3.1 Errichtung und Zusammensetzung

Die Vorschriften über den Europäischen Betriebsrat kraft Gesetzes[1] greifen ein, wenn es nicht zu einer Vereinbarung zwischen Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretern kommt. § 21 Abs. 1 EBRG nennt hierfür 3 Konstellationen:

  • Die Unternehmensleitung verweigert die Aufnahme von Verhandlungen innerhalb von 6 Monaten nach Antragstellung,
  • innerhalb von 3 Jahren nach Antragstellung konnte keine Vereinbarung getroffen werden,
  • die Unternehmensleitung und das Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer erklären das Scheitern der Verhandlungen.

Die Benennung der Mitglieder des kraft Gesetzes zusammengesetzten Europäischen Betriebsrats ist ähnlich geregelt wie die Benennung der Mitglieder des Besonderen Verhandlungsgremiums. So ist zunächst aus jedem Mitgliedstaat, in dem das Unternehmen oder die Unternehmensgruppe einen Betrieb hat, ein Arbeitnehmervertreter in den Europäischen Betriebsrat zu entsenden. Sodann werden weitere Arbeitnehmervertreter aus denjenigen Mitgliedstaaten benannt, in denen das Unternehmen oder die Unternehmensgruppe besonders viele Mitarbeiter hat[2] Die deutschen Betriebsratsmitglieder werden wiederum grundsätzlich vom Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat bestellt.[3]

Der Europäische Betriebsrat hat aus seiner Mitte einen Ausschuss von 3 und höchstens 5 Mitgliedern zu bilden.[4] Dieser Ausschuss führt die laufenden Geschäfte des Europäischen Betriebsrats.

3.2 Unterrichtung und Anhörung

Ein kraft Gesetzes geschaffener Europäischer Betriebsrat ist nach § 29 EBRG einmal im Kalenderjahr über die Entwicklung der Geschäftslage und die Perspektiven des gemeinschaftsweit tätigen Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe zu unterrichten und anzuhören.

Dazu gehören etwa Informationen über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens, die Entwicklung der Beschäftigungslage, Investitionen, Fusionen oder Spaltungen, eventuelle Stilllegungen von Betriebsteilen oder auch bevorstehende Massenentlassungen.

§ 30 EBRG sieht außerdem vor, dass der Europäische Betriebsrat außerhalb der turnusmäßigen Unterrichtung über außergewöhnliche Umstände informiert werden muss, die wesentliche Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinteressen haben. § 33 Abs. 1 nennt konkret Verlegungen und Stilllegungen von Betrieben sowie Massenentlassungen als Beispiele. Nach herrschender Ansicht begründet aber eine Verletzung dieser Unterrichtungs- und Anhörungsrechte keinen Unterlassungsanspruch des EBR zu der Durchführung von Maßnahmen.[1] Bei wesentlichen Strukturänderungen des gemeinschaftsweit tätigen Unternehmens sieht § 37 EBRG die Möglichkeit der Aufnahme von Verhandlungen über eine neue EBR-Vereinbarung vor. Als wesentliche Änderungen sind insbesondere der Zusammenschluss, die Spaltung sowie die Verlegung oder Stilllegung von Unternehmen- und Unternehmensgruppen genannt. Die Verlegung oder Stilllegung von Betrieben ist nur dann erfasst, soweit diese Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Europäischen Betriebsrats haben.

Die Informations- und Unterrichtungspflichten der Unternehmensleitung gelten in Tendenzunternehmen i. S. v. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BetrVG nur eingeschränkt.[2] In der Praxis sind davon insbesondere große Presse- und Medienunternehmen betroffen.

[1] So LAG Köln, Beschluss v. 8.9.2011, 13 Ta 267/11, juris, Rz. 30; HWK-Giesen, 9. Aufl. 2020, EBRG, Rz. 111; Fitting, BetrVG, 30. Aufl. 2020, Übersicht EBRG, Rz. 90a; a. A. DKW-Bachner, 17. Aufl. 2020, § 30 EBRG, Rz. 6.

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