Leitsatz (amtlich)

1. Einer Witwe, die wieder geheiratet, die Abfindung ihrer Witwenrente beantragt hatte, dann aber noch in demselben Monat gestorben ist, stand bei ihrem Tod ein Anspruch auf Witwenrentenabfindung zu; es ist nicht erforderlich, daß die Berechtigte noch den auf den Wegfall der Witwenrente folgenden Monat erlebt.

2. Der Anspruch auf Abfindung der Witwenrente geht auf die besonderen Bezugsberechtigten des RVO § 1288 über.

3. Sind beim Tode der Witwe besondere Bezugsberechtigte nach RVO § 1288 nicht vorhanden, so tritt die Rechtsnachfolge nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ein.

 

Normenkette

RVO § 1288 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, § 1302 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Oktober 1967 wird aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Witwe des K. K., eines Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter, hatte am 17. Oktober 1963 wieder geheiratet. Aus dessen Versicherung hatte sie Witwenrente bezogen. Am 21. Oktober beantragte sie die Abfindung dieser Rente. Noch in demselben Monat, am 31. Oktober, starb sie. Sie wurde zur Hälfte von ihrem zweiten Ehemann (die andere Hälfte stand ihren Kindern U und K aus der Ehe mit dem Versicherten zu) beerbt. Dieser starb während des gegenwärtigen Rechtsstreits. Seine Tochter - die Klägerin - ist seine Alleinerbin.

Die Beklagte lehnte es ab (Bescheid vom 31. Juli 1964), die Witwenrentenabfindung zu zahlen, weil die Witwe den November 1963, nämlich den auf den Monat der Wiederheirat folgenden Kalendermonat nicht mehr erlebt habe. Die Witwenrentenabfindung sei, so führte sie aus, eine Entschädigung für einen durch Heirat bedingten Wegfall der Rente. Daran fehle es, wenn die Witwe auch ohne die Heirat - wegen ihres Todes - keinen Anspruch auf Witwenrente mehr gehabt hätte.

Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat mit Urteil vom 29. April 1965 die Klage abgewiesen; das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat durch Urteil vom 19. Oktober 1967 die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert, den Bescheid der Beklagten aufgehoben und diese verpflichtet, die Witwenrentenabfindung zur Hälfte an die Klägerin auszuzahlen. Es entnimmt dem § 1302 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zwei Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs auf Witwenrentenabfindung. Erstens müsse eine Witwe zum Bezuge von Witwenrente berechtigt gewesen sein und zweitens müsse sie wieder geheiratet haben. Weitere Anspruchserfordernisse stelle das Gesetz nicht, insbesondere verlange es nicht, daß Rentenansprüche, die abzugelten wären, überhaupt hätten entstehen können. Von der Abfindung stehe die Hälfte der Klägerin zu, weil sie zu diesem Anteil als Rechtsnachfolgerin ihres Vaters anspruchsberechtigt sei. - Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Beklagte hat das Rechtsmittel eingelegt. Sie beantragt, das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit zurückzuverweisen. Sie rügt zunächst die Verletzung des § 2039 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): Die Abfindung sei gemeinschaftliches Vermögen der Erben, ihre Zahlung könne, wenn sie zu Recht verlangt werde, nur an alle Erben gemeinschaftlich gefordert werden. Deshalb hätte das LSG die Leistung nicht der Klägerin in Höhe des dem Erbteil entsprechenden Anteils zusprechen dürfen. Ferner vertritt die Beklagte die Ansicht, daß das Berufungsgericht auch die Vorschriften der §§ 1288 und 1302 RVO verletzt habe. Ein vererbbarer Anspruch auf Witwenrentenabfindung sei nicht entstanden. Der Zweck dieser Leistung habe nach dem Tode der Berechtigten nicht mehr erfüllt werden können. Auch hätte auf die Erben nur ein fälliger Anspruch (so § 1288 Abs. 2 RVO) übergehen können. Zur Fälligkeit des Abfindungsanspruchs sei es jedoch nicht mehr gekommen, weil die Berechtigte bereits vorher gestorben sei.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie meint, die Beklagte halte ihr zu Unrecht § 2039 BGB entgegen. Diese Vorschrift finde keine Anwendung, wenn die erhobene Forderung der einzige zur Vererbung reife Nachlaßbestand sei und das Teilungsverhältnis feststehe. Es müsse auch genügen, daß der streitige Anspruch noch von der Berechtigten selbst angemeldet worden sei. Auf die Fälligkeit komme es für die Erbberechtigung nicht an.

