Schutzmaßnahmen haben sich nach dem anerkannten Stand von Hygiene und Technik zu richten.

Der angemessene Stand der Hygiene als Schutzmaßnahme vor Ansteckung kann grundsätzlich den Veröffentlichungen des Robert Koch-Instituts (www.RKI.de), der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.infektionsschutz.de) oder den Veröffentlichungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (www.BAUA.de) entnommen werden. Im Übrigen ist es auch sinnvoll, sich mit dem Betriebsarzt oder dem betriebsärztlichen Dienst über die notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen zu verständigen.

Ob die Anordnung des Arbeitgebers, in regelmäßigen Abständen Corona-Tests durchzuführen, begründbar ist, ist angesichts des damit verbundenen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers stets in Abhängigkeit von der aktuellen Lage zu beurteilen[1]. Voraussetzung ist dabei immer, dass vorher andere Maßnahmen ergriffen wurden und nicht ausreichen. Genauso wenig kann der Arbeitgeber aufgrund eines betrieblichen Hygienekonzepts überzogene Schutzmaßnahmen anordnen. Verhängt er für infizierte Arbeitnehmer ein betriebliches Betretungsverbot, obwohl der Arbeitnehmer sich nicht in Absonderung begeben muss, gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug. Zudem ist eine solche Weisung unbillig.[2]

Welche konkreten Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen oder dürfen, hängt im Wesentlichen von der Gefährdungsbeurteilung ab. Alle persönlich den Arbeitnehmer betreffenden Maßnahmen sind nachrangig vor technischen und organisatorischen Maßnahmen (TOP-Prinzip). Sie müssen zudem verhältnismäßig sein, also ihre Belastung für den Arbeitnehmer auch im Verhältnis zu der Gefährdung stehen. Eine Pflicht, am Arbeitsplatz Masken zu tragen, muss sich daher aus der Gefährdungsbeurteilung heraus begründen lassen und ist nur rechtlich zulässig, wenn technische oder organisatorische Maßnahmen (z. B. Abstand halten) nicht ausreichend schützen. Unter diesen Voraussetzungen ist eine Weisung des Arbeitgebers, in bestimmten Situationen und bestimmten Räumlichkeiten eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, vom Direktionsrecht nach § 106 GewO gedeckt. Nach dieser Vorschrift kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Auch kann er nach § 106 GewO Regelungen hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb treffen. Darunter fallen auch Anweisungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer, die Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb zu befolgen. Zu diesen Arbeitsschutzmaßnahmen zählen Anordnungen zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen. Diese können zwar nicht die Ansteckung vollständig verhindern, aber die Ansteckungsgefahr bei der Arbeit und im Betrieb reduzieren. Eine weitere Schutzmaßnahme organisatorischer Art kann weiterhin das Angebot von Homeoffice-Tätigkeit sein. Eine Verpflichtung zu einem solchen Angebot oder gar ein Rechtsanspruch der Arbeitnehmer besteht nicht (mehr).

[1] BAG, Urteil v. 1.6.2022, 5 AZR 28/22 zu den Anforderungen an Tests im Sommer 2020.

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