Leitsatz (amtlich)

a) Zur Aktivlegitimation des Zwangsverwalters hinsichtlich des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung nach §§ 557 Abs. 1 a. F., 581 Abs. 2 BGB.

b) Eine im Zusammenhang mit dem Pachtvertrag getroffene Vereinbarung zwischen dem Verpächter und einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Pächterin dahingehend, dass die Haftung der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sei, stellt keine Vorausverfügung über den Pachtzins i. S. v. §§ 574 a. F., 1124 Abs. 2 BGB dar.

 

Normenkette

BGB §§ 557, 574 a. F, § 581 a. F, § 1124 Abs. 2, § 1125; ZVG §§ 57, 57 b, 152, 155

 

Verfahrensgang

OLG Rostock (Urteil vom 20.12.1999)

LG Rostock (Urteil vom 06.06.1997)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenates des OLG Rostock v. 20.12.1999 aufgehoben.

Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers - das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Rostock v. 6.6.1997 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger macht als Zwangsverwalter Ansprüche aus einem Pachtvertrag geltend.

Der Beklagte und der an dem Rechtsstreit nicht beteiligte Gesellschafter S. gründeten durch Gesellschaftsvertrag v. 21.12.1992 die "B. und S. Automatenaufstellgesellschaft bR" (fortan: GbR). Der Gesellschaftsvertrag enthielt in § 3 a Abs. 4 die Regelung, dass die Gesellschafter im Innen- wie im Außenverhältnis lediglich mit dem Gesellschaftsvermögen haften.

Die GbR, vertreten durch den Gesellschafter S., pachtete mit schriftlichem Pachtvertrag v. 30. 8./21.9.1994 von Dr. H. (fortan: Verpächter) das Gastronomieobjekt "Café K. " zu einem monatlichen Pachtzins von 11.500 DM zzgl. Nebenkostenvorauszahlungen von 1.500 DM. Der Verpächter schloss am 1.12.1994 mit dem Beklagten als Vertreter der GbR eine schriftliche Vereinbarung, wonach dieser im Namen und für Rechnung der GbR einen Baukostenzuschuss i. H. v. 100.000 DM zur Verfügung stellen sollte, welcher zweckgebunden für die Fertigstellung des Gastronomieobjekts verwendet und auf die laufenden Pachtzinsen angerechnet werden sollte. Zusätzlich sollten die Kosten der Lüftungsanlage i. H. v. 50.000 DM von der GbR als Baukostenzuschuss übernommen und mit den monatlichen Pachtzinsen verrechnet werden. In einer weiteren Zusatzvereinbarung v. 25.1.1995 vereinbarten die Vertragsparteien, dass der Verpächter weiterhin Konzessionsträger der Gaststätte bleibt und die GbR die Gaststätte im Namen und im Auftrag des Verpächters führt und leitet. Die GbR entrichtete bis einschließlich Mai 1995 den vereinbarten Pachtzins.

Durch Beschl. v. 17.5.1995 ordnete das AG Rostock auf Antrag eines Grundpfandgläubigers die Zwangsverwaltung über das Pachtgrundstück an und bestellte den Kläger zum Zwangsverwalter. Dieser nahm am 7.6.1995 das Grundstück in Besitz und forderte die GbR mit Schreiben v. 29.6.1995 auf, ab Juli 1995 den Pachtzins an ihn zu zahlen. Die GbR entrichtete ab diesem Zeitpunkt die Pachtzinsen weder an den Kläger noch an den Verpächter. Der Kläger kündigte deshalb das Pachtverhältnis mit Schreiben v. 16.8.1995 fristlos.

Der Kläger verlangt mit der Klage rückständige Pachtzinsen und Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Juli und August 1995 sowie eine Nutzungsentschädigung für den Zeitraum von September 1995 bis März 1997. Die Parteien streiten u. a. darüber, ob der Beklagte persönlich für die Klageforderung haftet. Er wendet gegen seine Inanspruchnahme ein, dass die Haftung der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt und dies bei Abschluss des Pachtvertrages mit dem Verpächter erörtert worden sei. Die Vereinbarung der Haftungsbeschränkung sei gegenüber dem Kläger wirksam, da sie keine Vorausverfügung i. S. v. § 574 BGB a. F., § 1124 Abs. 2 BGB sei.

