Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Unternehmerentscheidung. Änderungskündigung. Sozialauswahl

 

Leitsatz (redaktionell)

  • Der Arbeitgeber kann entscheiden, zum einen anfallende Arbeiten nicht mehr nach ihrer Art Spezialarbeitsplätzen zuzuweisen, sondern nur noch Allround-Arbeitsplätze (Zuständigkeit aller Arbeitnehmer für alle anfallenden Arbeiten) einzurichten und zum anderen zugleich die Arbeitskapazität zu reduzieren. Ein solches Gesamtkonzept kann als unternehmerische Entscheidung einer betriebsbedingten Kündigung zugrunde gelegt werden und unterliegt lediglich der Missbrauchskontrolle.
  • Zu den Anforderungen an die Darlegungen des Arbeitgebers, wenn seine Organisationsentscheidung darin liegt, festzulegen, mit welcher Stärke der Belegschaft des Betriebs zukünftig das Unternehmensziel erreicht werden soll bzw. welche Kapazität an einzusetzenden Arbeitskräften und ihrer Arbeitszeit vorgehalten werden muss.
  • Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, vor Ausspruch von Beendigungskündigungen abzuwarten, ob andere Arbeitnehmer, denen gegenüber Änderungskündigungen ausgesprochen werden sollen, dem Änderungsvertrag zustimmen oder ob deren Arbeitsverhältnisse enden. Die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung besteht nicht schon deshalb, weil im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht feststeht, ob anderen Arbeitnehmern gegenüber ausgesprochene Änderungskündigungen angenommen werden.
  • Wenn alle Arbeitsplätze in der bisherigen Form entfallen, ist die Frage der Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen eine Frage der sozialen Auswahl und nicht der Betriebsbedingtheit. Die Sozialauswahl entscheidet darüber, welchen Arbeitnehmern die verbliebenen geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten werden müssen. Es sind alle Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen, unabhängig davon, ob sie hinsichtlich ihrer bisher ausgeübten Tätigkeit miteinander vergleichbar waren.
  • Die Sozialauswahl ist auf den Betrieb beschränkt. Die Zusammenfassung von Betrieben zur Bildung eines gemeinsamen Betriebsrats ändert daran nichts.
 

Normenkette

KSchG § 1; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.06.2004; Aktenzeichen 16 Sa 14/04)

ArbG Mannheim (Urteil vom 27.10.2003; Aktenzeichen 10 Ca 293/03)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 25. Juni 2004 – 16 Sa 14/04 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine ordentliche, auf betriebsbedingte Gründe gestützte Kündigung. Außerdem verlangt der Kläger Prozessbeschäftigung zu den bisherigen, hilfsweise zu geänderten Bedingungen.

Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen und vertreibt deutschlandweit in über 90 Filialen Elektroartikel und Photogeräte.

Der am 9. Dezember 1964 geborene Kläger trat im Jahre 1992 in die Dienste der Beklagten. Als Leiter der Abteilung Unterhaltungselektronik in der Filiale H… erhielt der Kläger zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 2.700,00 Euro.

Am 13. Februar 2003 schlossen die Beklagte und der für die Filialen der Regionen Süd und Süd-West nach § 3 BetrVG gebildete und auch für die Filiale des Klägers zuständige Betriebsrat eine “Vereinbarung” ab, in der es ua. wie folgt heißt:

“Vorbemerkung

Beginnend seit 2001 hat das Unternehmen Umsatzrückgänge zu verzeichnen. Für das Jahr 2001 betrug der Rückgang 5,35 % im Verhältnis zum Jahr 2000. Dies entsprach einem Minus von 41,9 Mio. EUR. Aufgrund der damals bestehenden Personalkosten von durchschnittlich 9,5 Mio. EUR monatlich traten bereits zum damaligen Zeitpunkt Liquiditätsprobleme auf. Das Geschäftsjahr 2001 ist letztlich auch mit einem Jahresverlust in Höhe von 45 Mio. EUR abgeschlossen worden, den die K… Inc. als Muttergesellschaft ausgleichen mußte, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden. Dies hatte zur Folge, daß Ende 2001 zur Ergebnisverbesserung im Personalbereich Kosten gesenkt wurden. Gleichwohl mußten für den Zeitraum Januar bis Oktober 2002 weitere Umsatzrückgänge von 8,68 % zum gleichen Zeitraum des Vorjahres hingenommen werden. Das entspricht einem Minus von 57,2 Mio. EUR. Dem stehen durchschnittlich 9,0 Mio. EUR monatlich für Personalkosten gegenüber. Den voraussichtlichen Jahresverlust in Höhe von 55 Mio. EUR muß die K… Inc., weil Betriebsmittelkredite nicht zu bekommen waren, abermals übernehmen.

