Die Pfändung des Arbeitseinkommens erstreckt sich auf das Netto-Einkommen des Schuldners. Bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens gemäß § 850e Nr. 1 Satz 1 ZPO gilt die sog. Nettomethode. Die der Pfändung entzogenen Bezüge sind mit ihrem Bruttobetrag vom Gesamteinkommen abzuziehen. Ein erneuter Abzug der auf diesen Bruttobetrag entfallenden Steuern und Abgaben erfolgt nicht.

Nach der Rechtsprechung des BAG[1] zur Auslegung des § 850e Nr. 1 Satz 1 ZPO sind dabei im Anschluss an den Abzug der nach § 850a ZPO unpfändbaren Beträge mit dem Bruttobetrag (1. Schritt) nur die Steuern und vom Arbeitnehmer zu tragenden Sozialversicherungsabgaben in Abzug zu bringen, die auf das ohne die unpfändbaren Bezüge verbleibende Bruttoeinkommen zu zahlen sind (2. Schritt). Im Ergebnis werden somit bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens gemäß § 850e Nr. 1 Satz 1 ZPO die auf die unpfändbaren Bezüge entfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nur einmal abgezogen. Das ergibt die systematische und teleologische Auslegung der Norm, die auch zu einem gerechten Ausgleich zwischen den Interessen von Gläubiger und dem Arbeitnehmer als Schuldner führt, da die Bruttomethode aufgrund der Doppelberücksichtigung der unpfändbaren Bezüge dazu führt, dass das pfändbare Einkommen des Arbeitnehmers umso niedriger ausfällt, je höher die unpfändbaren Bezüge i. S. d. § 850a ZPO sind – dies kann bei einem besonders hohen Anteil dieser Bezüge sogar zur vollkommenen Unpfändbarkeit führen.[2]

Das Nettoeinkommen ist vom Arbeitgeber ohne besondere dahingehende Anordnung im Pfändungsbeschluss festzustellen. Es ist entsprechend der nachfolgenden Grundsätze zu berechnen:

Vom Gesamteinkommen (Bruttoeinkommen vor Steuern und Sozialabgaben) des Schuldners sind vorweg in dieser Reihenfolge abzuziehen:

  • die nach § 850a ZPO der Pfändung unbedingt entzogenen Bezüge als Bruttobeträge.[3] Nicht auszuscheiden sind danach die auch nach § 850a ZPO pfändbaren Einkommensteile, so die pfändbare Hälfte der Mehrarbeitsvergütung, der den Rahmen des Üblichen übersteigende Urlaubszuschuss, Weihnachtsgeld[4] usw. Diese Bezüge werden in dem Lohnzahlungszeitraum abgerechnet, in dem sie geleistet (ausgezahlt) werden (Zusammenrechnung pfändbarer Teile des Weihnachtsgeldes erfolgt bei Auszahlung im November daher mit dem im November erzielten sonstigen Einkommen);
  • die für das nach Abzug der unpfändbaren Bezüge verbleibende Bruttoarbeitseinkommen des Schuldners zu zahlenden Steuern und Sozialleistungen.
  • auf den Auszahlungszeitraum entfallende Beträge, die der Schuldner nach den Vorschriften der Sozialversicherungsgesetze zur Weiterversicherung entrichtet oder an eine Ersatzkasse oder an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung leistet, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.
[4] Seit 1.1.2022 sind Weihnachtsvergütungen bis zu der Hälfte des Betrags pfändbar, dessen Höhe sich nach Aufrundung des monatlichen Freibetrags nach § 850c Abs. 1 ZPO i. V. m. Abs. 4 auf den nächsten vollen 10-EUR-Betrag ergibt.

1.5.1 Änderung der Lohnsteuerklasse

Eine Änderung des Lohnsteuerabzugs bei Abruf der ELStAM (Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale) mit einer ändernden Eintragung ist von der nächstfälligen Lohnzahlung an zu berücksichtigen; es erfolgt auch keine Neuberechnung bereits ausgezahlter Beträge.[1]

Ehegatten, die beide in einem Dienstverhältnis stehen, können im Laufe eines Kalenderjahres einmal durch Antrag bei der Gemeinde die Steuerklasse ändern lassen.[2] Schuldner lassen sich auf diesem Wege immer wieder in Steuerklasse V einordnen, den Ehegatten dafür in Steuerklasse III einreihen, in der er einem geringeren Lohnabzug unterliegt. Der Wechsel des Schuldners in die ungünstige Steuerklasse V nach Pfändung würde den Gläubiger mit höherem Steuerabzug und damit geringerem pfändbarem Arbeitseinkommen nach § 850e Nr. 1 ZPO benachteiligen. Als demnach verbotene Verfügung[3] kann eine auf Antrag des Schuldners erst nach der Pfändung eingetragene ungünstigere Steuerklasse für den Lohnsteuerabzug zur Berechnung des (bereits) gepfändeten Arbeitseinkommens keine Wirksamkeit mehr erlangen.[4] Wurde hingegen bereits vor Wirksamwerden der Pfändung die für den Schuldner ungünstigere Steuerklasse eingetragen, dann ist die danach zu bemessende Lohnsteuer einzubehalten und für Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens nach § 850a Nr. 1 ZPO abzusetzen.[5] Die ändernde Eintragung wirkt dann jedoch nur für das Kalenderjahr, für das die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) gelten.[6] Ist die ungünstigere Steuerklasse erneut auch in den ELStAM des folgenden Kalenderjahrs enthalten, ist sie als dem Gläubiger nachteilige Verfügung unwirksam (= Steuerklassenwahl nach Pfändung); sie bleibt damit für die Berechnung des gepfändeten Arbeitseinkommens ohne Bedeutung. Nach ...

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