In gewissen wirtschaftlichen Notlagen können Arbeitgeber Kurzarbeitergeld für ihre Mitarbeiter beantragen. Die wichtigste Voraussetzung ist hier der sog. erhebliche Arbeitsausfall. Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht sowie vorübergehend und unvermeidbar ist. Für die Erheblichkeit des Arbeitsausfalls muss mindestens ein Drittel der Beschäftigten einen Entgeltausfall von mehr als 10 % erleiden. Die aus der Corona-Pandemie bekannte erleichterte Regelung zur Beantragung von Kurzarbeitergeld ist zum Juli 2023 ausgelaufen.

4.1 Kurzarbeit im Zusammenhang mit der Energiekrise

Der Bezug von Kurzarbeitergeld aufgrund der Energiekrise wäre etwa dann denkbar, wenn erhöhte Gas- und Strompreise zur Folge haben, dass energieintensive Produktionsmittel wie etwa Öfen und Kühlanlagen nicht weiterbetrieben werden können, ohne die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens zu gefährden. Für jene Mitarbeiter, die an diesen Anlagen arbeiten, gäbe es entsprechend vorübergehend keine Einsatzmöglichkeit. Die gesetzlichen Voraussetzungen der Kurzarbeit könnten grundsätzlich in diesem Sinne ausgelegt werden.

Allerdings ist nach den aktuellen FAQ der Bundesagentur für Arbeit die Gewährung von Kurzarbeitergeld "ausschließlich wegen aktuellen Preissteigerungen, insbesondere beim Gas und anderen Energieträgern, […] nicht möglich". Preissteigerungen seien kein unabwendbares Ereignis im Sinne des Gesetzes, das die Ausführung der Arbeit in einem Betrieb, wie z. B. in Folge eines Brandes, vorübergehend teilweise oder ganz unmöglich machen. Entsprechend wurden laut Medienberichten bereits Ende 2022 mehrere Anträge abgelehnt und insbesondere mit zunehmender Dauer der erhöhten Energiepreise dürfte dieses Argument immer schwächer werden.

Wegen o. g. Unsicherheiten ist daher zu empfehlen, dass sich Arbeitgeber bei Bedarf unter Schilderung ihrer konkreten Situation zuvor direkt bei der Bundesagentur für Arbeit beraten lassen.[1] Trotz der genannten FAQ und den Medienberichten ist im Einzelfall zumindest vorstellbar, dass bei besonders gravierenden Notlagen ein Anspruch gegeben sein könnte, wobei die Einzelfälle gerade bei der nun schon länger anhaltenden Energiekrise gut begründet sein müssen.

 
Hinweis

Energiepreissteigerungen und Kurzarbeitergeld

Es ist rechtlich vertretbar, dass es sich bei Energiepreissteigerungen von zwischenzeitlich bis zu 1.000 % seit 2019 nicht mehr um das "allgemeine Marktrisiko" (vgl. FAQ der Bundesagentur) handelt. Spätestens, wenn eine Produktion aufgrund einer behördlich angeordneten Rationierung der Gasmenge faktisch eingestellt werden müsste, dürften Unternehmen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben.

[1] Arbeitgeber-Service der Bundesagentur für Arbeit: 0800 4 5555 20.

4.2 Chancen und Risiken der Kurzarbeit für Unternehmen

Das Kurzarbeitergeld ist ein vergleichsweise schnelles und wirksames Instrument, um vorübergehende Produktionseinschränkungen oder Stillstände, die zu Arbeitsausfall führen, durch staatliche Hilfen abzufedern. Es kann unter (eher strengen) Voraussetzungen grundsätzlich auch im Zusammenhang mit der Energiekrise zum Einsatz kommen.

Es bestehen aber auch Risiken: Die Bundesagentur für Arbeit prüft zunächst nicht alle Voraussetzungen der Kurzarbeit vollständig. Eine Bewilligung bedeutet nicht automatisch, dass die Bundesagentur für Arbeit das Vorliegen der Voraussetzungen verbindlich anerkannt hat (sog. "vorläufige Bewilligung"). So standen nach Angaben der Arbeitsagentur Ende 2022 noch 800.000 Fälle aus der Pandemie zur Abschlussprüfung offen.[1] Insbesondere bei falschen Angaben drohen Rückzahlungen und in Ausnahmefällen auch strafrechtliche Konsequenzen. Der Antrag auf Kurzarbeitergeld sollte daher nicht leichtfertig und im Zweifelsfall nach Beratung durch die Bundesagentur gestellt werden.

[1] Gitta Harraz, Verlag C.H. Beck, Nachrichten, Pressemitteilungen, Fachnews, 27.9.2022.

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