In Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat besteht nach § 7 Abs. 1a SGB IV eine Beschäftigung, wenn während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b SGB IV fällig ist und das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.

Das Wertguthaben kann für gesetzlich geregelte oder vertraglich vereinbarte Freistellungszwecke verwendet werden. Eine Aufzählung entsprechender Freistellungszwecke ist in § 7c SGB IV aufgeführt. Da es sich hierbei um keine abschließende Aufzählung handelt, wird in der Gesetzesbegründung zu der Regelung darauf hingewiesen, dass die Vertragsparteien in der Vereinbarung der Verwendung des Wertguthabens frei sind und auch von den aufgezählten Freistellungszwecken "beliebig abweichen" können (BT-Drucks. 16/10289, S. 15). Daraus wird mitunter abgeleitet, dass auch die Regelung des zeitlichen Anwendungsbereichs von Wertguthaben vertraglichen Vereinbarungen ohne zeitliche Grenzen zugänglich ist. Insbesondere unter Hinweis auf die durch das Flexirentengesetz geschaffenen Möglichkeiten zur Verlängerung der individuellen Lebensarbeitszeit und die mit dem 8. SGB IV-ÄndG erfolgte Aufhebung der Hinzuverdienstgrenzen für vor Erreichen der Regelaltersgrenze bezogene Altersrenten wird daher eine Wertguthabenverwendung auch für Zeiten des Altersrentenbezugs oder nach Erreichen der Regelaltersgrenze als zulässig angesehen.

Allerdings regelt § 7c SGB IV lediglich die Freistellungszwecke, die beliebig vereinbart werden können, und nicht den zeitlichen Anwendungsbereich der Wertguthabenverwendung. Vielmehr fehlt es an einer eindeutigen gesetzlichen Regelung zum zeitlichen Anwendungsbereich von Wertguthabenvereinbarungen. Auf die Problematik dieser unklaren Rechtslage wurde auch vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages in einer Sachstandsbewertung vom 17.5.2022 hingewiesen.

Vor dem Hintergrund verstärkter Nachfragen von Interessenverbänden, Arbeitgebern und Beschäftigten kommen die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung überein, zur Klarstellung der Verwaltungspraxis ihre Rechtsauffassung in diesem Besprechungsergebnis zu veröffentlichen.

Demnach können Wertguthabenvereinbarungen nur für die Zeit bis zum Beginn einer Altersrente (sowohl als Voll- als auch als Teilrente), längstens bis zum Ablauf des Monats, in dem die Altersgrenze für den Anspruch auf Regelaltersrente erreicht wird, getroffen werden. Wird eine Wertguthabenvereinbarung über den Zeitpunkt der Inanspruchnahme einer Altersrente oder das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus fortgeführt, sind die Voraussetzungen des § 7b i.V.m. § 7c SGB IV nicht mehr erfüllt. In diesen Fällen nicht regelkonformer Verwendung (Störfall) ist das Wertguthaben nach § 23b Abs. 2 SGB IV beitragsrechtlich aufzulösen.

Wertguthaben müssen folglich bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze abgebaut werden (vgl. auch Frage 25 der BMAS-Broschüre zu den FAQ zu Wertguthaben oder Abschnitt B.I des BMF-Schreibens vom 17.6.2009, BStBl. I S. 1286, i.d.F. vom 8.8.2019, BStBl. I S. 874). Demzufolge ist ein Wertguthaben spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze aufzulösen. Dies gilt nach § 23b Abs. 2 Satz 4 SGB IV auch bei Beginn einer Rente wegen Alters für die von der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7f Abs. 3 SGB IV verwalteten Wertguthaben sowie in analoger Anwendung dieser Regelung für die bei einem Arbeitgeber bestehenden Wertguthaben.

Dies entspricht auch der Zielsetzung des Gesetzgebers bei der Einführung der Möglichkeit von Wertguthabenvereinbarungen. Denn mit dem Aufbau von Wertguthaben sollte, neben der sozialversicherungsrechtlich geschützten Überbrückung gesetzlicher oder vertraglicher Freistellungen während eines Erwerbslebens, im Rahmen von Langzeit- bzw. Lebensarbeitszeitkonten die Möglichkeit geschaffen werden, eventuelle Lücken zwischen einem vorzeitigen Beschäftigungsende und dem Ende des Erwerbslebens sozialversicherungsrechtlich geschützt zu überbrücken. Dabei bestimmt ein Altersrentenbeginn das individuelle Ende des Erwerbslebens und das Erreichen der Regelaltersgrenze – auch ohne Inanspruchnahme einer Regelaltersrente – das objektive Ende des Erwerbslebens, wie es sich beispielsweise in der Regelung zur Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB III oder zum Ende eines Arbeitsverhältnisses nach § 41 Satz 2 SGB VI widerspiegelt. In diesem Sinne sind auch Altersteilzeitbeschäftigungen als typische Form der Wertguthabenvereinbarung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 zweiter Halbsatz AlterTZG nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zulässig. Und der Beginn einer Altersrente gilt sowohl nach dem AltersTZG als auch dem VRG – beides Gesetze zur Förderung des gleitenden Übergangs in den Ruhestand – als Eintritt in den Ruhestand (§ 5 Abs. 1 AltersTZG, § 5 Abs. 1 VRG). Dabei wird nicht zwischen Altersvollrente und Altersteilrente unterschiede...

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