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG.

Dem LSG ist darin beizupflichten, daß der Anspruch der wiederverheirateten Witwe auf Abfindung ihrer Hinterbliebenenrente noch vor ihrem Tode entstanden war. Dieser Anspruch war noch von ihr selbst erhoben worden und deshalb vererblich (vgl. BSG 15, 157). Dem steht nicht entgegen, daß die Hinterbliebenenrente auch dann mit dem Ende des Monats Oktober 1963 - dem Sterbemonat - weggefallen wäre, wenn die Witwe nicht wieder geheiratet hätte (vgl. § 1294 RVO). Der erste Grund für das Ende der Rente wurde nicht von dem zweiten Wegfallgrund "überholt". Der zweite Grund, der Tod der Witwe, war für die - bereits ausgelöste - Rechtsfolge nicht mehr ursächlich. Wesentlicher könnte indessen sein, daß der Wegfall der Rente für den Gesetzgeber einer der Beweggründe war, das Institut der Abfindung einzuführen. Das Gesetz geht auch von dem - an anderer Stelle, nämlich in § 1291 Abs. 1 RVO angeordneten - Wegfall der Witwenrente aus; es erhebt aber, wie sich aus § 1302 Abs. 1 RVO ergibt, den tatsächlichen - vorherigen - Wegfall der Rente nicht zum anspruchserzeugenden Tatbestandsmerkmal für die Abfindung. Das Gesetz gibt keinen hinreichenden Anhalt dafür, daß die Witwenrentenabfindung als solche mit einem Rentenbezug für künftige Zeit in Verbindung zu bringen sei. Zwar bemißt sich die Höhe der Abfindung nach dem fünffachen Jahresbetrag der bisher bezogenen Rente (§ 1302 Abs. 1 RVO). Darin ist aber kein Hinweis auf den Inhalt des Begriffs oder Tatbestands der Abfindung zu sehen. Es ist keine "abzufindende" Bezugszeit nach einem genauer zu datierenden Beginn und Ende festgelegt. Vielmehr ist damit lediglich die Höhe der Abfindung umschrieben. Eine gewisse Beziehung zwischen Abfindung und Zeitabschnitt, für den sonst die Rente zu zahlen gewesen wäre, stellt wohl § 1291 Abs. 2 Satz 2 RVO her. Diese Vorschrift handelt jedoch nicht von den Voraussetzungen des Abfindungsanspruchs und dem Zeitpunkt seiner Entstehung, sondern von der Verrechnung einer gezahlten Abfindung mit wiederaufgelebten Rentenforderungen. Für diese Verrechnung mußte das Gesetz Abfindung und wiederaufgelebte Rente gegenüberstellen, also vergleichbar machen. Dieser Funktion dient das Moment der Gleichzeitigkeit. Daß dieses Moment ein Wesensmerkmal des Abfindungsanspruchs überhaupt darstellen soll, ist jedoch nicht zu erkennen. Die Witwenrentenabfindung wird nicht - wie z. B. die Kapitalabfindungen gemäß §§ 72 ff des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) oder §§ 603 ff RVO - "für" einen bestimmten Zeitraum und in Höhe des voraussichtlichen Rentenaufwandes gegeben (vgl. § 74 BVG); sie tritt nicht "an die Stelle" derjenigen Einkünfte, mit denen der Berechtigte sonst in der Folgezeit hätte rechnen können (so § 74 Abs. 2 Satz 3 BVG; § 609 Abs. 2 Satz 3 RVO). Die Leistung ist - regelmäßig - auch nicht davon abhängig zu machen, daß "innerhalb des Abfindungszeitraumes" die Herabsetzung oder der Wegfall der Rente nicht zu erwarten ist (§ 73 Abs. 1 Nr. 3 BVG, § 608 Nr. 2 RVO). Ob der Versicherungsträger dennoch die Abfindung verweigern könnte, wenn die gesetzlichen Möglichkeiten mißbräuchlich ausgenutzt würden, ist eine andere, nicht aus dem Begriff der Rentenabfindung zu beantwortende und hier nicht weiter zu erörternde Frage. Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits ist nur wichtig, daß die Abfindung gemäß § 1302 RVO nicht als Vorwegzahlung kapitalisierter Rentenbezüge angesehen und behandelt werden darf. Sie wird nicht zur Verwendung eines erst in der Zukunft zu verwirklichenden Zwecks gegeben. Die Abfindung soll Witwen die Wiederheirat erleichtern. Dadurch, daß die Witwe eine neue Ehe eingegangen ist, ist der Zweck der Abfindung bereits erreicht.

