hier: Anerkennung so genannter Surrogatdienste als Verlängerungstatbestände

Sachverhalt:

Nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V sind Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres familienversichert, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden. Wird die Schul- oder Berufsausbildung durch die Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Familienversicherung auch für einen der Dauer des Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus. Die Verlängerung der Familienversicherung über das 25. Lebensjahr hinaus schafft einen Ausgleich dafür, dass sich die Schul- oder Berufsausbildung des Kindes, in der die beitragsfreie Familienversicherung bis zu einer Höchstaltersgrenze zur Verfügung steht, durch die Ableistung des Grundwehr- und Zivildienstes zeitlich verzögert, zumal in dieser Zeit keine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen werden können (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).

Die allgemeine Dienstpflicht ist im Wehrpflichtgesetz (WPflG) geregelt. Die allgemeine Wehrpflicht kann nach § 3 WPflG durch den Wehrdienst oder den Zivildienst erfüllt werden. Das Wehrpflichtgesetz sowie das Zivildienstgesetz (ZDG) sehen ergänzend vor, dass die Ableistung bestimmter Dienste zum Erlöschen der Dienstpflicht führt bzw. – bei einer vorzeitigen Beendigung – eine Anrechnung auf die Dienstpflicht erfolgt. Bei diesen Diensten handelt es sich nicht um Wehr- oder Zivildienst, sondern um Ersatzdienst an Stelle des Wehr- oder Zivildienstes (so genannter Surrogatdienst). Zu den Surrogatdiensten gehören insbesondere

Die vorgenannten Surrogatdienste bringen die gesetzliche Dienstpflicht dann zum Erlöschen, wenn die vorgeschriebene Mindestdauer dieser Maßnahmen eingehalten wird. Diese beträgt für den Entwicklungsdienst zwei Jahre, für die "Anderen Dienste im Ausland" zwei Monate länger als Zivildienst und für das freiwillige Jahr im Sinne des JFDG zwölf zusammenhängende Monate. Darüber hinaus werden bestimmte Anforderungen an die Träger der Maßnahmen aufgestellt. So führt zum Beispiel der "Anderen Dienste im Ausland" nur dann zur Nichtheranziehung zum Zivildienst, wenn dieser bei einem anerkannten Träger abgeleistet wird. Nach den Qualitätsmerkmalen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird ein Träger nur anerkannt, wenn er unter anderem Versicherungsleistungen, die den Risiken des Dienstes und den persönlichen Bedingungen des Dienstleistenden angemessen sind, erbringt. Zu diesen Versicherungsleistungen gehört auch die Kranken- und Pflegeversicherung.

Eine Verlängerung der Familienversicherung über das 25. Lebensjahr hinaus wegen Unterbrechung/Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch Ableistung eines Surrogatdienstes ist gesetzlich oder untergesetzlich nicht geregelt. Hinsichtlich der Tätigkeit als Entwicklungshelfer haben die Spitzenverbände der Krankenkassen in ihrem gemeinsamen Rundschreiben vom 9. Dezember 1988 zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des Gesundheits-Reformgesetzes die Aussage getroffen, dass der gesetzlichen Dienstpflicht im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V die vom (Grund)Wehr- oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer (vgl. § 14a ZDG bzw. § 13b WPflG) gleichzustellen ist. Dabei kann die Familienversicherung allerdings längstens um die Dauer des regulären Grundwehr- bzw. Zivildienstes verlängert werden. Diese Bewertung resultiert aus der analogen Anwendung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Gewährung von Kinderzuschüssen im Recht der Rentenversicherung (vgl. u. a. Urteil des BSG vom 10. September 1980 – 11 RA 129/79-, USK 80173).

Hinsichtlich der Anerkennung weiterer so genannter Surrogatdienste als Verlängerungstatbestände in der Familienversicherung sind unterschiedliche Auffassungen und Verfahrensweisen der Krankenkassen bekannt geworden. Auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat zwischenzeitlich angeregt, eine einheitliche Beurteilung der in Rede stehenden Dienste herbeizuführen (Schreiben vom 11. August 2009, vgl. Anlage); es hat dabei zu erkennen gegeben, dass eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Erfüllung der gesetzlichen Dienstpflicht und der Ableistung eines so genannten Surrogatdienstes im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung durch sachliche Erwägungen kaum zu rechtfertigen wäre und zudem eine Differenzierung innerhalb der Surrogatdienste nicht verständlich ist.

Ergebnis:

Die Surrogatdienste "Entwicklungsdienst" (§ 13b WPflG, § 14a ZDG), "Andere Dienste im Ausland" (§ 14b ZDG) und "Freiwilliges Jahr" (§ 14c ZDG) sind längstens bis zu der gesetzlich vorgeschriebenen Dauer des Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des Zivildienstes als Verlängerungstatbestand im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 3 zweiter Halbsatz SGB V und des § ...

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