1 Beschwerderecht der Beschäftigten

Die Beschäftigten haben nach § 13 Abs. 1 AGG das Recht, sich wegen einer eingetretenen Benachteiligung "bei den zuständigen Stellen des Betriebs, des Unternehmens oder der Dienststelle" zu beschweren, wenn sie sich im Zusammenhang mit ihrem Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitgeber, von Vorgesetzten, anderen Beschäftigten oder Dritten wegen einem der 8 durch das AGG geschützten Diskriminierungsmerkmale (Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität) benachteiligt fühlen.

Darüber hinaus kann sich der betroffene Beschäftigte auch an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden.[1] Diese hat neben einer beratenden Funktion für den Betroffenen auch die Aufgabe, eine gütliche Einigung zwischen den Beteiligten zu versuchen.[2] Dazu kann sie, wenn der Betroffene damit einverstanden ist, auch den Arbeitgeber oder andere Beschäftigte um eine Stellungnahme ersuchen, kann diese aber nicht erzwingen.[3]

2 Pflichten des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber hat nach § 12 Abs. 5 AGG die Pflicht, "Informationen über die für die Behandlung von Beschwerden zuständigen Stellen im Betrieb oder in der Dienststelle bekanntzumachen". Das Gesetz setzt das Bestehen zuständiger Stellen voraus. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eigens eine für Beschwerden nach dem AGG zuständige Stelle einzurichten. Er kann vielmehr im Rahmen seiner Organisationshoheit eine oder mehrere der bereits bestehenden Stellen als zuständig benennen.

Die AGG-Beschwerdestelle kann mit anderen Beschwerdestellen (z. B. Compliance, Gleichstellung) verknüpft werden, sofern diese in der Lage ist, die Beschwerden zu bearbeiten.

 
Hinweis

AGG-Beschwerdestelle und interne Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz

Im Zusammenhang mit dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) kommt dem Thema eine noch größere Bedeutung zu. Dieses Gesetz verpflichtet Beschäftigungsgeber mit regelmäßig mind. 50 Beschäftigten, interne Meldestellen einzurichten, an welche sich Beschäftigte wenden können. Jedoch ergeben sich für die beiden Beschwerdestellen unterschiedliche Anforderungen, die jeweils zu beachten sind.

3 In Betracht kommende Beschwerdestellen

Der Begriff der zuständigen Stelle ist nach der Gesetzesbegründung umfassend zu verstehen. In Betracht kommende Beschwerdestellen im Sinne des AGG sind zunächst alle Stellen im Betrieb, im Unternehmen oder in der Dienststelle, zu deren Aufgaben die Personalführung gehört. Solche Stellen sind insbesondere

  • die Vorgesetzten,
  • die Personalabteilung,
  • die Betriebsleitung,
  • die Geschäftsführung,
  • der Arbeitgeber selbst.

Als Beschwerdestelle denkbar sind z. B. auch

  • eine bereits bestehende betriebliche Beschwerdestelle,
  • ein/e Antidiskriminierungs- oder Gleichbehandlungsbeauftragte/r,
  • eine Ombudsperson.

Denkbar ist in auch die Einrichtung eines speziellen Beschwerdeausschusses oder eines sonstigen Gremiums (z. B. "Kompetenzteam Fairness am Arbeitsplatz" als Ansprechpartner bei Diskriminierung, Mobbing und sexueller Belästigung) durch Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat.

Als AGG-Beschwerdestelle nicht geeignet sind der Betriebs- und Personalrat. Das AGG gewährt das Beschwerderecht gegenüber dem Arbeitgeber; für Beschwerden an den Betriebsrat sieht das BetrVG mit §§ 84 ff. BetrVG eigene Regungen vor.

4 Rechte des Betriebsrats

Das im AGG normierte Beschwerderecht der Beschäftigten berührt die in § 84 BetrVG und in § 85 Abs. 1 BetrVG vorgesehenen Beschwerderechte der Arbeitnehmer und die in §§ 85 und 86 BetrVG geregelten Rechte und Pflichten des Betriebsrats nicht.

Die Frage, ob überhaupt eine Beschwerdestelle für Beschwerden nach § 13 Abs. 1 AGG errichtet wird, unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. Der Arbeitgeber ist nach §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 5 AGG zur Errichtung einer solchen Beschwerdestelle und deren Bekanntmachung verpflichtet, sodass insoweit die Sperrwirkung des § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG greift.[1]

Auch bei den Fragen wo der Arbeitgeber die Beschwerdestelle errichtet – auf Betriebs- oder Unternehmensebene – und wie er diese personell besetzt, handelt es sich um mitbestimmungsfreie organisatorische Entscheidungen.[2]

Bei der Einführung und Ausgestaltung des Verfahrens, in dem Arbeitnehmer ihr Beschwerderecht nach dem AGG wahrnehmen können, hat der Betriebsrat allerdings ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Der Betriebsrat kann zu diesem Zweck selbst initiativ werden und ein Beschwerdeverfahren über die Einigungsstelle durchsetzen.[3] Errichtet der Arbeitgeber eine überbetriebliche Beschwerdestelle, steht das Mitbestimmungsrecht beim Beschwerdeverfahren nicht dem örtlichen Betriebsrat, sondern dem Gesamtbetriebsrat zu.

5 Beschwerdeverfahren

Wie mit einer Beschwerde im Einzelnen umzugehen ist, ist im AGG...

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