1 Beschluss, Abs. 1

1.1 Inhalt

 

Rz. 1

Die Kommission hat nach dem Wortlaut der Vorschrift lediglich über eine Anpassung der Höhe des Mindestlohns zu beschließen. Für weitergehende Änderungen, beispielsweise Differenzierungen nach Branchen oder Tätigkeit, verfügt die Kommission nicht über die entsprechende Kompetenz.[1] Nicht zwingend ist es, dass die Kommission eine Erhöhung vornimmt. Neben der Möglichkeit, keine Anpassung vorzunehmen, kann die Kommission auch eine Absenkung beschließen.

[1] Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, § 9 Rz. 4.

1.2 Zeitraum

 

Rz. 2

Nach Abs. 1 Satz 2 sind die Beschlüsse über die Anpassung der Mindestlohnhöhe im 2-Jahres-Rhythmus zu fassen. Erstmals wurde mit der Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns am 28.6.2016 eine Erhöhung auf brutto 8,84 EUR pro Zeitstunde beschlossen. Am 26.6.2018 hat die Mindestlohnkommission ihren Zweiten Beschluss zur Anpassung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns gefasst. Darin war ein Mindestlohn von 9,19 EUR zum 1.1.2019 und zum 1.1.2020 ein Mindestlohn von 9,35 EUR vorgesehen.

Die Dritte Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns wurde am 30.6.2020 beschlossen. Der Mindestlohn wird damit in 4 Schritten erhöht. Zum 1.1.2021 erfolgte eine Erhöhung auf 9,50 EUR, zum 1.7.2021 auf 9,60 EUR und zum 1.1.2022 auf 9,82 EUR. Die nächste Anhebung ist am 1.7.2022 auf 10,45 EUR erfolgt. Mit dem Mindestlohnerhöhungsgesetz wurde zum 1.10.2022 der Mindestlohn verfahrensirregulär einmalig auf 12 EUR festgesetzt. Die Mindestlohnkommission entscheidet im Folgenden jedoch wieder regulär im 2-Jahres-Turnus. Zum 30.6.2023 hat die Mindestlohnkommission die weiteren Erhöhungen des Mindestlohns beschlossen. Seit dem 1.1.2024 beträgt der Mindestlohn 12,41 EUR pro Zeitstunde, zum 1.1.2025 wird der Mindestlohn auf 12,82 EUR angehoben.[1]

2 Gesamtabwägung, Abs. 2

2.1 Kriterien

 

Rz. 3

Abs. 2 gibt der Kommission Kriterien vor, die bei der Prüfung, ob und in welcher Höhe eine Anpassung des Lohns erfolgen soll, berücksichtigt werden müssen.

Genannt wird dabei zunächst der Mindestschutz der Arbeitnehmer. Gemeint ist damit, dass zumindest unangemessene Arbeitsentgelte verhindert werden, die durch die strukturelle Unterlegenheit des Arbeitnehmers entstehen könnten.[1] Ziel muss es daher sein, den Arbeitnehmern den zur Lebensführung notwendigen Lohn zu sichern.[2]

Weiteres Kriterium ist nach Abs. 2 die Ermöglichung von fairen und funktionierenden Wirtschaftsbedingungen. Dies soll dann der Fall sein, wenn er einem Verdrängungswettbewerb über Lohnkosten entgegenwirkt.[3] Der Wettbewerb soll um bessere Dienstleistungen bzw. Produkte geführt werden, nicht um niedrige Löhne. Berücksichtigung soll nach der Gesetzesbegründung dennoch die konjunkturelle Lage und die Produktivität finden.

Die Ermöglichung eines fairen Wettbewerbs mit ausländischen Unternehmen kann die Kommission ebenfalls als Kriterium mit in ihre Entscheidung einfließen lassen.[4]

Als weiterer Gesichtspunkt ist die Nichtgefährdung der Beschäftigung genannt. Damit ist der Erhalt von insbesondere sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen, zu denen auch die Ausbildungsförderung zur langfristigen Sicherung des Fachkräftepotentials zählt, gemeint.[5]

Mit dem Mindestlohnerhöhungsgesetz zum 1.10.2022 erfolgte dabei erstmals eine dahingehende Weiterentwicklung der stärkeren Berücksichtigung des Aspekts der gesellschaftlichen Teilhabe.[6]

[1] Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, § 9 Rz. 11a.
[2] ErfK/Franzen, 15. Aufl. 2015, § 9 MiLoG, Rz. 2.
[3] BT-Drucks. 18/1558, S. 38.
[4] Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, § 9 Rz. 18.
[5] BT-Drucks. 18/1558, S. 38.
[6] BT-Drucks. 20/1408.

2.2 Gesamtabwägung

 

Rz. 4

Diese erläuterten Gesichtspunkte sind von der Kommission in eine Gesamtabwägung einzustellen, um über die geeignete Höhe des Mindestlohns zu befinden und ggf. eine Anpassung zu beschließen. Dabei hat sie sich nach Abs. 2 Satz 2 an den Tarifentwicklungen zu orientieren. Dies soll "nachlaufend" geschehen, was bedeutet, dass die Kommission die 2 Jahre vor Beschlussfassung zu betrachten hat.[1]

[1] HK-MiLoG, Düwell/Schubert/Heilmann, § 9 MiLoG, Rz. 16.

3 Begründungspflicht, Abs. 3

 

Rz. 5

Den Beschluss hat die Kommission zu begründen. Dabei muss sie darlegen, wie sie sich mit den 3 vorgegebenen Kriterien auseinandergesetzt hat und welches ihre wesentlichen Entscheidungsgründe waren.[1]

Für die Begründung schreibt Abs. 3 die Schriftform vor.

[1] BT-Drucks. 18/1558 S. 38.

4 Evaluation, Abs. 4

 

Rz. 6

Gemäß Abs. 4 hat die Kommission laufend die Auswirkungen des Mindestlohns bezüglich

  • des Schutzes der Arbeitnehmer
  • der Wettbewerbsbedingungen und Beschäftigung in bestimmten Branchen und Regionen
  • der Produktivität

zu evaluieren. Die gewonnenen Erkenntnisse hat die Kommission in einem Bericht zusammen zu fassen und der Bundesregierung gemeinsam mit dem Anpassungsbeschluss zur Verfügung zu stellen.

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