Zusammenfassung

 
Überblick

Gegenüber einem Arbeitnehmer, der unter den Geltungsbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes fällt, ist eine ordentliche Kündigung u.  a. dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Dieser Beitrag behandelt die Voraussetzungen der betriebsbedingten Kündigung.

1 Soziale Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung

Betriebsbedingte Gründe sind unter bestimmten Voraussetzungen dazu geeignet, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Eine betriebsbedingte Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn

  • der Arbeitsplatz im Betrieb infolge dringender betrieblicher Erfordernisse weggefallen ist,
  • keine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung im Unternehmen besteht,
  • bei der Auswahl des gekündigten Arbeitnehmers die 4 Sozialdaten ausreichend berücksichtigt wurden und
  • eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen wurde.

Die Sozialwidrigkeit einer aus betrieblichen Gründen erklärten ordentlichen Kündigung kann sich auch aus einem begründeten Widerspruch des Betriebsrats ergeben. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, muss er innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben. Wird die Klage nicht fristgerecht erhoben, wird die Kündigung wirksam, es sei denn, der gekündigte Arbeitnehmer hat die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt. Die verspätet eingereichte Klage wird dann vom Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitnehmers nachträglich zugelassen.

1.1 Dringende betriebliche Erfordernisse

Außerbetriebliche und innerbetriebliche Gründe

Die im betrieblichen Bereich liegenden Umstände sind nur dann geeignet, eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen, wenn sie als "dringende betriebliche Erfordernisse" i.  S.  d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG anzusehen sind. Das Gesetz enthält keine Definition der "dringenden betrieblichen Erfordernisse". Die Rechtsprechung war daher gezwungen, Fallgruppen herauszuarbeiten, bei deren Vorliegen die Betriebsbedingtheit einer Kündigung anzunehmen ist. Das Fehlen von dringenden betrieblichen Erfordernissen führt zur Sozialwidrigkeit, d.  h. Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung.[1]

Der Personalbedarf eines Betriebs oder Unternehmens ist von zahlreichen externen und internen Faktoren abhängig. Als kündigungsschutzrechtlich relevante außerbetriebliche Umstände kommen nur solche in Betracht, die einen konkreten Bezug zu dem Betrieb des Arbeitgebers haben. Nur wenn sich die betriebsexternen Faktoren (z.  B. Auftragsmangel, Absatzschwierigkeiten, Umsatzrückgang, Veränderung der Marktstruktur) unmittelbar auf den Betrieb des Arbeitgebers auswirken, handelt es sich um "betriebsbedingte" Gründe. Auf allgemeine arbeitsmarkt-, beschäftigungs- oder sozialpolitische Erwägungen kann der Arbeitgeber daher nicht mit Erfolg eine ordentliche Kündigung stützen.[2]

 
Hinweis

Wegfall des Beschäftigungsbedarfs

Der außerbetriebliche Grund muss so beschaffen sein, dass durch ihn ein Überhang an Arbeitskräften herbeigeführt wird, durch den unmittelbar oder mittelbar das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt.[3]

Als dringende betriebliche Erfordernisse für arbeitgeberseitige Kündigungen kommen auch innerbetriebliche Gründe (z. B. Änderung oder Einführung neuer Arbeits- oder Produktionsmethoden, Organisationsänderung, Betriebseinschränkung, Rationalisierungsmaßnahmen) in Betracht. Die innerbetrieblichen Gründe müssen so beschaffen sein, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt.

Entschließt sich der Arbeitgeber, bisher von Arbeitnehmern ausgeübte Tätigkeiten in Zukunft nicht mehr durch Arbeitnehmer, sondern durch selbstständige Unternehmer ausführen zu lassen, so entfällt in diesem Umfang das bisherige Beschäftigungsbedürfnis für Arbeitnehmer und ein betriebsbedingter Kündigungsgrund liegt vor.[4] Mit der Kündigung muss auch nicht gewartet werden, bis die Fremdvergabe tatsächlich erfolgt ist. Es genügt, dass sich eine solche Maßnahme konkret und greifbar abzeichnet. Hierfür muss zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, die fragliche Maßnahme vorzunehmen, vorhanden und abschließend gebildet worden sein.[5]

Die betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein. In dem Merkmal der Dringlichkeit kommt zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber bei betriebsbedingten Kündigungen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat.[6] Im Hinblick auf eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung einer ordentlich unkündbaren Reinigungskraft wegen Fremdvergabe der Reinigungsarbeiten hat das LAG Berlin-Brandenburg[7] entschieden, dass nicht jede unternehmerische Entscheidung, die eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen kann, das Gewicht eines wichtigen Grundes i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB erreicht. Berücksichtigt die getroffene unternehmerische Entscheidung nicht hinreichend die vertraglich eingegangenen Bindungen, kann darauf kein dringendes betriebliches Erfordernis gestützt werden.

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