Die wirtschaftliche Entwicklung der P-Gruppe seit 2001 hatte zur Folge, daß die K… Inc. sich Ende 2002 dazu entschieden hatte, ihr Engagement bei der P-Gruppe zu beenden. Die K… Inc. veräußerte am 16. Januar 2003 ihre Gesellschaftsanteile an der P… GmbH an die jetzigen Geschäftsführer M… und Mi… W….

Durch diesen Gesellschafterwechsel sind die wirtschaftlichen Probleme nicht beseitigt. Im Gegenteil, ohne Veräußerungen muß für das 2003 mit einem Fehlbetrag von 65 Mio. EUR gerechnet werden. Die K… Inc. wird zwar für das Jahr 2003 letztmalig einen Betriebsmittelkredit in Form eines rückzahlbaren Darlehens der P… Handels GmbH zur Verfügung stellen. Sollte es jedoch nicht bis Ende 2003 gelingen, die Verhältnisse umzukehren und zumindest mit einem ausgeglichenem Ergebnis abzuschließen, kann ein Insolvenzverfahren Anfang 2004 nicht ausgeschlossen werden.

Dies vorausgeschickt, vereinbaren die Betriebsparteien folgenden Interessenausgleich und Sozialplan gemäß §§ 112 f. BetrVG:

A) Allgemeine Vorschriften

§ 1 Geltungsbereich

Diese Vereinbarung gilt räumlich für die Filialen der P… Handels GmbH der Regionen Süd und Süd-West. Persönlich gilt diese Vereinbarung für alle Arbeitnehmer/innen (mit Ausnahme der leitenden Angestellten nach § 5 III und IV BetrVG), die während der Laufzeit dieser Vereinbarung von personellen Maßnahmen, die nachfolgend im Interessenausgleich (B…) abschließend geregelt sind, betroffen werden. Diese Vereinbarung gilt nicht für die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, und zwar deshalb nicht, weil alle begonnenen Ausbildungsverhältnisse unverändert zu Ende geführt werden.

§ 2 Zweck und Gegenstand

Zweck dieser Vereinbarung ist es, einen Interessenausgleich und einen Sozialplan gemäß § 112 BetrVG zu vereinbaren.

B) Interessenausgleich

§ 1 Betriebsänderung

Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat Planungen und sonstige Informationen zugänglich gemacht, die die Durchführung der nachfolgend beschriebenen Betriebsänderung und die damit verbundenen Maßnahmen betreffen. Der Betriebsrat bestätigt ausdrücklich, umfassend vor Abschluß dieser Vereinbarung durch den Arbeitgeber informiert worden zu sein, und zwar über folgende Änderungen:

1. Alle in der Anlage 1 aufgeführten Filialen werden zu reinen Abverkaufsstellen umgestaltet, und zwar voraussichtlich beginnend zu den dort jeweils genannten Zeitpunkten. Die Parteien sind sich dabei einig, daß eine Verschiebung der dort genannten Zeitpunkte von bis zu 4 (vier) Monaten keine wesentliche Abweichung darstellt. Angelieferte Ware wird zukünftig weitestgehend direkt vom LKW oder aus dem Lager unausgepackt auf Paletten in den Markt gefahren. Kunden müssen sich die Ware überwiegend direkt von der Palette/aus den Regalen entnehmen und zur Kasse befördern. Es findet nur noch eine eingeschränkte Kundenberatung/Serviceleistung in den einzelnen Filialen statt. Zur Durchführung dieser Maßnahme wird das bisherige Warensortiment an die neuen Verhältnisse angepaßt.

