Nach derzeitigen Erkenntnissen werden die Menschen in unserem Kulturkreis immer älter. Männer werden im Durchschnitt 78,6 Jahre und Frauen sogar 83,4 Jahre alt![1] Mit der seit vielen Jahren steigenden Lebenserwartung ist natürlich auch eine längere Leistungsfähigkeit verbunden.

Aus den Chancen einer längeren Lebenszeit ergeben sich aber auch die Probleme, wie dieses längere Leben mit fortschreitendem Alter angemessen finanziert und menschenwürdig gestaltet werden kann. Arbeit bedeutet nämlich nicht nur einen wichtigen finanziellen Spielraum, sondern auch eine persönliche Aufwertung.

[1] Das Statistische Bundesamt 2020 nennt eine durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt: Männer - 78,6 Jahre und Frauen - 83,4 Jahre.

1.1 Lebenslanges Lernen

Bei der Forderung nach lebenslangem Lernen wäre es für die Arbeitswelt bereits ein großer Vorteil, wenn zumindest für die Zeit der Berufstätigkeit ständiges Lernen gefordert und vor allem gefördert würde.

Viele betriebliche Förderprogramme setzen zwar bei den jüngeren Mitarbeitern an, enden aber bereits bei den "Mittvierzigern". Das Potenzial älterer Mitarbeiter bleibt dadurch zum Teil brach liegen. Die Zurückhaltung der Unternehmen bei der Qualifizierung älterer Mitarbeiter hat mehrere Gründe:

Das weitverbreitete Vorurteil, bei Menschen über 40 Jahren lasse die Lern- und Leistungsfähigkeit bereits nach. Deshalb lohnen sich Investitionen in die Weiterbildung dieser Personengruppe nicht mehr.

Die lange Zeit gepflegte Übung, sich von Mitarbeitern vor Erreichen der Regelaltersrente zu trennen oder bei betriebsbedingten Kündigungen sich zunächst von älteren Mitarbeitern zu trennen, führte in vielen Betrieben dazu, dass kaum noch Mitarbeiter über 50 Jahren beschäftigt wurden. Weshalb sollte man dann in die Weiterbildung Älterer noch investieren? Wenn Kosten gesenkt werden mussten, wurde in der Regel gerade an den Weiterbildungsetats gespart.

1.2 Vorurteile gegenüber älteren Mitarbeitern

Lange Zeit herrschten gegenüber älteren Mitarbeitern einige Vorurteile, die zum Teil immer noch nicht ausgeräumt sind:

  • Ihre geistige und körperliche Leistungsfähigkeit lasse erheblich nach.
  • Sie seien weniger flexibel, anpassungs- und lernfähig.
  • Sie seien häufiger krank als jüngere Mitarbeiter.
  • Sie hätten eine geringere Motivation als jüngere Mitarbeiter.

Solche Pauschalurteile sind nicht haltbar. Es mag in Einzelfällen nachweisbare Einschränkungen geben. Dies gilt vor allem in Berufen und bei Tätigkeiten, die infolge schwerer körperlicher Belastungen zu körperlichen Verschleißerscheinungen oder bei psychischen Anspannungen zu seelischen Belastungen führen.

Grundsätzlich kann jedoch festgestellt werden, dass es nur wenige altersspezifische Unterschiede gibt. So konnten in Untersuchungen in den Bereichen Leistungsmotivation, Hartnäckigkeit in der Verfolgung von Zielen und in der Bereitschaft zu Umstellungen keine Unterschiede festgestellt werden. In der Stressstabilität und Intelligenzanpassung waren die Unterschiede gering. Nur bei dem analytischen Denkvermögen zeigten sich erkennbare Unterschiede: So sinkt die abstrakte Problemlösungsfähigkeit und hier vor allem die Schnelligkeit beim Verarbeiten komplexer Informationen im Alter. Dieser Mangel kann jedoch oft durch einen größeren Erfahrungsschatz kompensiert werden.

Bei spezifischen Leistungsschwächen älterer Mitarbeiter ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese bereits länger vorlagen und somit keine typischen Folgen des Älterwerdens sind. Solche Leistungsschwächen sind durch Trainingsprogramme i. d. R. auch kaum abstellbar. Dennoch gibt es auch hier Möglichkeiten, diese Mitarbeiter gezielt dort einzusetzen, wo ihre Stärken liegen.

1.3 Stärken und Qualitäten älterer Mitarbeiter

Ältere Mitarbeiter zeichnen sich durch Stärken und Qualitäten aus, die –  richtig eingesetzt – dem Unternehmen erheblichen Nutzen bringen können. Hierzu zählen vor allem:

  • Soziale und kommunikative Kompetenzen,
  • Berufs- und Lebenserfahrung,
  • Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten,
  • auf Erfahrungen beruhende Umsicht und Übersicht,
  • Arbeitsdisziplin und Qualitätsbewusstsein,
  • Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Loyalität,
  • Nachlassen oder völliges Aufgeben der Mobilitätswünsche,
  • als Führungskräfte zusätzlich Führungserfahrung.

Entgegen weit verbreiteter Meinung sind ältere Mitarbeiter meist auch physisch und psychisch gut belastbar und haben eine kaum eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit. Außerdem haben sie meist eine gute Lernfähigkeit, die sich jedoch von der jüngerer Menschen unterscheidet. So können sie beim Erlernen neuer Sachverhalte auf einen größeren Erfahrungsschatz aufbauen, lassen sich vielleicht aber auch nicht so schnell von Neuem begeistern.

Da ältere Mitarbeiter ihre Mobilitätswünsche meist aufgegeben haben, bleiben sie im Gegensatz zu jüngeren Mitarbeitern i. d. R. dem Unternehmen für die Laufzeit ihres Arbeitsvertrags erhalten, während bei jüngeren Mitarbeitern die Gefahr besteht, dass sie abwandern.

1.4 Wo liegen die Altersgrenzen?

Altersgrenzen für berufliche Tätigkeiten können sinnvoll nur im Einzelfall bestimmt werden. Maßgeblich sind die Anforderungen der Tätigkeit bzw. des Arbeitsplatzes und die ind...

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