Von dieser Auffassung her ist also die Möglichkeit eines künftigen Rentenbezugs für die Entstehung und Vererblichkeit des Abfindungsanspruchs nicht erheblich. Ob es für die Rechtsnachfolge außerdem darauf ankommt, daß der Anspruch noch zu Lebzeiten der ursprünglich Berechtigten fällig geworden war, kann auf sich beruhen; denn im gegenwärtigen Falle war auch dies erfüllt.

Über die Fälligkeit der Abfindung fehlt im positiven Recht der Rentenversicherung eine eigene Vorschrift; es regelt in § 1297 Satz 1 RVO lediglich die Fälligkeit der monatlichen Rentenbeträge. Es kann jedoch auf die bürgerlich-rechtliche Ordnung zurückgegriffen werden, weil sie insoweit Ausdruck allgemeiner Rechtsgedanken ist. Nach § 271 BGB ist der Zeitpunkt der Fälligkeit, wenn er - wie hier - nicht genauer festgelegt ist, "aus den Umständen zu entnehmen" oder "sofort" gegeben. Daraus folgt, daß die Abfindungsberechtigte die Feststellung und Zahlung der Leistung von dem Augenblick an verlangen konnte, in dem sie durch ihren Antrag die Beklagte von ihrer Wiederheirat in Kenntnis gesetzt hatte. Daß der Beklagten für die Prüfung des Anspruchs eine angemessene Zeit gelassen werden muß, ist für den Eintritt der Fälligkeit bedeutungslos (Planck/Siber, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, II 1, 4. Aufl., Anm. 4 a zu § 271).

Obgleich somit das LSG die Kernfrage des gegenwärtigen Rechtsstreits rechtlich zutreffend beurteilt hat, kann sein Urteil keinen Bestand haben. Die Beklagte durfte nicht zur Zahlung der halben Witwenrentenabfindung an die Klägerin verurteilt werden. Unterstellt, daß der Anspruch, wie das LSG annimmt, in den Nachlaß der Abfindungsberechtigten gefallen ist, so könnte die Klägerin die Leistung nur an alle Erben, nicht aber an sich, auch nicht in Höhe der Erbquote ihres Vaters, verlangen (§ 2039 Satz 1 BGB). Eine Ausnahme von dieser Regelung, die auch für die öffentlich-rechtlichen Rentenleistungen gilt (BSG 30. August 1960 - 8 RV 997/58 -), wäre nur zu rechtfertigen, wenn alle Voraussetzungen für die Durchführung einer Erbauseinandersetzung gegeben wären, d. h. wenn die eingeklagte Forderung den einzigen zur Verteilung anstehenden Nachlaßwert bildete, der Nachlaß nicht mit Verbindlichkeiten belastet wäre und die Klage lediglich das Ergebnis der Auseinandersetzung zulässigerweise vorwegnähme (RG WarnRspr. 1913 Nr. 236). Daß dem so ist, hat das LSG nicht dargelegt. - Dagegen hindert § 2039 BGB nicht, daß die Klägerin das noch von der Berechtigten selbst eingeleitete Verfahren um Bewilligung der Rentenabfindung im eigenen Namen weiterverfolgen darf.