2. Aufgrund dieser Umgestaltung wird in einer durchschnittlichen Filiale nur noch ein Marktleiter sowie 9 Mitarbeiter beschäftigt. Allen diesen Mitarbeitern obliegt – je nach Bedarf – die Kassentätigkeit, die Pflege und das Nachfüllen der Waren, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Gewährleistung bzw. der Kulanz sowie Lagertätigkeit. Zusammen mit dem Marktleiter sind diese 9 Mitarbeiter notwendig, um das Funktionieren der Abverkaufsstelle innerhalb der täglichen Öffnungszeiten zu gewährleisten. Diese Tätigkeit ist im Verhältnis zu den bisherigen im Betrieb bestehenden Arbeitsplätzen neu. Eine Versetzung im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes ist deshalb nicht möglich. Alle Arbeitnehmer – mit Ausnahme des Marktleiters – werden deshalb gekündigt. 9 Arbeitnehmer erhalten nach den nachstehenden Regelungen keine Beendigungskündigung, sondern eine Änderungskündigung.

§ 2 Durchführung der Betriebsänderung

1. Die Umbauphase beträgt pro Filiale längstens 1 (einen) Monat. Alle Arbeitnehmer des jeweils betroffenen Marktes werden unter Einhaltung der individuellen Kündigungsfristen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Umbaus gekündigt. Sofern die Beachtung von individuellen Kündigungsfristen dazu führt, daß einzelne Arbeitnehmer über diesen Zeitpunkt hinaus weiterbeschäftigt werden müßten, werden die hiervon betroffenen Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung etwaig noch nicht genommenen Urlaubs bzw. unter Verrechnung von Mehrarbeitsstunden unwiderruflich von der Arbeitspflicht freigestellt.

Alle zu kündigenden Arbeitnehmer sind grundsätzlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Arbeitsleistung verpflichtet. Dem Arbeitgeber bleibt aber das Recht vorbehalten, Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen, sofern der Beschäftigungsbedarf wegen der Umsetzung der Betriebsänderung vor Ablauf der individuellen Kündigungsfrist abläuft.

2. Der Arbeitgeber ist mit dem Betriebsrat einig, daß sich der in den bisherigen Arbeitsverträgen enthaltene Versetzungsvorbehalt nur auf eine Versetzung innerhalb einer Filiale, nicht jedoch auf eine Versetzung von einer Filiale in eine andere Filiale bezieht. Eine soziale Auswahl wird deshalb zwischen den Filialen im Zuge der Umgestaltung einer Filiale nicht erfolgen.

3. Bei der Besetzung der nach dem Umbau neu entstehenden Arbeitsplätze werden jedoch alle in der jeweiligen Filiale beschäftigten Mitarbeiter – mit Ausnahme des Marktleiters – mitberücksichtigt. Vor Durchführung dieser Auswahl werden denjenigen Mitarbeitern – ohne Änderung der Vergütung – die neu zu schaffenden Arbeitsplätze angeboten, die Mitglied des Betriebsrates sind. Der Betriebsrat stimmt den damit verbundenen personellen Einzelmaßnahmen (Versetzung etc.) gemäß § 99 BetrVG bereits jetzt schon zu. Ansonsten erfolgt die Auswahl unter Zugrundelegung der in C) § 1 geregelten Auswahlrichtlinie sowie der in C) § 2 zur Erhaltung der Altersstruktur festgelegte Gruppenbildung.

C) Auswahlrichtlinie

§ 1 Auswahlkriterien

1. Die Auswahlrichtlinie ist nur für die Auswahl der Mitarbeiter anzuwenden, denen im Zuge der Umgestaltung einer Filiale zur reinen Abverkaufstelle die in diesem Zusammenhang neu zu bildenden Stellen angeboten werden.

2. Vergleichbar sind dabei alle bislang in der Filiale tätigen Arbeitnehmer, unabhängig davon, auf welcher betriebshierarchischen Ebene sie vormals beschäftigt wurden.

