Ein Verwaltungsakt über Versicherungspflicht, Versicherungsfreiheit oder eine nicht bestehende Versicherungspflicht ist in der Regel ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der als begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 Abs. 2 SGB X grundsätzlich nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden kann. Nach Ablauf von zwei Jahren kann er nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 Sätze 2 und 3 SGB X zurückgenommen werden.

Der Träger der Rentenversicherung kann bei einer Betriebsprüfung, die allgemein nur alle vier Jahre stattfindet, somit einen von der Einzugsstelle vor mehr als zwei Jahren erlassenen (fehlerhaften) begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung in der Regel nicht mehr zurücknehmen. Der durch den Verwaltungsakt beschwerte Fremdversicherungsträger ist aber befugt, den Verwaltungsakt hinsichtlich des eigenen sachlichen Zuständigkeitsbereichs anzufechten, um dessen Rücknahme nach § 49 SGB X zu erwirken.

Die Anfechtungsfristen laufen für jeden Beteiligten (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Versicherungsträger) gesondert von der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes bzw. der Zustellung des Widerspruchsbescheides an (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 01.07.1999 - B 12 KR 2/99 R -, USK 9939). Für die den Beteiligten mit Rechtsbehelfsbelehrung bekannt gegebenen Verwaltungsakte gilt eine Anfechtungsfrist von einem Monat. Bei Erlass eines Verwaltungsaktes ohne Rechtsbehelfsbelehrung, der den Beteiligten zu unterschiedlichen Zeiten bekannt gegeben, aber noch innerhalb der Jahresfrist angefochten wird, ist § 49 SGB X anzuwenden.

Das BSG hat in seinem Urteil vom 03.07.2013 - B 12 KR 8/11 R - (USK 2013-61) klargestellt, dass die einen Verwaltungsakt erlassende Einzugsstelle im Verfahren nach § 28h Abs. 2 SGB IV grundsätzlich der Pflicht unterliegt, ihren Verwaltungsakt im Vorfeld mit den beteiligten Fremdversicherungsträgern abzustimmen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 in Verb. mit § 86 SGB X), ihn mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (§ 36 SGB X) und allen Beteiligten gleichzeitig bekannt zu geben (§ 37 Abs. 1 SGB X), um Unsicherheiten unter den Beteiligten, vor allem beim Arbeitgeber, in Grenzen zu halten. Eine dies nicht ausreichend berücksichtigende Verwaltungspraxis könne zu einer Verkürzung von Rechten derjenigen, deren Versicherungs- und/oder Beitragspflicht zu beurteilen ist, und einer daraus resultierenden Verwirkung des Anfechtungsrechts der Fremdversicherungsträger führen.

Die gemeinsame Verlautbarung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zur Behandlung von Verwaltungsakten (Beitragsbescheiden) durch die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Versicherungsträger vom 21.11.2006 trägt hiernach den rechtlichen Erfordernissen zur Beteiligung von Fremdversicherungsträgern am Erlass und der Bekanntgabe von Verwaltungsakten nicht hinreichend Rechnung.

Die gemeinsame Verlautbarung zur Behandlung von Verwaltungsakten (Beitragsbescheiden) durch die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Versicherungsträger vom 21.11.2006 wird daher aufgehoben. Hinsichtlich der notwendigen Beteiligung der Fremdversicherungsträger bei Entscheidungen nach § 28h Abs. 2 SGB IV gilt Folgendes:

Verwaltungsakte der Einzugsstellen über Versicherungspflicht, Versicherungsfreiheit oder eine nicht bestehende Versicherungspflicht sowie die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sind vor ihrem Erlass grundsätzlich mit dem Rentenversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit nach § 12 Abs. 2 Satz 2 in Verb. mit § 86 SGB X abzustimmen. Der Verwaltungsakt ist nach § 37 Abs. 1 SGB X in Verb. mit § 36 SGB X allen Beteiligten, also auch dem zuständigen Rentenversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit, gleichzeitig und mit einer – bezogen auf den jeweiligen Beteiligten inhaltlich zutreffenden – Rechtsbehelfsbelehrung bekannt zu geben.

Auf die Abstimmung und die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes kann im Einzelfall verzichtet werden, wenn die Entscheidung

  • den in gemeinsamen Verlautbarungen, Rundschreiben, Grundsätzen oder Niederschriften der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vertretenen Auffassungen entspricht oder
  • unstreitige und unzweifelhaft zu beurteilende Sachverhalte betrifft.

Im Abstimmungsverfahren sollen dem Rentenversicherungsträger bzw. der Bundesagentur für Arbeit der Entwurf des beabsichtigten Verwaltungsaktes und die entscheidungsrelevanten Unterlagen in Ablichtung zur Stellungnahme übersandt werden. Die Stellungnahme oder eine Zwischennachricht sollte möglichst innerhalb von sechs Wochen erfolgen. Zuständig für die Abstimmung ist in der Rentenversicherung der nach § 125 ff. SGB VI kontoführende Rentenversicherungsträger. In der Arbeitslosenversicherung ist die Agentur für Arbeit zuständig, in deren Bezirk die Einzugsstelle ihren Sitz hat.

Die Krankenkasse als Einzugsstelle kann eine Entscheidung nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV für bestehende Versicherungsverhältnisse jeweils nur für den Zeitraum treffen, für den ihre Zuständi...

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