Das Berufungsurteil ist auch deshalb nicht aufrechtzuerhalten, weil es nicht die Umstände erkennen läßt, aus denen zu folgern wäre, daß der Abfindungsanspruch zu dem allgemeinen Nachlaß der Berechtigten gehört. Die Abfindung stünde nur dann den Erben und infolgedessen auch der Klägerin zu, wenn beim Tode der Berechtigten kein Sonderrechtsnachfolger vorhanden war. Nach § 1288 Abs. 2 RVO gehen nämlich noch nicht erfüllte Ansprüche von verstorbenen Versicherten oder Hinterbliebenen auf bestimmte Bezugsberechtigte über. Diese schließen alle anderen Personen - sowohl die gesetzlichen als auch die rechtsgeschäftlich eingesetzten Erben - von der Rechtsnachfolge aus. Diese Nachfolgeordnung gilt nicht nur für rückständige Renten, sondern auch - wie der Wortlaut des § 1288 Abs. 2 RVO erkennen läßt - für andere noch nicht erfüllte "Ansprüche" aus der Versicherung. Die Textfassung dieser Gesetzesstelle weicht allerdings von der Überschrift des Gesetzesabschnitts ab, in dem sie steht. Dort ist von "Gemeinsamen Vorschriften für Renten an Versicherte und für Renten an Hinterbliebene" die Rede (Überschrift vor § 1272 RVO). Die in § 1288 Abs. 2 RVO enthaltene Vorschrift ist indessen bereits vom Reichsversicherungsamt - RVA - (Entscheidungen und Mitteilungen Bd. 46, 425, 426) in einem weiteren Sinne ausgelegt worden und von dem Gesetzgeber, der sich bei späteren Neuregelungen des Rechts der Rentenversicherung auch mit dieser Gesetzesbestimmung befaßte, insoweit nicht geändert worden. Bemerkenswert ist außerdem die Rechtsgestaltung in § 630 RVO, wo schlechthin - und übereinstimmend mit der Abschnittsüberschrift vor § 619 RVO - von "Leistungen" gesprochen wird, die beim Tode des Versicherten noch nicht ausgezahlt sind. Aus diesen Gründen ist die herkömmliche Interpretation weiterhin gerechtfertigt. Dies ist auch wegen der Ähnlichkeit der Interessenlagen angebracht (a. A. Schnorr v. Carolsfeld, Zur Rechtsnachfolge in Rentenberechtigungen der Sozialversicherung, Gedächtnisschrift für Rud. Schmidt, Berlin 1966, 279, 282 Fußn. 17). Diejenigen sollen die rückständigen Leistungen erhalten, die auch zu Lebzeiten des Berechtigten wirtschaftlich daran teilgenommen hätten. Das ist sowohl bei Renten als auch bei der Abfindung typischerweise an erster Stelle der Ehegatte. Freilich verlangt das Gesetz jeweils zusätzlich die häusliche Gemeinschaft des Ehegatten mit dem Berechtigten oder die Tatsache des Unterhaltsempfangs. Aber auch diese Voraussetzungen werden in der Regel von dem Ehegatten verwirklicht. Wenn dies einmal nicht zutrifft, so kann - aber muß nicht - dadurch ein Rechtserfolg begründet sein, der nicht mit den Vorstellungen des Gesetzgebers in Einklang zu bringen ist. Aber ein im Einzelfall unbefriedigendes Ergebnis wäre auch nicht zu vermeiden, wenn die Regelung des § 1288 RVO für die Nachfolge in Abfindungsansprüche überhaupt auszunehmen wäre.