3. Die Parteien vereinbaren, daß die Auswahl der neu zu besetzenden Arbeitsplätze nach folgenden Maßgaben erfolgt:

a) In einem ersten Schritt ist nach folgenden Punkteschema zu verfahren:

Betriebszugehörigkeit: Mitarbeiter erhalten maximal 75 Punkte, und zwar bis zum 10 Dienstjahren je Jahr 1 Punkt und ab dem 11. Dienstjahr je 2 Punkte.

Das Lebensalter der Arbeitnehmer wird bis maximal 55 Punkte bewertet, und zwar bis zum 20. Lebensjahr insgesamt 1 Punkt und für jedes weitere Lebensjahr jeweils 1 Punkt.

Die Unterhaltspflichten werden mit maximal 55 Punkte bewertet, wobei verheiratete Mitarbeiter mit einem vollberufstätigen Partner keinen Punkt erhalten, allein stehende Mitarbeiter erhalten 5 Punkte, verheiratete Mitarbeiter mit einem nicht bzw. nicht voll berufstätigen Partner erhalten 8 Punkte. Je weitere unterhaltsberechtigte Person erhalten die Mitarbeiter jeweils 5 Punkte.

b) Haben Arbeitnehmer die gleiche Punktzahl, so sind in einem zweiten Schritt die Zeiten der Betriebszugehörigkeit, bei gleicher Betriebszugehörigkeit das Lebensalter und bei gleichem Alter die Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen maßgeblich.

c) Im Anschluß an die Bewertung der Sozialkriterien nach den vorstehenden Maßgaben hat der Arbeitgeber abschließend individuelle Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen, um Härten, die sich aus der Anwendung des Punktesystems ergeben, zu verhindern. Zu berücksichtigen sind hier zum Beispiel Arbeitsmarktchancen, Berufsunfälle etc.

4. Für die Feststellungen der Betriebszugehörigkeit wird auf den Tag des Eintritts in das Unternehmen abgestellt. Für die Feststellung der Unterhaltspflichten sind die Angaben auf der Lohnsteuerkarte maßgeblich, sofern nicht Besonderheiten dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber bekannt sind und spätestens bei der Anhörung des Betriebsrates mitgeteilt werden.

§ 2 Bildung von Altersgruppen zur Erhaltung der Altersstruktur

Zwischen den Betriebsparteien besteht Einvernehmen, daß zur Erhaltung einer ausgewogenen Altersstruktur Altersgruppen gebildet werden. Innerhalb dieser Gruppen ist die Auswahl zur Besetzung der neuen Arbeitsplätze vorzunehmen. Die Altersgruppen gliedern sich wie folgt:

1. Gruppe

Mitarbeiter bis 25

2. Gruppe

Mitarbeiter bis 35

3. Gruppe

Mitarbeiter bis 45

4. Gruppe

Mitarbeiter bis 55

5. Gruppe

Mitarbeiter bis 65

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass die Neubesetzung entsprechend der Gruppenbildung und innerhalb der Gruppe unter Zugrundelegung der Auswahlrichtlinie (C. § 1) durchzuführen ist. Die Auswahl der den einzelnen Gruppen zustehenden neuen Arbeitsplätze wird unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Stärke an der Gesamtbelegschaft der Filiale ermittelt. Sofern in einer Filiale ein Betriebsratsmitglied beschäftigt wird, vermindert sich die Anzahl von Arbeitsplätzen der Gruppe, zu der das Betriebsratsmitglied gehört.

§ 3 Beteiligungsrechte des Betriebsrates

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, insbesondere die Rechte aus §§ 99, 102 BetrVG werden beachtet.

D) Sozialplan

Aufgrund der bekannten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und zur Vermeidung einer Insolvenz stimmen die Parteien überein, daß auf den Abschluß eines Sozialplans für die oben näher beschriebene Betriebsänderung dauerhaft verzichtet wird.”

