Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Erfüllung der Anwartschaftszeit. Versicherungspflichtverhältnis. Strafgefangener. zusammenhängender Arbeits- bzw Ausbildungsabschnitt. Berücksichtigung von arbeitsfreien Tagen

 

Leitsatz (amtlich)

Zusammenhängende Arbeitsabschnitte iS des § 26 Abs 1 Nr 4 S 1 Halbs 2 SGB III liegen nur dann vor, wenn die Unterbrechung der Arbeitsleistung ihre Ursache ausschließlich in der wochenend- bzw feiertagsbedingten Arbeitsruhe hat. Wird an einem Tag aufgrund von Krankheit, Betriebsruhe oder aus sonstigen nicht vom Gefangenen zu vertretenden Gründen keine Arbeit verrichtet und folgt dem arbeitsfreien Tag ein Wochenende bzw. ein Feiertag, so liegt eine Unterbrechung des Arbeits- bzw Ausbildungsabschnitts vor. Diese Tage können dann mangels eines zusammenhängenden Arbeits- bzw Ausbildungsabschnittes nicht anerkannt werden. Gleiches gilt, wenn dem arbeitsfreien Tag ein Wochenende bzw ein Feiertag vorausgeht, denn dann liegen diese Tage aufgrund der Unterbrechung der Tätigkeit ebenfalls nicht mehr innerhalb eines zusammenhängenden Arbeits- bzw Ausbildungsabschnittes.

 

Orientierungssatz

Die zur Beitragsberechnung auf Grundlage gem § 352 Abs 3 SGB 3 iVm § 1 Abs 1 Nr 2 GefBeitrV 1998 für versicherungspflichtige Gefangene im Verhältnis zu den Arbeitstagen des Kalenderjahres angenommenen 250 Kalendertage genügen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit gem § 142 Abs 1 S 1 SGB 3.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 04.08.2021 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 01.11.2018.

Der 1979 geborene Kläger befand sich in den Zeiträumen vom 05.10.2015 bis 26.11.2016 und vom 20.03.2017 bis 16.03.2018 in Haft. Am 28.02.2019 wurde er erneut inhaftiert. Im Zeitraum vom 05.04.2018 bis 30.10.2018 war er zur stationären therapeutischen Behandlung in der S Klinik F. Die Justizvollzugsanstalt A (JVA) bescheinigte dem Kläger in den Arbeitsbescheinigungen vom 29.01.2018 bzw. 20.03.2018 die Entrichtung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und eine Versicherungspflicht unter anderen für die Zeiträume vom 02.11.2016 bis 26.11.2016 (25 Tage), vom 20.03.2017 bis 10.04.2017 (22 Tage), vom 13.04.2017 bis 24.05.2017 (42 Tage), vom 29.05.2017 bis 14.06.2017 (17 Tage), vom 19.06.2017 bis 12.07.2017 (24 Tage), vom 14.07.2017 bis 31.07.2017 (18 Tage), vom 03.08.2017 bis 07.08.2017 (5 Tage), vom 16.08.2017 bis 29.09.2017 (45 Tage), vom 04.10.2017 bis 12.10.2017 (9 Tage), vom 17.10.2017 bis 17.10.2017 (1 Tag), vom 24.10.2017 bis 27.10.2017 (4 Tage), vom 02.11.2017 bis 21.12.2017 (50 Tage), vom 02.01.2018 bis 10.01.2018 (9 Tage), vom 12.01.2018 bis 12.01.2018 (1 Tag), vom 22.01.2018 bis 24.01.2018 (3 Tage), vom 26.01.2018 bis 28.02.2018 (34 Tage) und vom 05.03.2018 bis 16.03.2018 (12 Tage).

Der Kläger meldete sich am 29.10.2018 persönlich "mit Wirkung zum 16.03.2018" bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Ein vorheriger Antrag ist nicht aktenkundig. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Bewilligung von Alg mit Bescheid vom 31.10.2018 "mit Wirkung zum 1. November 2018" ab. Die Anwartschaftszeit sei nicht erfüllt. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe am 05.04.2018 einen Antrag auf Alg stellen wollen. Dieser sei abgelehnt worden, da er der Arbeitsvermittlung aufgrund des stationären Aufenthaltes nicht zur Verfügung gestanden habe. Er habe ab dem 01.04.2018 einen Anspruch auf Alg gehabt. Aufgrund der Therapie fehlten ihm nur einige Tage. Es müsse daher entweder eine Verschiebung oder eine Verlängerung der Rahmenfrist erfolgen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2018 zurück. Am 05.04.2018 habe der Kläger keinen Antrag auf Alg gestellt. In der Rahmenfrist vom 01.11.2016 bis 31.10.2018 seien nur "188 Kalendertage" zu berücksichtigen, in denen der Kläger versicherungspflichtig gewesen sei.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. § 26 Abs. 1 Nr. 4 Drittes Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) stelle auf Beschäftigungstage nicht ab. Wie bei Arbeitnehmern auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten einzelne arbeitsfreie Tage nicht herausgerechnet werden. Es müsse eine weitgehende Gleichstellung von Gefangenenarbeit mit der Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfolgen. Damit seien insgesamt 379 Tage innerhalb der Rahmenfrist zu berücksichtigen. Er habe zudem am 05.04.2018 einen Antrag auf Alg stellen wollen, sei aber von einem Sozialarbeiter mit der Begründung, er stehe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, davon abgehalten worden. Er habe zudem an jedem Tag bereit sein müssen, die Arbeiten in der JVA auszuführen, auch wenn dann tatsächlich nicht gearbeitet worden sei. Diese Bereitschaftszeit gelte als Arbeitszeit. Brückentage und Tage mit dem Vermerk "ohne Arbeit" seien nicht herauszurechnen, denn der Kläger sei an diesen Tagen bereit ...

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