Die Klägerin zählt selbst nicht zu den nach § 1288 Abs. 2 RVO Privilegierten. Aber auch ihr Vater, der zweite Ehemann der Abfindungsberechtigten, von dem die Klägerin ihre Rechtsposition herleitet, erfüllte möglicherweise nicht die Voraussetzungen der Sonderrechtsnachfolge. Das LSG äußert sich nicht dazu. Die Ermittlungen der Beklagten deuten nicht auf eine häusliche Gemeinschaft hin; die Abfindungsberechtigte war bei ihrem Tode noch unter ihrer früheren Anschrift gemeldet, der zweite Ehemann noch unter der seinen. Andererseits ergibt der von dem Vater der Klägerin vorgelegte Erbschein, daß Kinder der Abfindungsberechtigten vorhanden sind und daß sie unter derselben Adresse wie diese wohnten. Tatsachen, die ergäben, daß sie gleichwohl keine Vorzugsrechte aus § 1288 RVO ableiten könnten, sondern nur neben der Klägerin am Nachlaß ihrer Mutter beteiligt seien, sind bisher nicht ersichtlich. Es fehlt also an Feststellungen, die eine Anwendung des Gesetzes ermöglichen. Wegen dieses Mangels ist das Urteil des LSG aufzuheben (vgl. BSG SozR Nrn 6 und 9 zu SGG § 163); der Rechtsstreit ist an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Diese wird noch in den bezeichneten Richtungen weitere Ermittlungen anzustellen haben. - Sollte sich dabei herausstellen, daß kein besonderer Bezugsberechtigter im Sinne des § 1288 RVO vorhanden war, käme die Klägerin auch hinsichtlich der Abfindung als Mitberechtigte in Betracht. Das Erbrecht des BGB ist durch § 1288 RVO nicht gänzlich abgeschnitten. Es tritt nur in der Rangfolge hinter die in § 1288 RVO angeführten Vorzugsrechte zurück (so ursprünglich ausdrücklich § 41 Abs. 4 des Invalidenversicherungsgesetzes vom 13. Juli 1899; vergl. ferner BSG SozR Nrn 1 und 2 zu SGG § 68; Nr. 2 zu RVO § 614). Daß die Leistungspflicht der Rentenversicherung nicht mit dem Letzten aus dem Kreis der besonderen Bezugsberechtigten endet, ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich erklärt und auch nicht selbstverständlich. Es könnte sogar vom Unterhaltszweck her, dem die Leistungen der Rentenversicherung dienen, angebracht sein, diese Zuwendungen nur den nahen, wirtschaftlich mit dem Berechtigten engverbundenen Angehörigen zukommen zu lassen (vgl. § 203 Satz 3 RVO). Das Gegenteil folgt auch nicht notwendig daraus, daß vermögensrechtliche Ansprüche des öffentlichen Rechts in der Regel vererblich sind; aus der Natur solcher Ansprüche oder ihrer Zweckbindung heraus kann ihr Erlöschen beim Tode des Berechtigten folgen (vgl. BVerwG 16, 68, 70; 21, 302, 303). Eher schon wäre deshalb auf die Vererblichkeit zu schließen, weil die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung dem Versicherten einen bestimmten materiellen Standard sichern sollen (dazu BVerwG in Soziale Arbeit 1966, 555). Die Auffassung von der Zugehörigkeit rückständiger Ansprüche aus der Rentenversicherung zum Nachlaß ist jedoch in erster Linie aus der Entwicklungsgeschichte des Gesetzes zu folgern. Die Entwicklung setzte damit ein, daß angemeldete Ansprüche in der Rechtsprechung für vererbbar gehalten wurden (im einzelnen: RVA in Amtliche Nachrichten - AN - 1914, 694; 1915, 664). Diese Rechtsauffassung bestätigte die Gesetzgebung; sie traf nur Anordnungen, durch die den Versicherungsträgern die Nachforschung nach den Erben erleichtert werden sollte. Dabei begünstigte die Gesetzgebung diejenigen Angehörigen, die mit dem Berechtigten zuletzt die wirtschaftlichen Lebensbedingungen geteilt hatten.

Die Entscheidung über die Pflicht zur Erstattung der im Revisionsverfahren entstandenen Kosten bleibt dem LSG vorbehalten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 707779

BSGE, 102

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