Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Quasi-Berufskrankheit. neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft. Rotatorenmanschettenruptur. Bierfahrer

 

Orientierungssatz

Zur Nichtanerkennung einer Rotatorenmanschettenruptur eines Bierfahrers als Quasi-Berufskrankheit gem § 551 Abs 2 iVm § 551 Abs 1 S 3 RVO mangels Vorliegens neuer Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24.05.2004 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Rotatorenmanschettenruptur als Berufskrankheit (BK) nach der Nr.2101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) bzw. wie eine BK anzuerkennen und zu entschädigen ist.

Der 1946 geborene Kläger suchte am 31.08.1994 den Orthopäden Dr. L. auf und berichtete, am 12.08.1994 habe er beim Bierverladen plötzlich einen Stich in der linken Schulter verspürt. Zunächst habe er wenig, in der Folge immer mehr Schmerzen gehabt und eine Kraftlosigkeit verspürt. Am 16.08.1994 - im Urlaub - habe er plötzlich einen starken Riss an der linken Schulter verspürt und deshalb seinen Urlaub abgebrochen.

Dr. L. diagnostizierte eine Rotatorenmanschettenruptur. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 09.12.1994 die Gewährung einer Entschädigung ab, da der angeschuldigte Vorfall nicht geeignet gewesen sei, eine Rotatorenmanschettenruptur zu verursachen. Nach Einholung eines Gutachtens von Dr. L. vom 16.01.1995, in dem ausgeführt wurde, ein Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 12.08.1994 und dem später diagnostizierten und operierten Rotatorenmanschettendefekt sei nicht gegeben, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.1995 zurück.

Im hiergegen gerichteten Klageverfahren (S 20 U 654/95) führte der Orthopäde Dr. G. im Gutachten vom 30.05.1996 aus, das Ereignis vom 12.08.1994 sei nicht geeignet gewesen, eine Rotatorenmanschettenläsion zu verursachen oder zu verschlimmern. Der Kläger erklärte das Klageverfahren für erledigt, da sich die Beklagte bereit erklärt hatte, über einen Antrag auf Anerkennung der Rotatorenmanschettenruptur als Berufskrankheit nach BK-Nr. 2101 oder nach § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) zu entscheiden.

Im Bescheid vom 20.09.1996 führte die Beklagte aus, ein Arbeitsunfall sei auszuschließen. Allgemeine schicksalhaft entstandene Erkrankungen, die unabhängig von der beruflichen Tätigkeit in allen Bevölkerungsschichten auftreten könnten, fielen nicht unter die Krankheiten im Sinne des § 551 Abs. 2 RVO. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.1996 zurück.

Im Klageverfahren (S 24 U 923/96) übersandte der Kläger eine Stellungnahme des Betriebsarztes Dr. H., in der ausgeführt wurde, ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und der Häufigkeit und Schwere von Rotatorenmanschettenschäden müsse nach dem gegenwärtigen Stand der arbeitsmedizinischen Erkenntnisse als gesichert angesehen werden.

Der vom Sozialgericht zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr. F. führte im Gutachten vom 30.10.1997 aus, beim Kläger sei eine Verschleißschädigung und ein daraus resultierender Einriss der Rotatorenmanschette diagnostiziert, jedoch keine Erkrankung von Sehnenscheiden oder Sehnengleitgewebe sowie der Sehnen- und Muskelansätze. Infolgedessen handle es sich um keine Erkrankung, die im Sinne einer BK nach Nr. 2101 anerkennungsfähig wäre. Nach neuen medizinischen Erkenntnissen lägen die Voraussetzungen für eine Entschädigung wie eine BK nicht vor. Dies sei schon rein theoretisch nicht vorstellbar, da Rotatorenmanschettenrupturen eine außerordentlich häufige Erkrankung darstellten, die ab dem 50. Lebensjahr bei 1/3 aller Fälle und ab dem 60. Lebensjahr in Form von Makrorissen in 2/3 aller Fälle, ab dem 70. Lebensjahr bei jedem Menschen gefunden würde.

Auf Anfragen des Sozialgerichts teilte das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in den Schreiben vom 18.05.1998 und 15.03.1999 mit, der Verordnungsgeber habe weder aus Anlass der Änderung der Berufskrankheitenverordnung im Oktober 1997 noch davor die Frage eines möglichen ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer Rotatorenmanschettenruptur und Schulterbelastungen geprüft. Auch lägen derzeit keine neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dieser Problematik vor. Der Kläger nahm die Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.06.1999 zurück.

Mit Schreiben vom 31.03.2001 beantragte der Kläger gemäß § 44 des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X) die Überprüfung des Bescheides vom 20.09.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.1996 mit dem Begehren, die Rotatorenmanschettenerkrankung als Krankheit im Sinne des § 551 Abs. 2 RVO/§ 9 Abs. 2 Siebten Sozialgesetzbuches (SGB VII) anzuerkennen und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. festzusetzen. Er übersandte eine Stellungnahme des Dr...

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