat, ob er die streitigen Einkünfte überhaupt in den ausländischen Steuererklärungen deklariert hat, sondern sich darauf beschränkt hat, eine solche Verpflichtung in Abrede zu stellen.

3. Ausnahmsweise ist im Rahmen des § 50d Abs. 9 EStG ein konkreter Nachweis der ausländischen Besteuerung durch den Steuerpflichtigen nicht erforderlich, wenn sich die Nichtbesteuerung bereits unmittelbar aus dem Gesetz des anderen Staates ergibt (FG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 13.4.2017, 6 K 195/16).

 

Normenkette

EStG § 50d Abs. 9 S. 1 Nrn. 1-2, §§ 15-16, 1 Abs. 1 Nr. 1; AO §§ 8, 88, 90 Abs. 1-2, § 162 Abs. 2 S. 1; FGO § 69 Abs. 2 Sätze 2-3, Abs. 3 S. 1; DBA-Jugoslawien Art. 4 Abs. 2 Buchst. a, Art. 14 Abs. 5, Art. 7 Abs. 1; DBA-Jugoslawien Art. 15 Abs. 1; DBA-Jugoslawien Art. 18 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.02.2019; Aktenzeichen I B 58/18)

 

Tenor

Die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 2012 bis 2015 vom 11.04.2018 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der jeweiligen Einspruchsentscheidung oder anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens ausgesetzt in Höhe folgender Teilbeträge:

ESt 2012

… EUR,

ESt 2013

… EUR,

ESt 2014

… EUR,

ESt 2015

… EUR.

Die Aussetzung wird davon abhängig gemacht, dass die Antragsteller Sicherheit in Höhe der Hälfte des jeweils auszusetzenden Betrages leisten, mithin:

ESt 2012

… EUR,

ESt 2013

… EUR,

ESt 2014

… EUR,

ESt 2015

… EUR.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird beschränkt auf ESt 2013 und ESt 2015 zugelassen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller 75,9 % und der Antragsgegner 24,1 %.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten wegen des deutschen Besteuerungsrechts um das Vorliegen eines Wohnsitzes der Antragsteller in Deutschland in allen vier Streitjahren 2012 bis 2015, ferner bezüglich eines Teils der Einkünfte in den Jahren 2013 und 2015 um die Anwendung von § 50d Abs. 9 EStG.

I.

Das antragsgegnerische Finanzamt – FA – hat insoweit Aussetzung der Vollziehung (AdV) mit Bescheid vom 20.04.2018 (Rb-A Bl. 91) abgelehnt und den dagegen gerichteten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 13.06.2018 (Rb-A Bl. 121) als unbegründet zurückgewiesen.

Über die Einsprüche vom 16.04.2018 (Rb-A Bl. 64) gegen die ESt-Bescheide 2012 bis 2015 vom 11.04.2018 (ESt-A Bl. 45-61) ist noch nicht entschieden.

II.1.

Die Antragsteller sind Eheleute, der Antragsteller – Ast. – ist E. (Profisportler). Die Antragsteller hatten Anfang des Streitjahres 2012 einen Wohnsitz in G. und haben seit Ende 2012 einen Wohnsitz in H. (früher Jugoslawien). Streitig ist, ob die Ast. in den Streitjahren zugleich einen Wohnsitz in D. unter der Anschrift C.-Weg in D. hatten. Hierzu wird vorab auf die Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren I B 91/17 und I B 92/17 des Bundesfinanzhofs – BFH – zu den Urteilen des Senats vom 16.08.2017 3 K 3164/14 und 3 K 3168/15 und den dort dem BFH vorliegenden Steuerakten Bezug genommen.

2.

Der Ast. erzielte in allen Streitjahren inländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (2012:. EUR, 2013:. EUR, 2014:. EUR, 2015:. EUR), hinsichtlich derer das deutsche Besteuerungsrecht unabhängig vom deutschen Wohnsitz unstreitig ist.

3.

Der Ast. erzielte ferner aus in Deutschland abgehaltenen F. (Wettkämpfen) Einkünfte aus Gewerbebetrieb (2012:. EUR, 2013:. EUR, 2014:. EUR), für die der Ast. nach seiner Auffassung nur beschränkt steuerpflichtig und die Steuer durch den Steuerabzug gemäß § 50a EStG abgegolten ist, während nach Auffassung des FA unbeschränkte Steuerpflicht vorliegt.

4.a)

Der Ast. veräußerte im Jahr 2013 einen Geschäftsanteil an einer in Deutschland ansässigen GmbH. Das FA schätzt den Veräußerungsg...

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