Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Teilzeitbeschäftigung. Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Teilzeitbeschäftigten. Pro-rata-temporis-Grundsatz. Piloten. Vergütung für zusätzliche Flugdienstzeit. Gleiche Auslösegrenzen für vollzeitbeschäftigte und für teilzeitbeschäftigte Piloten. Unterschiedliche Behandlung

 

Normenkette

Richtlinie 97/81/EG § 4 Nr. 1

 

Beteiligte

Lufthansa CityLine

MK

Lufthansa CityLine GmbH

 

Tenor

1. Paragraf 4 Nr. 1 der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit

ist dahin auszulegen, dass

eine nationale Regelung, die die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung für Teilzeitbeschäftigte und für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte einheitlich daran knüpft, dass dieselbe Zahl Arbeitsstunden bei einer bestimmten Tätigkeit wie dem Flugdienst eines Flugzeugführers überschritten wird, eine „schlechtere” Behandlung der Teilzeitbeschäftigten im Sinne dieser Vorschrift darstellt.

2. Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81

ist dahin auszulegen, dass

er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung für Teilzeitbeschäftigte und für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte einheitlich daran knüpft, dass dieselbe Zahl Arbeitsstunden bei einer bestimmten Tätigkeit wie dem Flugdienst eines Flugzeugführers überschritten wird, um eine besondere Arbeitsbelastung bei dieser Tätigkeit auszugleichen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesarbeitsgericht (Deutschland) mit Beschluss vom 11. November 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Dezember 2020, in dem Verfahren

MK

gegen

Lufthansa CityLine GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Richter T. von Danwitz, P. G. Xuereb und A. Kumin (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Ziemele,

Generalanwalt: N. Emiliou,

Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2022,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von MK, vertreten durch Rechtsanwalt M. Mensching,
  • der Lufthansa CityLine GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt C. Schalast,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller, S. Heimerl und P.-L. Krüger als Bevollmächtigte,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch J. F. Kronborg als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch J. Lachowicz und A. Siwek-Řlusarek als Bevollmächtigte,
  • der norwegischen Regierung, vertreten durch I. Thue und T. Hostvedt Aarthun als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch T. S. Bohr und D. Recchia als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Dezember 2022

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen MK, einem Flugzeugführer, und seinem Arbeitgeber, der Lufthansa CityLine GmbH (im Folgenden: CLH), einem Luftfahrtunternehmen, das Kurz- und Langstreckenflüge durchführt, über den Anspruch von MK auf eine Vergütung für die von ihm geleistete zusätzliche Flugdienstzeit.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Paragraf 2 „Anwendungsbereich”) Nr. 1 der Rahmenvereinbarung lautet:

„Die vorliegende Vereinbarung gilt für Teilzeitbeschäftigte, die nach den Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat einen Arbeitsvertrag haben oder in einem Arbeitsverhältnis stehen.”

Rz. 4

Paragraf 3 „Begriffsbestimmungen”) der Rahmenvereinbarung bestimmt:

„Im Sinne dieser Vereinbarung ist

  1. ‚Teilzeitbeschäftigter’ ein Arbeitnehmer, dessen normale, auf Wochenbasis oder als Durchschnitt eines bis zu einem Jahr reichenden Beschäftigungszeitraumes berechnete Arbeitszeit unter der eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten liegt;
  2. ‚vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter’ ein Vollzeitbeschäftigter desselben Betriebs mit derselben Art von Arbeitsvertrag oder Beschäftigungsverhältnis, der in der gleichen oder einer ähnlichen Arbeit/Beschäftigung tätig ist, wobei auch die Betriebszugehörigkeitsdauer und die Qualifikationen/Fertigkeiten sowie andere Erwägungen heranzuziehen sind. Ist in demselben Betrieb kein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter vorhanden, so erfolgt der Vergleich anhand des anwendbaren Tarifvertrages oder, in Ermangelung eines solchen, gemäß den gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen oder den nationalen Gepflog...

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