Am 8. April 2003 – vor der streitbefangenen Kündigung – übermittelte die Beklagte dem Arbeitsamt M… ein Stellenangebot, mit welchem sie insgesamt zehn Verkäufer/innen für ihre Filiale M… suchte. Am 9. April 2003 veröffentlichte sie eine “Innerbetriebliche Stellenausschreibung”, mit welcher sie für die Standorte L…, K…, St…, D…, P…, B…, H…, N…, S…, M…, Lu…, W… und V… Verkäufer/innen in Voll- oder Teilzeitbeschäftigung zu folgenden Bedingungen suchte:

“– Fixgehalt € 1.650,00,

– variable Zielprämie bis zu 24 % vom Fixgehalt,

– Übernahme der Umzugskosten,

– Übernahme der Unterbringungskosten für die ersten drei Monate,

– Übernahme der Kosten für Familienheimfahrten (14-tägig) während der ersten drei Monate (kostengünstigste Reisemöglichkeit)

– Integrationsprämie von € 300,00 monatlich für die ersten drei Monate.”

Am 19. April 2003 inserierte die Beklagte in der regionalen “Rhein-Neckar-Zeitung” wie folgt:

“Für unseren Makromarkt in S… und unsere beiden Makromärkte in H… suchen wir Verkäufer/innen.”

Die Beklagte erstellte für die Filiale des Klägers auf Grund der in der Vereinbarung vom 13. Februar 2003 festgelegten Kriterien eine Liste, aus der sich die Namen der Arbeitnehmer ergaben, die entweder eine Beendigungskündigung oder eine Änderungskündigung erhalten oder ungekündigt bleiben sollten. Dementsprechend hörte die Beklagte den Betriebsrat zu den beabsichtigten Kündigungen an, im Falle des Klägers, der zur Beendigungskündigung vorgesehen war, am 9. April 2003. Darin wird dem Betriebsrat mitgeteilt, es sollten 12 Arbeitnehmer zu geänderten Bedingungen weiterbeschäftigt werden.

Nachdem verschiedene Arbeitnehmer das ihnen im Zusammenhang mit der ihnen gegenüber ausgesprochenen Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht oder nur unter Vorbehalt angenommen hatten bzw. dies für die Beklagte absehbar war, bot die Beklagte einigen der zur Beendigungskündigung vorgesehenen Arbeitnehmer an, “nachzurücken”. Diese Angebote wurden zum Teil angenommen, zum Teil abgelehnt.

Mit Schreiben vom 22. April 2003, das dem Kläger einige Tage später überreicht wurde, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30. September 2003.

Der Kläger hält die Kündigung für sozialwidrig. Die Vereinbarung vom 13. Februar 2003 sei unwirksam. Der Betriebsrat sei überrumpelt worden. Das Bedürfnis für seine Beschäftigung sei nicht entfallen. Die bisher ausgeübten Tätigkeiten fielen weiter an. Eine nachvollziehbare Darlegung der Beklagten zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses fehle, auch dazu, dass angeblich nur noch zwölf Stellen übrig blieben. Im Kündigungszeitpunkt sei insoweit eine Prognose noch nicht möglich gewesen, da die Reaktion der Arbeitnehmer, denen eine Änderungskündigung ausgesprochen worden sei, noch ausgestanden habe. Zumindest habe die Beklagte dem Kläger ein Änderungsangebot unterbreiten müssen, wie sich aus den Stellenausschreibungen ergebe. Dass die Beklagte ihm ein solches Angebot bei Aushändigung der Kündigung unterbreitet habe, hat der Kläger bestritten. Die Beklagte habe auch nicht alle Änderungskündigungen alsbald ausgesprochen, so gegenüber zwei schwerbehinderte Arbeitnehmern. Die Sozialauswahl sei fehlerhaft vorgenommen worden. Die Beklagte habe den Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer einerseits zu eng bestimmt, nämlich auf die Filiale beschränkt, andererseits zu weit gezogen, indem sie auch nicht mit dem Kläger vergleichbare Arbeitnehmer, zB Kassiererinnen, mit ihm in eine Gruppe genommen habe. Es könne nicht von ihm verlangt werden, Namen von Arbeitnehmern zu nennen, die nach seiner Meinung an seiner Stelle eine Änderungskündigung hätten erhalten müssen. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß gehört worden.

Der Kläger hat, soweit von Interesse, beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22. April 2003 nicht aufgelöst ist.

Hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Vertragsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Äußerst hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den in den innerbetrieblichen Stellenausschreibungen vom 9. April 2003 angebotenen Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, ihr Unternehmen habe bereits im Jahre 2001 einen Jahresverlust in Höhe von 45 Mio. Euro hinnehmen müssen. Im folgenden Jahre seien die Umsätze weiterhin rückläufig gewesen. Für das Geschäftsjahr 2003 sei mit einem Fehlbetrag von 65 Mio. Euro zu rechnen. Die Beklagte sei daher gezwungen gewesen, zur Sanierung ihres Unternehmens neben einem Gehaltsverzicht der Führungskräfte und weiteren Maßnahmen ca. 1.800 Kündigungen auszusprechen. Sie habe beschlossen, alle Filialen in reine Abverkaufsstellen umzuwandeln. Auf Grund dieses Konzeptes würden in der Filiale nur noch ein Marktleiter und zwölf Mitarbeiter beschäftigt. Allen Beschäftigten oblägen in Zukunft je nach Bedarf Kassentätigkeit, Pflege und Nachfüllen der Ware, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Kulanz und der Gewährleistung, sowie Lagertätigkeiten. Nach den im Interessenausgleich vereinbarten Regeln habe der Kläger zur Kündigung angestanden. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz gebe es nicht. Die Stellenausschreibungen seien nur vorsorglich bzw. zu Werbezwecken erfolgt. Bei Aushändigung der Kündigung sei dem Kläger ein Arbeitsplatz für den Fall angeboten worden, dass ein von Änderungskündigung betroffener Mitarbeiter eines Marktes diese nicht oder nur unter Vorbehalt akzeptiere. Der Kläger habe das jedoch abgelehnt. Die Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden.

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei nicht sozial ungerechtfertigt, sondern durch dringende betriebliche Gründe iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Die Beklagte habe eine gestaltende unternehmerische Entscheidung dahin getroffen, die bisherige Verkaufspraxis in der im Interessenausgleich niedergelegten Weise abzuändern. Im Interessenausgleich sei auch die zwingende Vorgabe des neuen Personalbedarfs enthalten, der nach einer unter Beachtung betriebswirtschaftlicher Kriterien erstellten Prognose festgelegt worden sei. Diese im Einvernehmen mit dem Betriebsrat getroffene Entscheidung sei nicht lediglich auf Personalreduzierung gerichtet. Sie sei wirtschaftlich nachvollziehbar und weder willkürlich noch sachwidrig. Ein freier Arbeitsplatz sei bei Kündigung nicht vorhanden gewesen. Gegenteiliges folge auch nicht aus den Stellenausschreibungen, die dem Zweck gedient hätten, Vorsorge für den von der Beklagten nicht vollständig vorhersehbaren Fall zu treffen, dass die neuen Stellen nicht in ausreichendem Umfang mit den dafür vorgesehenen bisherigen Arbeitnehmern, besetzt werden konnten. Die nach den mit dem Betriebsrat vereinbarten Auswahlrichtlinien im Interessenausgleich vorgenommene Sozialauswahl sei nach dem Maßstab des § 1 Abs. 4 KSchG nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen gewesen und halte diesem Maßstab stand. Das Punkteschema und auch die Festschreibung der Altersstruktur begegneten keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit der Kläger sich darauf stütze, dass in die Auswahl ungeachtet ihrer bisherigen Tätigkeit alle Arbeitnehmer einbezogen worden seien, könne ihm dies nicht helfen, weil er mit den in der Auswahlrichtlinie angeführten Mitarbeitern nicht vergleichbar sei. Die Sozialauswahl sei nicht, wie der Kläger meine, auf alle Betriebe im Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats zu erstrecken gewesen. Die jeweilige Filiale sei die Grenze für die Sozialauswahl. Dem Betriebscharakter der Filiale entgegenstehende Anhaltspunkte seien nicht erkennbar. Der Kläger habe auch keine vergleichbaren, weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer benannt.

