Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von § 46 Abs. 2 Satz 1 EStG bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen rechtmäßig kein Steuerabzug vorgenommen worden ist. Einkommensteuer 1995 und 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 46 Abs. 2 Satz 1 EStG ist nach seinem Zweck und der Gesetzessystematik einschränkend dahin auszulegen, dass der Lohnsteuerabzug auch dann als vorgenommen gilt, wenn sich nach der Lohnsteuertabelle keine Lohnsteuer ergibt. Folglich liegt auch dann ein Fall der Antragsveranlagung vor, wenn von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit rechtmäßig tatsächlich kein Steuerabzug vorgenommen worden ist.

 

Normenkette

EStG 1990 § 46 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1, §§ 38, 25

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Ablehnung der Einkommensteuerveranlagung.

Die verheirateten und zusammenlebenden Kläger (Kl) gaben die Einkommensteuererklärungen 1995 und 1996 am 07. August 2001 ab. Der Kl erklärte Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von jeweils 24.624 DM, Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.010 DM (1995) und 1.516 DM (1996) und beantragte die Anrechnung von Körperschaftsteuer (KSt) jeweils 70,72 DM, Kapitalertragsteuer (KapSt) 41,25 DM (1995) und 153,30 DM (1996), Solidaritätszuschlag zur KapSt 3,09 DM (1995) und 11,38 DM (1996), sowie von vergüteter KSt 17,27 DM (1995) und 18,68 DM (1996). In den Streitjahren wurde zurecht keine Lohnsteuer einbehalten. Auf die Lohnsteuerkarten wird verwiesen. Die als Hausfrau tätige Kl erklärte keine Einnahmen. Der Beklagte lehnte die Durchführung der Veranlagung ab, weil die Antragsfrist abgelaufen sei. Mit der zulässigen Klage tragen die Kl vor, § 46 EStG sei nur dann einschlägig, wenn von den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit tatsächlich Lohnsteuer einbehalten worden sei. Im Übrigen sei § 46 EStG verfassungswidrig, weil das Gesetz Arbeitnehmern kürzere Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen setze, als anderen Steuerpflichtigen. Auch liege eine Ungleichbehandlung desselben Sachverhaltes insofern vor, als dass nachträglich nachgewiesene, einbehaltene Zinsabschlagsteuer, selbst bei bestandskräftigen Bescheiden noch nachträglich angerechnet werden könne. Es sei nicht verständlich, weshalb dies den Klägern verwehrt werde.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid über die Ablehnung der Veranlagung 1995 vom 7. Januar 2002 und den Bescheid über die Ablehnung der Veranlagung 1996 vom 6. Dezember 2001, sowie die Einspruchsentscheidung vom 7. März 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Einkommensteuerveranlagungen 1995 und 1996 durchzuführen, hilfsweise den Beklagten auf andere Weise zur Rückvergütung der nachgewiesenen Steuerabzugsbeträge bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu verpflichten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und verweist zur Begründung auf die Ausführungen der Einspruchsentscheidung. Auf diese wird Bezug genommen.

Mit Senatsbeschluss vom 26. Mai 2003 wurde der Rechtsstreit – in der Annahme, es liege kein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vor – auf den Einzelrichter übertragen. Die Klageerwiderung vom 3. Mai 2002 wurde mit Kurzmitteilung vom 15.5.2002 an den Prozessbevollmächtigten (Pb) versandt. Dieser trug am 21.5.2003 vor, „ein Schreiben vom 15.5.2002 liegt hier leider nicht vor,” und bat um Übersendung einer Mehrfertigung per Fax. Obwohl das Schreiben eine andere Formulierung aufwies als jene in anderen Verfahren, in denen der Pb immer wieder erfolglos den Zugang von Entscheidungen des Finanzamtes oder auch von zugestellten Gerichtsentscheidungen bestritt, wurden dem Pb der Schriftsatz des Beklagten vom 3. Mai 2002 und die Kurzmitteilung des Gerichts vom 15. Mai 2002 antragsgemäß am 23. Mai 2003 mit der Bitte um Stellungnahme bis 15. Juli 2003 erfolgreich gefaxt. Auf des Faxprotokoll vom 23. Mai 2003 wird verwiesen (S. 20 FG-Akte). Der Pb wurde zum Termin (14.10.2003) am 22.9.2003 mit Zustellungsurkunde ordnungsgemäß geladen. Die Ladung enthält den Hinweis, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Auf S. 34 und zu S. 34 FG-Akte wird verwiesen. Mit dem am Sonntag, dem 12.10.2003 eingegangenen Faxschreiben beantragte der Pb die „Aufhebung des festgesetzten Verhandlungstermins” mit der Begründung, er habe schon mit Telefax vom 21. Mai 2003 mitgeteilt, dass ihm ein Schreiben (des Gerichts) vom 15.5.2003 „nicht vorliege” und er dieses deshalb auch nicht beantworten könne. Dem Pb wurde mit Fax-Schreiben vom 13.10.2003 – unter Schilderung des Sachverhaltes und nochmaliger Übersendung der vorerwähnten Schreiben – davon unterrichtet, dass für die Aufhebung des Termins kein Anlass bestehe. Im Termin ist für die Kl niemand erschienen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Senat konnte entscheiden, obwohl die Kl im Termin nicht vertreten waren, denn in der ordnungsgemäßen Ladung wurde auf die Folgen des Ausbleibens hingewiese...

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