Die Zwangsverwaltung wurde mit Beschl. v. 27.5.1999 aufgehoben, nachdem das Grundstück zwangsversteigert worden war.

Das LG hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 273.000 DM nebst 4 % Zinsen aus 26.000 DM seit dem 3.8.1995 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers hat das OLG das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von 230.000 DM nebst 4 % Zinsen monatlich gestaffelt verurteilt. Im Übrigen hat es die weiter gehenden Rechtsmittel der Parteien zurückgewiesen und die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Senat angenommene Revision des Beklagten, mit der er die vollständige Abweisung der Klage erstrebt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsmittel des Beklagten führen zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Abänderung des landgerichtlichen Urteils dahin, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger sei aktivlegitimiert, die wegen der Vorenthaltung der Pachtsache nach §§ 557 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB a. F. geschuldete Nutzungsentschädigung geltend zu machen. Er sei als Zwangsverwalter Gläubiger des vertraglichen Rückgabeanspruches. Deshalb enthalte die zur Rückgabe verpflichtete GbR die Pachtsache dem Zwangsverwalter vor, wodurch diesem auch der Anspruch nach § 557 Abs. 1 BGB a. F. zustehe. Die Aufhebung der Zwangsverwaltung lasse die Aktivlegitimation des Klägers hinsichtlich der Ansprüche aus der Zeit der Zwangsverwaltung nicht entfallen, da diese weiterhin den Realgläubigern zustünden. Der Beklagte sei auch passivlegitimiert. Pächterin des Gastronomieobjektes sei zwar die von dem Beklagten und dem Gesellschafter S. gegründete GbR gewesen. Für die aus Rechtsgeschäften der GbR folgenden Verbindlichkeiten könne jedoch der Beklagte persönlich in Anspruch genommen werden, da die Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen und mit ihrem Privatvermögen hafteten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Haftung des Beklagten auf das Gesellschaftsvermögen nach § 3 a Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages beschränkt gewesen sei. Die Haftungsbeschränkung habe zwar gegenüber dem Verpächter gewirkt, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die im Gesellschaftsvertrag eingeschränkte Haftung der Gesellschafter mit dem Verpächter bei Abschluss des Pachtvertrages vereinbart worden sei. Sie gelte jedoch dem Kläger als Zwangsverwalter gegenüber nur in den zeitlichen Grenzen des § 574 BGB a. F., auf den § 57 b ZVG verweise. Die Vorschrift des § 57 b ZVG entspreche § 1124 Abs. 2 BGB, der ebenfalls sicherstellen wolle, dass die Pachtzinseinnahmen aus dem zwangsverwalteten Grundstück den Grundpfandrechtsgläubigern zufließen. Zu den von diesen Vorschriften erfassten Rechtsgeschäften seien sämtliche Handlungen zu zählen, die diesen Zweck beeinträchtigten, indem sie auf den Bestand der Mietforderung oder die Berechtigung des Vermieters einwirkten. Dies sei nicht nur bei der zum Erlöschen der Forderung führenden Mietzinsvorauszahlung oder dem Erlassvertrag der Fall, sondern auch bei weniger einschneidenden Maßnahmen, wie der Stundung oder der Änderung der Zahlungsart. Die mit dem Verpächter vereinbarte Haftungsbeschränkung der Gesellschafter habe zumindest dieselbe wirtschaftliche Auswirkung wie eine Stundungsabrede. Sie habe zwar nicht zum Erlöschen des Mietzinsanspruches geführt. Die Durchsetzbarkeit der vertraglichen Ansprüche hänge jedoch während des Bestehens der Gesellschaft von deren Vermögensbestand ab; nach Auflösung der Gesellschaft seien die Ansprüche faktisch nicht mehr zu realisieren. Nach § 152 Abs. 2 ZVG müsse der Zwangsverwalter den Inhalt des Pachtvertrages bzw. ein mit dem Vertrag vereinbartes