Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung der dem Kläger entstandenen Kosten für Krankenunterlagen, die der Beigeladenen zur Verfügung gestellt worden sind

 

Beteiligte

7. März 1990 … Kläger und Revisionskläger, Bevollmächtigte: …

Allgemeine Ortskrankenkasse Nordharz,vertreten durch den Geschäftsführer,Goslar, Odermarkplatz 2, Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

G r ü n d e :

I

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der dem Kläger entstandenen Kosten für Krankenunterlagen, die der Beigeladenen zur Verfügung gestellt worden sind.

Die im Jahre 1889 geborene und am 29. November 1988 verstorbene Beigeladene war Mitglied der Beklagten. Seit dem 1. März 1977 lebte sie als Pflegefall in einem Altenheim in Bad Harzburg. Sie litt an einer ausgeprägten Hirnleistungsschwäche mit völliger Desorientiertheit, war völlig inkontinent und es bestand eine Neigung zur Ausbildung eines Dekubitus. Nach ärztlicher Bescheinigung war die Pflege der Beigeladenen nur mit Hilfe von Einmalwindeln und Einmalbettunterlagen möglich. Diese wurden vom Kläger zur Verfügung gestellt. Die Erstattung der hierfür entstandenen Kosten lehnte die Beklagte ab mit der Begründung, die Beigeladene befinde sich in einem Altenheim dauernd zur Pflege; in diesen Fällen sei die Versorgung mit Krankenunterlagen Bestandteil der Gesamtbetreuung und könne ebenso wie die pflegerischen Leistungen nicht von der Krankenkasse übernommen werden.

Auf die gegen die Beklagte wegen der Übernahme der Kosten für die Krankenunterlagen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Hildesheim durch Teilurteil vom 2. Mai 1985 festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Beigeladenen Bettunterlagen und Einmalwindeln ab 2. Mai 1985 als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Weiterhin hat das SG die Beklagte verurteilt, der Beigeladenen als vorläufige Leistung täglich eine Bettunterlage, eine Tagunterlage und zwei Nachtunterlagen zur Verfügung zu stellen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen durch Urteil vom 30. September 1987 das Teilurteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Beklagte sei gegenüber dem Kläger nicht nach § 104 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB X) vorrangig leistungspflichtig. Zwar seien Einmalwindeln grundsätzlich "andere Hilfsmittel" iS des § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst c der Reichsversicherungsordnung (RVO), doch ruhe der Anspruch nach § 216 Abs 1 Nr 4 RVO, weil die Beigeladene in einer Anstalt dauernd zur Pflege untergebracht sei, in der sie im Rahmen ihrer gesamten Betreuung Krankenpflege erhalte. Hierzu gehörten auch die Krankenunterlagen. Die Kosten hierfür seien entsprechend den dem Heimvertrag beigefügten Aufnahmebedingungen durch den Pflegesatz abgegolten.

Gegen diese Rechtsauffassung wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Er rügt die unrichtige Anwendung des § 216 Abs 1 Nr 4 RVO und trägt hierzu vor, die Abrechnung für die Krankenunterlagen über den Pflegesatz beruhe auf einer aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zwischen dem Land Niedersachsen und den Heimträgern getroffenen Vereinbarung, wonach die Heimträger die notwendigen Kosten der Versorgung mit Krankenunterlagen vorläufig bis zur höchstrichterlichen Klärung der Leistungspflicht der Krankenkassen in die Pflegesätze einstellen würden. Hiernach seien die Krankenunterlagen nicht Bestandteil der vom Heim gewährten Pflege.

Der Kläger beantragt,unter Abänderung des Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 30. September 1987 - L 4 Kr 48/85 - festzustellen, daß die Beklagte und Revisionsbeklagte verpflichtet ist, der Beigeladenen ab 2. Mai 1985 Bettunterlagen und Einmalwindeln als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte beantragt,die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Das angefochtene Urteil des LSG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X, weil die Beklagte hinsichtlich der Krankenunterlagen für die Beigeladene nicht leistungspflichtig ist.

Krankenunterlagen (Einmalwindeln, Bettunterlagen) können nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (Urteil vom 13. Mai 1982 - 8 RK 8/81 = SozR 2200 § 182b Nr 24, Urteile vom 7. März 1990 - 3 RK 17/88 und 15/89 -) "andere Hilfsmittel" iS des § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst c RVO sein, auf die ein Versicherter nach § 182b RVO Anspruch hat. Eine körperliche Behinderung - Harninkontinenz mit Neigung zum Dekubitus - lag bei der Beigeladenen vor. Es ist jedoch nicht ersichtlich, daß die Krankenunterlagen erforderlich waren, die Folgen der Behinderung auszugleichen. Diese wirkten sich im wesentlichen im hygienischen Bereich aus. Hier erhielt die Beigeladene ohnehin Pflegeleistungen durch das Altenheim. Diese wurden durch die Krankenunterlagen nicht ersetzt, sondern allenfalls ergänzt, so daß sie dem pflegerischen Bereich zuzuordnen sind. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, welche Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, etwa der Kontakt zu Mitmenschen, nur durch die Benutzung der Krankenunterlagen erfüllt werden können.

In jedem Fall ist aber dem LSG darin zu folgen, daß der Anspruch der Beigeladenen nach § 216 Abs 1 Nr 4 RVO, der bis zu ihrem Tode anwendbar war, ruhte, weil sie in einer Anstalt dauernd zur Pflege untergebracht war, in der sie im Rahmen ihrer gesamten Betreuung Krankenpflege erhielt. Hierzu hat das LSG festgestellt, daß die Kosten für Krankenunterlagen aufgrund vertraglicher Regelungen durch den Pflegesatz abgegolten waren. Damit hat das LSG den Inhalt eines Vertrages bestimmt. Die Vertragsauslegung ist nicht Gegenstand revisionsgerichtlicher Nachprüfung (Meyer-Ladewig, SGG, 3. Aufl, 1987, § 162 RdNr 3 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Der Revisionsbegründung des Klägers läßt sich lediglich entnehmen, daß er die Auslegung vertraglicher Bestimmungen durch das LSG beanstandet und auf andere Vereinbarungen zwischen dem Land Niedersachsen und den Heimträgern hinweist. Mit diesem Vorbringen hat sich bereits das LSG im angefochtenen Urteil auseinandergesetzt. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, daß in dem zwischen dem Heim und der Beigeladenen vereinbarten Pflegesatz die Bereitstellung von Krankenunterlagen enthalten sind. An diese Vertragsauslegung ist der Senat gebunden. Hieraus folgt, daß die Krankenunterlagen Bestandteil der Pflege sind und aus diesem Grunde der Anspruch der Beigeladenen nach § 216 Abs 1 Nr 4 RVO insoweit ruhte.

Nach allem war die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgegesetzes.BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

Haufe-Index 517908

AusR 1990, 14

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