Im Bewerbungsverfahren ist das AGG zu beachten. Eine Benachteiligung eines Bewerbers durch den Arbeitgeber aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität ist nach § 7 Abs. 3 AGG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten. Von den vorbezeichneten Diskriminierungsgründen spielt das Verbot der Benachteiligung wegen des Geschlechts in der Praxis eine entscheidende Rolle. Bezogen auf die Begründung des Arbeitsverhältnisses bedeutet das geschlechtsbezogene Benachteiligungsverbot, dass ein Bewerber nicht abgelehnt werden darf, weil er eine Frau oder ein Mann ist oder keiner dieser beiden geschlechtlichen Identitäten (3. Geschlecht) zuzuordnen ist. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte in seinem Beschluss vom 10.10.2017 (1 BvR 2019/16) festgehalten, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, schützt. Diese Personengruppe muss somit ebenfalls vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechts geschützt werden. Mit Wirkung zum 22.12.2018 trat das Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben in Kraft. Damit wurde der Beschluss des BVerfG vom 10.10.2017 umgesetzt. Menschen, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden können, haben seither gemäß § 22 Abs. 3 PStG die Möglichkeit, die durch das BVerfG geforderte Bezeichnung "divers" in das Geburtenregister eintragen zu lassen. Vor diesem Hintergrund muss auch diese Personengruppe in Stellenanzeigen angesprochen werden, um eine Diskriminierung im Sinne des AGG und damit einhergehende Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche von Bewerbern zu vermeiden. Geschlechtsneutral ist demnach eine Ausschreibung, wenn die Geschlechterbezeichnung in weiblicher, männlicher und diverser Form verwendet wird (m/w/divers bzw. m/w/d) oder ein geschlechtsneutraler Oberbegriff verwendet wird (z. B. "Hausmeistertätigkeit"). Es sollte dabei zumindest bei der Bezeichnung der Stelle in der Ausschreibung durch den Zusatz (m/w/d) klargestellt werden, dass damit sämtliche Geschlechter angesprochen sind. Im weiteren Fließtext einer Ausschreibung kann dann auch das Gendersternchen verwendet werden, z. B. für Bewerber*innen.[1]

 
Achtung

"Mitursache" ist für Benachteiligung ausreichend

Zur Annahme einer Benachteiligung ist nicht erforderlich, dass das Geschlecht alleinige Ursache für die Ablehnung war. Es reicht aus, wenn die Ablehnung neben anderen Gründen auch wegen des Geschlechts des Bewerbers vorgenommen wurde.[2] Auch ist nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber das Benachteiligungsverbot schuldhaft missachtet hat.

Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts des Bewerbers ist nach der sehr unbestimmten Ausnahmevorschrift des § 8 Abs. 1 AGG zulässig, wenn das Geschlecht "wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist". Allein ein sachlicher Grund oder reine Zweckmäßigkeitserwägungen rechtfertigen danach keine geschlechtsbezogene Differenzierung.

Der EuGH hat insofern klargestellt, dass sich der Begriff wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung nicht auf subjektive Erwägungen wie den Willen des Arbeitgebers, besonderen Kundenwünschen zu entsprechen, erstrecken kann.[3]

Vermeintliche Kundenwünsche bzw. -erwartungen können demnach eine unterschiedliche Behandlung grundsätzlich nicht rechtfertigen. Handelt es sich jedoch um Tätigkeiten, die mit Kontakt zur Intimsphäre der Kunden – wie etwa im Pflegebereich – einhergehen, dürfte dies anders zu bewerten sein.[4]

In der Vergangenheit war es umstritten, ob die Bewerbung einer Schwangeren abgelehnt werden konnte, weil die angestrebte Tätigkeit wegen eines Beschäftigungsverbots (z. B. Umgang mit gesundheitsgefährdenden Stoffen) überhaupt nicht aufgenommen werden konnte. Nachdem die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH)[5] dem zugunsten der Schwangeren ein Ende bereitet hat, heißt es heute im Gesetz ausdrücklich, dass auch die ungünstigere Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des Gesetzes darstellt.[6]

In der Praxis wird die Auswahlentscheidung häufig von mehreren Motiven getragen. Wenn in einem solchen Motivbündel, das die Entscheidung beeinflusst hat, das Geschlecht als Kriterium enthalten gewesen ist, liegt eine Benachteiligung wegen des Geschlechts auch dann vor, wenn noch andere Gründe für die Ablehnung der Bewerbung maßgeblich waren.[7] Der in der Praxis häufige Einwand der besseren Eignung des schließlich eingestellten Mitbewerbers schließt eine Benachteiligung nicht aus.

 
Praxis-Beispiel

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