Rechtsgeschäft gegen sich gelten lassen. Die Vorschriften der § 574 BGB a. F., § 1124 Abs. 2 BGB, § 57 b ZVG würden jedoch die Grundpfandrechtsgläubiger und damit auch den Zwangsverwalter gegen eine schon im ursprünglichen Mietvertrag enthaltene Vorausverfügung schützen. Die vereinbarte Haftungsbeschränkung sei daher gem. § 574 S. 1 BGB a. F. nur insoweit wirksam, als sie sich auf den der Zustellung der Beschlagnahme folgenden Monat und damit den Monat Juli 1995 beziehe. Für die Folgezeit sei die vereinbarte Haftungsbeschränkung unwirksam, weshalb der Beklagte für die Erfüllung des Mietzinses und für die Erfüllung der Nutzungsentschädigung persönlich mit seinem Privatvermögen hafte. Die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche seien auch nicht auf Grund einer Mietvorauszahlung oder eines anzurechnenden Baukostenzuschusses erloschen.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichtes halten der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger als Zwangsverwalter berechtigt ist, die Klageforderung geltend zu machen. Soweit er mit der Klage rückständige Pachtzinsen verlangt, ergibt sich seine Aktivlegitimation - was die Revision auch nicht angreift - aus § 152 Abs. 1 ZVG. Dass die Zwangsversteigerung nach zwischenzeitlich erfolgter Zwangsversteigerung des Grundstücks aufgehoben wurde, steht nicht entgegen (BGH, Urt. v. 21.10.1992 - XII ZR 125/91 , MDR, 1993, 476 = NJW-RR 1993, 442 f.; vgl. auch Urt. v. 8.5.2003 - IX ZR 385/00, zur Veröffentlichung bestimmt). Er ist aber - entgegen der Revision - nach der vorgenannten Bestimmung auch befugt, den in §§ 557 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB a. F. vorgesehenen Anspruch auf Nutzungsentschädigung geltend zu machen. Die nach § 152 Abs. 1 ZVG bestehende Aufgabe des Zwangsverwalters, für eine ordnungsgemäße Nutzung und Verwaltung des Grundstückes zu sorgen, schließt die Befugnis ein, auch solche Ansprüche zu verfolgen, die sich aus einer rechtsgrundlosen Benutzung der der Zwangsverwaltung unterliegenden Sache sowie der Verletzung von Besitzrechten ergeben. Die Durchsetzung dieser Rechte dient dazu, eine Schmälerung der nach § 155 Abs. 2 ZVG zu verteilenden Überschüsse zu vermeiden (vgl. BGH v. 2.11.1989 - IX ZR 197/88, BGHZ 109, 171 [174 f.] = MDR, 1990, 335; Urt. v. 14.5.1992 - IX ZR 241/91, MDR, 1992, 1082 = NJW 1992, 2487 m. w. N.; Zeller/Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 152 Rz. 11.2). Zu diesen Rechten gehört auch die Berechtigung des Zwangsverwalters, eine Entschädigung für eine rechtsgrundlose Nutzung der beschlagnahmten Räume zu verlangen. Die Durchsetzung dieses Anspruches liegt im Rahmen des dem Kläger als Zwangsverwalter gesetzlich übertragenen Pflichtenkreises, da ihm in diesem Fall Räume vorenthalten werden, die sonst anderweitig hätten vermietet werden können, (vgl. BGH, Urt. v. 14.5.1992 - IX ZR 241/91, MDR, 1992, 1082 = NJW 1992, 2487 m. w. N.; Zeller/Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 152 Rz. 11.2; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rz. 1527; Belz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kapitel VII Rz. 145). Der aus § 557 Abs. 1 BGB a. F. folgende Entschädigungsanspruch setzt die Beendigung des Vertragsverhältnisses voraus. Er ist vertragsähnlicher Natur, da er einen Ausgleich dafür gewährt, dass der Mieter die Nutzungsmöglichkeit der Mieträume nach Beendigung des Mietverhältnisses weiterhin für sich in Anspruch nimmt. Der Entschädigungsanspruch tritt daher im Rahmen des Abwicklungsschuldverhältnisses als vertraglicher Anspruch eigener Art an die Stelle des Mietzinsanspruches (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.1984 - VIII ZR 213/82, MDR, 1984, 662 = NJW 1984, 1527 [1528] m. w. N.).

2. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht im Wege der Beweisaufnahme festgestellt, dass zwischen dem Verpächter und dem Beklagten eine wirksame Vereinbarung getroffen worden ist, durch welche die Haftung für die vertraglichen Ansprüche auf das Gesellschaftsvermögen der GbR beschränkt, die persönliche Haftung des Beklagten als Gesellschafter mithin ausgeschlossen wurde. Eine solche Haftungsbeschränkung ist wirksam, wenn sie - wie hier - durch eine mit dem Vertragspartner getroffene individualvertragliche Abrede vereinbart worden ist (vgl. BGH v. 27.9.1999 - II ZR 371/98, BGHZ 142, 315 [319 f.] = MDR, 2000, 94 = GmbHR, 1999, 1134). Die von der Revisionserwiderung gegen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gerichtete Gegenrüge hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet, § 561 Abs. 2 ZPO a. F.

3. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die vorgenannte Haftungsbeschränkung des Beklagten sei gegenüber dem Kläger gem. § 57 b ZVG i. V. m. § 574 a. F. BGB; § 1124 Abs. 2 BGB unwirksam.

a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts richtet sich die Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Vollstreckungsschuldners im Rahmen einer Zwangsverwaltung allein nach den Vorschriften der §§ 1124, 1125 BGB, wenn - wie hier - ein Grundpfandgläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 146 ZVG, der hinsichtlich der Anordnung der Zwangsverwaltung auf die Regelungen der Zwangversteigerung und damit auf die §§ 15 - 27 ZVG verweist (vgl. Steiner/Teufel, ZVG, 9. Aufl., Bd. I, §§ 57 - 57 d Rz. 9; Steiner/Hagemann, ZVG, 9. Aufl., Bd. II, § 146 Rz. 4). Durch diese Verweisung findet auch § 20 Abs. 2 ZVG Anwendung, der zur Bestimmung des Umfangs der Beschlagnahme über das ZVG hinausgreift und seinerseits auf die Vorschriften des materiellen Rechts über den Haftungsumfang bei Grundpfandrechten verweist. Die Beschlagnahme erfasst danach neben dem Grundstück auch alle gem. §§ 1120 ff. BGB dem Haftungsverband zugeordneten Gegenstände. Da die Zwangsverwaltung nach § 148 Abs. 1 ZVG auch die Miet- und Pachtzinsforderungen i. S. v. § 1123 BGB erfasst, richtet sich die Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Vollstreckungsschuldners nicht nach den §§ 57, 57 b ZVG, sondern nach den §§ 1124, 1125 BGB (vgl. Steiner/Teufel, ZVG, 9. Aufl., Bd. I, §§ 20 - 21 Rz. 28, 130; Dassler/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 20 Rz. 6; Staudinger/Emmerich, BGB, 13. Bearb. 1997, § 573 Rz. 6; Belz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. VII Rz. 148; Emmerich in Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 573 Rz. 2).

b) Die mit dem Verpächter vereinbarte Haftungsbeschränkung des Beklagten ist - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - keine Vorausverfügung über den Pachtzins i. S. v. § 1124 Abs. 2 BGB. Unter einer solchen Verfügung ist jedes Rechtsgeschäft zu verstehen, durch das die Miet- oder Pachtzinsforderung unmittelbar übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird. Hierunter fallen insbesondere die Erfüllung der Forderung durch Aufrechnung, durch Annahme an Erfüllung statt sowie ihre Stundung und ihr Erlass. Die Vorausverfügung muss zudem unmittelbar auf den Miet- bzw. Pachtzins einwirken (vgl. Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 13. Bearb.1996, § 1124 Rz. 6; Gather in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 574 Rz. 2).

aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die vereinbarte Haftungsbeschränkung des Beklagten nicht wie eine Stundungsabrede zu behandeln. Eine Vorausverfügung i. S. v. § 1124 Abs. 2 BGB setzt die Existenz einer - nach periodischen Zeitabschnitten bemessenen - Miet- bzw. Pachtzinsforderung gegen den Schuldner voraus, auf die durch ein Rechtsgeschäft eingewirkt wird (vgl. BGH v. 5.11.1997 - VIII ZR 55/97, BGHZ 137, 106 [110 f.] = MDR, 1998, 209; BGHZ 37, 346 [351 f.]). Nicht ausreichend ist, dass die Verfügung den Miet- bzw. Pachtzins erst dem Grunde und der Höhe nach schafft (vgl. Gather in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 573 Rz. 6). Vielmehr muss die Verfügung auf einen bereits bestehenden Miet- bzw. Pachtzins einwirken. Unter diesen Voraussetzungen kann zwar die Miet- bzw. Pachtzinsforderung und das auf sie einwirkende Rechtsgeschäft in demselben Vertrag begründet werden, da die Vorschrift des § 1124 Abs. 2 BGB den Zwangsverwalter auch gegen eine schon im ursprünglichen Miet- bzw. Pachtvertrag enthaltene Vorausverfügung schützt (vgl. BGH v. 5.11.1997 - VIII ZR 55/97, BGHZ 137, 106 [110 f.] = MDR, 1998, 209; BGHZ 37, 346 [351 f.]). Jedoch ist auch in diesem Fall die Vorausverfügung von der Vereinbarung zu unterscheiden, die den Mietzins erst dem Grunde und der Höhe nach entstehen lässt (vgl. Gather in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 573 Rz. 6).

bb) Im Streitfall ist durch die vereinbarte Haftungsbeschränkung nicht auf eine Forderung eingewirkt worden, die aus der persönlichen Haftung des Beklagten für die Verbindlichkeiten der GbR resultiert. Vielmehr ist eine - aus dem Pachtvertrag sich ergebende - persönliche Verpflichtung des Beklagten von vornherein nicht zur Entstehung gelangt. Als rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft wird die GbR aus den sie treffenden Schuldverhältnissen unmittelbar selbst berechtigt und verpflichtet. Die daneben in Analogie zu §§ 128 ff. HGB bestehende akzessorische Haftung ihrer Gesellschafter erfasst zwar grundsätzlich sämtliche Verbindlichkeiten der Gesamthand. Sie tritt jedoch dann nicht ein, wenn mit dem jeweiligen Gläubiger eine Haftungsbeschränkung auf das Gesamtshandsvermögen vereinbart wird (vgl. BGH v. 27.9.1999 - II ZR 371/98, BGHZ 142, 315 [319 f.] = MDR, 2000, 94 = GmbHR, 1999, 1134; Ulmer in MünchKomm a. a. O. § 714 Rz. 27, m. w. N.). Insofern handelt es sich bei der gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter einer GbR um dispositives Recht.

Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Vertragsparteien bei den Vertragsverhandlungen die nach dem Gesellschaftsvertrag bestehende Haftungsbeschränkung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der GbR aus dem Pachtvertrag vereinbart haben. Zu diesen Verbindlichkeiten gehören nicht nur die Pachtzinsforderungen, sondern auch die von dem Kläger geltend gemachte Nutzungsentschädigung, da ein solcher Anspruch - wie sich aus den Ausführungen zu II 1. ergibt - aus dem Pachtvertrag resultiert. Dies führt dazu, dass ein Anspruch gegen den Beklagten persönlich aus Verbindlichkeiten der GbR von vornherein nicht zur Entstehung gelangt ist und damit nicht Gegenstand eines Rechtgeschäfts i. S. v. § 1124 Abs. 2 BGB sein kann. Der Umstand, dass die Durchsetzbarkeit der ausschließlich gegen die GbR gerichteten Forderungen von deren Leistungsfähigkeit bzw. von deren Fortbestand abhängt, ist eine Folge der vertraglichen Haftungsabreden, die vom Zwangsverwalter gem. § 152 Abs. 2 ZVG hinzunehmen sind. Es liegt daher keine Einwirkung des Vollstreckungsschuldners (Verpächters) auf den Bestand bzw. die Durchsetzbarkeit einer gegen den Beklagten persönlich gerichteten Forderung vor.

4. Auf die Frage, ob die Baukostenzuschüsse als schuldbefreiende Leistungen des Beklagten an den Verpächter anzusehen wären, kam es nach Vorstehendem nicht mehr an.

 

Fundstellen

Haufe-Index 969411

BGHR 2003, 1120

EBE/BGH 2003, 286

NJW-RR 2003, 1308

JurBüro 2004, 109

NZG 2003, 971

NZM 2003, 871

WM 2003, 2194

ZMR 2003, 827

InVo 2004, 165

MDR 2003, 1408

NZI 2003, 562

Rpfleger 2003, 600

WuM 2003, 510

ZInsO 2003, 897

GuT 2003, 192

MietRB 2003, 38

MK 2003, 147

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