Eine Vereinbarung, die zuungunsten Auszubildender von den Vorschriften dieses Teils des Gesetzes abweicht, ist nichtig.[1]

Mit "Teil des Gesetzes" ist Teil 2 des BBiG gemeint, also die Vorschriften der §§ 4–70 BBiG. Damit geht der Schutz vor Benachteiligung weit über den Berufsausbildungsvertrag[2] und auch das Berufsausbildungsverhältnis[3] hinaus.

Zum Schutz der Auszubildenden sieht das BBiG vor, dass bestimmte Vereinbarungen, die für die Auszubildenden von Nachteil sind, unzulässig sind. Sollten sie gleichfalls vereinbart werden, sind sie kraft Gesetzes unwirksam.[4] Der Ausbilder kann aus solchen nichtigen, d. h. unwirksamen Vereinbarungen, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Seine Vertragsfreiheit wird eingeschränkt, weil der Schutz der Auszubildenden als vorrangig angesehen wird. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass aufgrund der existenziellen Angewiesenheit auf einen Ausbildungsplatz die Auszubildenden sich beim Abschluss eines Berufsausbildungsvertrags in einer Situation struktureller Unterlegenheit gegenüber dem Ausbilder befinden und sie deshalb des besonderen Schutzes vor nachteiligen Vereinbarungen bedürfen.[5]

Das entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Das BVerfG[6] hat herausgestellt, dass der Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht nur formal verstanden werden darf. Es geht vielmehr um den Ausgleich gestörter Vertragsparität. Die Vertragsfreiheit beruht auf dem Prinzip der Selbstbestimmung, setzt also voraus, dass die Bedingungen freier Selbstbestimmung tatsächlich gegeben sind. Hat einer der Vertragsteile ein so starkes Übergewicht, dass er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen kann, bewirkt dies für den anderen Vertragsteil Fremdbestimmung.

[5] Vgl. Wohlgemuth/Lakies, BBiG, 3. Aufl., § 12, Rz. 2.
[6] Vgl. BVerfG, Beschluss v. 19.10.1993, 1 BvR 567/89 und 1044/89, BVerfGE 89 S. 214, 232.

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