B. Dem stimmt der Senat im Ergebnis und im Wesentlichen auch in der Begründung zu.

I. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger sei entfallen und die Kündigung deshalb durch dringende betriebliche Erfordernisse, die der Beschäftigung des Klägers entgegenstehen, bedingt.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. ua. 7. Dezember 1978 – 2 AZR 155/77 – BAGE 31, 157; 20. Februar 1986 – 2 AZR 212/85 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37; 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61; 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 – BAGE 92, 71) entsteht das inner- oder außerbetrieblich veranlasste Erfordernis für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG in aller Regel nicht unmittelbar und allein durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktionsrückgang usf.), sondern auf Grund einer durch wirtschaftliche oder technische Entwicklungen veranlassten Entscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung). Diese Entscheidung begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein (st. Rspr. BAG 30. Mai 1985 – 2 AZR 321/84 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 24 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36, zu B II 1 der Gründe). Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist (vgl. BAG 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Ist eine derartige unternehmerische Entscheidung getroffen worden, so ist sie nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 – BAGE 92, 71). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige des Kündigungszugangs (BAG 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 550; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 1 Rn. 406). Grundsätzlich muss zu diesem Zeitpunkt der Kündigungsgrund – Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit – vorliegen. In Fällen, in denen zwar bei Zugang der Kündigung noch die Möglichkeit der Beschäftigung besteht, aber die für den künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bereits getroffen sind, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann (BAG 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – aaO). Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber ist – von Fällen der Willkür und des Missbrauchs abgesehen – frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig hält. Das dadurch beschriebene betriebliche Erfordernis berechtigt ihn zur Auflösung oder Umgestaltung der vorhandenen Arbeitsverhältnisse in eben dem Maße, in dem es zur Anpassung an die neue Organisation notwendig ist, allerdings unter Beachtung der weiteren, sich aus dem Gesetz ergebenden Maßgaben (zB Berücksichtigung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, Sozialauswahl).

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe die Arbeit in der Filiale des Klägers so umgestaltet, dass in Zukunft die bisherige Zuständigkeitsverteilung unter den Mitarbeitern – abgesehen vom Filialleiter – aufgehoben, verschiedene Tätigkeiten (insbesondere Beratung, Warenpräsentation) eingeschränkt werden und die verbleibenden Mitarbeiter für alle danach noch anfallenden Arbeiten je nach Bedarf eingesetzt werden sollten. Ein Beschäftigungsbedarf des bis dahin mit dem Kläger vereinbarten Tätigkeitszuschnitts sei damit entfallen. Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden.

a) Die unternehmerische Entscheidung betrifft im vorliegenden Fall ein Gesamtkonzept, das den Ausspruch von Beendigungs- und Änderungskündigungen umfasst. Dieses Gesamtkonzept setzt sich aus zwei gleichzeitig umgesetzten Veränderungen gegenüber der bisherigen Organisation zusammen. Zum einen wurde der bisherige Beschäftigungsbedarf reorganisiert, indem die Verteilung der anfallenden Aufgaben auf die Arbeitsplätze verändert wurde. Anstatt die Tätigkeiten wie bisher nach ihrer Art Spezialarbeitsplätzen zuzuweisen, sieht die neue Struktur die Zuständigkeit aller Arbeitnehmer für alle anfallenden Arbeiten vor (Allround-Arbeitsplätze). Außerdem – in einem zugleich mit dem ersten ins Werk gesetzten zweiten Schritt – hat die Beklagte eine Reduzierung der für die betrieblichen Aufgaben zur Verfügung gestellten Arbeitskapazität vorgenommen und vorgesehen, dass in Zukunft allein noch in dem Umfang die bisherigen Tätigkeiten ausgeführt werden, in dem die von der Beklagten festgelegte personelle Kapazität dies ermöglicht. Ein derartiges Gesamtkonzept ist als solches grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es nimmt an der nur auf Missbrauch beschränkten gerichtlichen Kontrolle teil. Weder kann dem Arbeitgeber vorgehalten werden, er müsse die verbliebene Arbeit auf alle Arbeitnehmer verteilen und deshalb allen Arbeitnehmern gegenüber Änderungskündigungen aussprechen, noch verlangt das Gesetz, dass der Arbeitgeber seine Reorganisation so gestaltet, dass er zunächst nach den Grundsätzen der Sozialauswahl die schutzwürdigsten Arbeitnehmer ermittelt, und die Reorganisation alsdann dem nach sozialen Gesichtspunkten verbleibenden Arbeitskräftepotential anpasst. Vielmehr bildet nach dem Gesetz – gerade umgekehrt – das betriebliche Bedürfnis die Grundlage für die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit und diese ihrerseits die Grundlage für die vorzunehmende soziale Auswahl.

