Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Sicherheit. Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Schweizer Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben und in Luxemburg arbeiten. Gewährung einer Ausgleichszahlung für Elternurlaub. Begriff der ‚Familienleistung’

 

Normenkette

Verordnung (EWG) Nr. 1408/71

 

Beteiligte

Hliddal

Caisse nationale des prestations familiales

Fjola Hliddal

Pierre-Louis Bornand

 

Tenor

Art. 1 Buchst. u Ziff. i und Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, geändert und aktualisiert durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998 geänderten Fassung, sind dahin auszulegen, dass eine Ausgleichszahlung für Elternurlaub wie die durch die luxemburgischen Rechtsvorschriften eingeführte eine Familienleistung im Sinne dieser Verordnung darstellt.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Luxemburg) mit Entscheidung vom 26. April 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Mai 2012, in den Verfahren

Caisse nationale des prestations familiales

gegen

Fjola Hliddal (C-216/12),

Pierre-Louis Bornand (C-217/12)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter), E. Juhász, D. Šváby und C. Vajda,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Caisse nationale des prestations familiales, vertreten durch M. Thewes, avocat,
  • von Frau Hliddal und Herrn Bornand, vertreten durch C. Erpelding, avocate,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz und D. Martin als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 1 Buchst. u Ziff. i und Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, geändert und aktualisiert durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1), in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 209, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen der Caisse nationale des prestations familiales (Nationale Familienkasse, im Folgenden: CNPF) und Frau Hliddal bzw. Herrn Bornand, die in der Schweiz wohnen und in Luxemburg als Arbeitnehmer beschäftigt sind, wegen der Weigerung der CNPF, ihnen eine Ausgleichszahlung für Elternurlaub zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 legt die Definitionen für das von ihr geregelte Gebiet fest.

Rz. 4

Art. 1 Buchst. u der genannten Verordnung bestimmt:

„i) ‚Familienleistungen’: alle Sach- oder Geldleistungen, die zum Ausgleich von Familienlasten im Rahmen der in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe h) genannten Rechtsvorschriften bestimmt sind, jedoch mit Ausnahme der in Anhang II aufgeführten besonderen Geburts- oder Adoptionsbeihilfen;

ii) ‚Familienbeihilfen’: regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und gegebenenfalls des Alters von Familienangehörigen gewährt werden”.

Rz. 5

Gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 1408/71 gilt diese für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die Familienleistungen betreffen.

Rz. 6

Art. 5 der Verordnung Nr. 1408/71 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten geben in Erklärungen, die gemäß Artikel 97 notifiziert und veröffentlicht werden, die Rechtsvorschriften und Systeme, die unter Artikel 4 Absätze 1 und 2 fallen, die in Artikel 4 Absatz 2a genannten beitragsunabhängigen Sonderleistungen, die Mindestleistungen im Sinne des Artikels 50 sowie die Leistungen im Sinne der Artikel 77 und 78 an.”

Rz. 7

Art. 13 („Allgemeine Regelung”) der Verordnung Nr. 1408/71 sieht vor:

„(1) Vorbehaltlich der Artikel 14 c und 14 f unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften diese sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt folgendes:

  1. Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder d...

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