hier: Auswirkung des Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) auf Anträge einer teilweisen Zuzahlungsbefreiung nach § 62 SGB V

Sachstand:

Versicherte haben während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten. Die Belastungsgrenze beträgt 2 v. H.; für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, beträgt sie 1 v. H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz und Satz 2 SGB V).

Nach § 62 Abs. 1 Satz 6 2. Halbsatz SGB V kann die Krankenkasse auf den jährlichen Nachweis über die weitere Dauer der Behandlung der chronischen Erkrankung verzichten, wenn bereits die notwendigen Feststellungen getroffen worden sind und im Einzelfall keine Anhaltspunkte für einen Wegfall der chronischen Erkrankung vorliegen.

Das Nähere zur Definition einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in den Richtlinien nach § 92 SGB V (hier: Chroniker-Richtlinie [ChronRL]; vgl. § 62 Abs. 1 Satz 8 SGB V).

Gemäß § 2 Abs. 2 ChronRL ist eine Krankheit u. a. schwerwiegend chronisch, wenn sie wenigstens ein Jahr lang, mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt wurde (Dauerbehandlung) und eine der unter Buchstabe a bis c genannten Voraussetzungen erfüllt ist. Nach § 2 Abs. 2 Buchstabe a ChronRL muss neben der Dauerbehandlung eine Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe 2 oder 3 nach dem Zweiten Kapitel SGB XI vorliegen. Weiterhin regelt § 3 Abs. 1 Satz 2 ChronRL, dass bei einer festgestellten Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe 2 oder 3 gemäß dem Zweiten Kapitel SGB XI nach Ablauf eines Jahres seit dem Beginn der Pflegebedürftigkeit nach einer dieser Pflegestufen das Vorliegen einer Dauerbehandlung unterstellt wird.

Durch das PSG II vom 21.12.2015 (BGBl. I Nr. 54 vom 28.12.2015, S. 2424 ff.) wird unter anderem zum 1.1.2017 § 14 SGB XI neu gefasst. Damit gilt ab diesem Zeitpunkt ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff in der sozialen Pflegeversicherung. Maßstab ist künftig der Grad der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen. Erfasst wird dieser in insgesamt sechs pflegerelevanten Bereichen, wie z. B. Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen. Dadurch berücksichtigt der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff körperliche, kognitive und psychische Beeinträchtigungen gleichermaßen.

Weiterhin wird der § 15 SGB XI geändert, der ab 1.1.2017 die Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit regelt. Es erfolgt eine weitere Ausdifferenzierung von aktuell drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade.

Zudem werden durch den zum 1.1.2017 neu eingeführten § 140 SGB XI Regelungen zur Überleitung in die Pflegegrade getroffen. Hierdurch werden alle Pflegebedürftigen automatisch von ihrer bis zum 31.12.2016 geltenden Pflegestufe zum 1.1.2017 in einen von fünf Pflegegraden übergeleitet. Bei Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen erfolgt dies in den nächsthöheren Pflegegrad, somit bei Pflegestufe II in den Pflegegrad 3 und bei Pflegestufe III in den Pflegegrad 4 oder – bei Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 140 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Buchstabe d SGB XI – in den Pflegegrad 5. Versicherte, bei denen eine Beeinträchtigung der Alltagskompetenz festgestellt wurde, werden von ihrer Pflegestufe in den übernächsten Pflegegrad übergeleitet, dementsprechend bei Pflegestufe II in den Pflegegrad 4 und von Pflegestufe III in den Pflegegrad 5.

Aufgrund der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes zum 1.1.2017 sowie der damit verbundenen Ablösung der bisherigen drei Pflegestufen durch die neu eingeführten fünf Pflegegrade, ist es erforderlich, die zuvor beschriebenen Aussagen der ChronRL, die die Pflegestufen betreffen, in der zuständigen Arbeitsgruppe des G-BA zu überprüfen. Dort ist weiterhin darüber zu beraten, inwiefern eine Änderung der ChronRL notwendig ist.

Aktuell ist nicht absehbar, wann mit einer Überprüfung bzw. Änderung der ChronRL zu rechnen ist. Daher wurde bereits in der Fachkonferenz Leistungs- und Beziehungsrecht am 13./14.6.2016 (Besprechungsergebnis zu TOP 4) darüber beraten, wie die Krankenkassen mit Anträgen von Versicherten auf Vorauszahlung der Belastungsgrenze gemäß § 62 SGB V für das Kalenderjahr 2017 umgehen sollen, die im Jahre 2016 und damit vor einer Anpassung der ChronRL gestellt werden. Die Besprechungsteilnehmer/-innen beschlossen hierzu einvernehmlich, bei entsprechenden Anträgen von pflegebedürftigen Versicherten der Pflegestufe II oder III nach SGB XI, die nicht zugleich die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Buchstabe b oder c ChronRL erfüllen, vom Vorliegen einer schwerwiegende chronische Erkrankung auszugehen, sofern keine Anhaltspunkte für einen Wegfall bzw. für eine Minderung der Pflegebedürftigkeit nach dem 31.12.2016 vorliegen und die Versicherten sich bereits seit wenigstens einem Jahr mindestens einmal pro Quartal wegen ihrer chronisch...

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