Sachverhalt:

Nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV können Beiträge gestundet werden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für die Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird. Das Nähere zur Stundung von Beiträgen hat der GKV-Spitzenverband in Ausgestaltung seines gesetzlichen Auftrags aus § 217f Abs. 3 SGB V in den Einheitlichen Grundsätzen zur Erhebung von Beiträgen, zur Stundung, zur Niederschlagung und zum Erlass sowie zum Vergleich von Beitragsansprüchen (Beitragserhebungsgrundsätze [BeiErhGS]) vom 17.2.2010 für alle Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse geregelt.

Als Stundung im Sinne der Beitragserhebungsgrundsätze wird sowohl der Antrag des Anspruchsgegners vor Fälligkeit eines Beitragsanspruchs verstanden als auch der Antrag nach Eintritt der Fälligkeit. In beiden Fällen wird durch die Stundung die Fälligkeit hinausgeschoben bzw. neu gesetzt.

Bei Stundungen, bei denen die Fälligkeit des der Stundung zugrunde liegen Beitragsanspruchs bereits eingetreten ist, beginnt der Stundungszeitraum nach ausdrücklicher Regelung in § 4 Abs. 2 BeiErhGS mit dem nächsten Fälligkeitstag für laufende Beiträge nach Bekanntgabe der Stundungsvereinbarung. Das bedeutet, dass es in diesen Fällen bis zum Wirksamwerden der Stundungsvereinbarung bei den bereits erhobenen Säumniszuschlägen auf die bei Fälligkeit nicht gezahlten Beiträge bleibt.

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie haben der GKV-Spitzenverband und die vom ihm vertretenen Mitglieder mehrfach Maßnahmen zur Unterstützung der in finanzieller Hinsicht betroffenen Arbeitgeber, u.a. in Form eines erleichterten Zugangs zu Stundungen (vereinfachtes Stundungsverfahren), ergriffen. Aufgrund der Vielzahl der Stundungsanträge war eine kurzfristige Stundungsvereinbarung, d.h. eine Bescheiderteilung rechtzeitig vor dem auf den Antrag folgenden Fälligkeitstermin für laufende Beiträge, häufig nicht möglich.

Die vergangenen zwei Jahre haben ferner aufgezeigt, dass eine differenziertere Betrachtung im Umgang mit Stundungsanträgen nach Eintritt der Fälligkeit geboten ist. Die erste Fallgruppe bilden Stundungsanträge, deren Bewilligung nichts entgegensteht und deren Bearbeitungsdauer nicht durch die fehlende Mitwirkung des Beitragsschuldners beeinträchtigt wurde. Die nicht durch den Antragssteller zu vertretende Dauer des Verwaltungsverfahren darf nicht zu seinen Lasten gehen. Sinn und Zweck der Säumniszuschlagserhebung sind nicht die Erhebung von Kosten in Abhängigkeit von der Dauer des Verwaltungsverfahrens. Die Vorschrift soll vielmehr als Druckmittel dienen und hat Zinsersatzfunktion. Bei der Bewilligung eines Stundungsantrages wird die Zinsersatzfunktion obsolet, weil – von Ausnahmen abgesehen – Stundungszinsen erhoben werden. Übrig bliebe die Druckmittelfunktion, die jedoch in Frage gestellt wird, weil der Beitragsschuldner durch seinen Stundungsantrag anzeigt, sich in vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten zu befinden und dass die sofortige Einziehung eine erhebliche Härte darstelle würde.

Die zweite Fallgruppe bilden Antragsteller, die am Verwaltungsverfahren nicht oder nur zögerlich mitwirken. Hierzu gehören u.a. Beitragsschuldner, die trotz bereits hinfälliger Stundungsvereinbarungen oder ablehnender Bescheide wiederholt Anträge stellen, um die Regelungen zur Säumniszuschlagserhebung zu umgehen, sowie Antragsteller, die von nicht nur vorübergehender Zahlungsunfähigkeit betroffen sind.

Angesichts dieser durch die Vielzahl von Stundungsanträgen geprägten Erkenntnisse stellt sich die Erhebung von (weiteren) Säumniszuschlägen für Zeiträume zwischen der Antragstellung und der Bekanntgabe der Stundungsvereinbarung als sachlich kaum zu rechtfertigen und dem Zweck der Unterstützungsmaßnahmen zuwiderlaufend dar. Insofern ist zu erörtern, ob nicht eine Änderung der Verfahrensregelungen bis hin zu einer Änderung der Beitragserhebungsgrundsätze erforderlich ist, zumal auch die Finanzverwaltung hinsichtlich der bewilligten Stundungsanträge für das Ende der Säumniszuschlagsberechnung bzw. den Beginn der Verzinsung auf das Antragsdatum abstellt.

Ergebnis:

Die Fachkonferenzteilnehmer halten eine Änderung der Verfahrensregelungen bei der Stundung von Beiträgen nach Fälligkeit des der Stundung zugrunde liegenden Beitragsanspruchs für sinnvoll und geboten. Danach soll bei Stundungen, bei denen die Fälligkeit des der Stundung zugrunde liegen Beitragsanspruchs bereits eingetreten ist, der Stundungszeitraum künftig mit dem nächsten Fälligkeitstag für laufende Beiträge nach Eingang des Stundungsantrags beginnen und nicht mehr nach Bekanntgabe der Stundungsvereinbarung. Sofern Stundungsanträge unvollständig sind und weitere Unterlagen erfordern, ist für die Bestimmung des Stundungszeitraums ebenfalls auf den Eingang des Stundungsantrags abzustellen, wenn der Beitragsschuldner die angeforderten Unterlagen unverzüglich nachreicht. Wird die Stundung nach Fälligkeit beantragt und abgelehnt, verbleibt es bei dem ursprünglichen...

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