b) Entgegen der Auffassung der Revision kann auch aus dem Umstand, dass die von der Beklagten im Zusammenhang mit den Kündigungen gegenüber einer Reihe von Arbeitnehmern ausgesprochenen Änderungsangebote der Sache nach sozial ungerechtfertigt iSd. §§ 1, 2 KSchG waren (vgl. BAG 23. Juni 2005 – 2 AZR 7/05 –), nicht geschlossen werden, die unternehmerische Reorganisationsentscheidung sei offenbar unsachlich, willkürlich oder missbräuchlich. Denn die Sozialwidrigkeit der Änderungskündigungen ergab sich nicht aus einer negativen Bewertung des unternehmerischen Konzepts, sondern daraus, dass die Beklagte sich nicht darauf beschränkt hat, diejenigen Änderungsvorschläge zu unterbreiten, die zur Umsetzung dieses Konzepts notwendig waren.

c) Die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe außer Acht gelassen, dass der Vortrag der Beklagten zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bereits nicht ausreichend gewesen sei.

aa) Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte keine konkreten Angaben zur jetzigen konkreten Aufgabenverteilung gemacht habe, insbesondere nicht dargelegt habe, inwiefern nunmehr noch genau zwölf Arbeitnehmer benötigt würden.

bb) Diese Rüge hat keinen Erfolg.

(1) Soweit damit die tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts angegriffen werden soll, ist die Rüge jedenfalls unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Parteien ersichtlich vollständig zur Kenntnis genommen und widerspruchsfrei gewürdigt. Es hat sich auf den in der Vereinbarung vom 13. Februar 2003 festgelegten Katalog von Maßnahmen bezogen, die alle das Ziel verfolgen, eben die von der Beklagten beschriebene Reorganisation betrieblich umzusetzen. Dort ist auch niedergelegt, dass die von der Beklagten getroffene Entscheidung spätestens am 13. Februar 2003 vollständig und von den zu ihrer Durchsetzung berufenen Personen getroffen war. Dass derart einschneidende und konkret festgelegte rechtliche und tatsächliche Schritte in Gestalt einer detaillierten Betriebsvereinbarung als “greifbare Formen” einer beabsichtigten Reorganisation anzusehen sind – der im Übrigen auch unstreitig “Taten”, nämlich Beendigungskündigungen, Änderungskündigungen und Umbaumaßnahmen gefolgt sind –, kann nicht mit Aussicht auf Erfolg in Abrede gestellt werden.

(2) Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine unternehmerische Organisationsentscheidung nicht nur in einer (Um-)Gestaltung der Arbeitsabläufe, sondern auch darin liegen, festzulegen, mit welcher Stärke der Belegschaft des Betriebs zukünftig das Unternehmensziel erreicht werden soll bzw. welche Kapazität an einzusetzenden Arbeitskräften und ihrer Arbeitszeit vorgehalten werden muss (Senat 2. Juni 2005 – 2 AZR 480/04 – DB 2006, 110, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Erschöpft sich eine solche Reorganisationsentscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so rückt sie nahe an den Kündigungsentschluss heran. Da die Kündigungsentscheidung selbst nach dem Gesetz nicht frei, sondern an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit (“Dauer”) verdeutlichen, damit das Gericht prüfen kann, ob sie im Sinne der oben gekennzeichneten Rechtsprechung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also missbräuchlich ausgesprochen worden ist (BAG 17. Juni 1999 – 2 AZR 522/98 – BAGE 92, 61). Dass der Arbeitgeber zur organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit der unternehmerischen Entscheidung vortragen muss, ist weder Selbstzweck noch darf es dazu dienen, dass die Gerichte in die betrieblichen Organisationsabläufe eingreifen. Der Sinn besteht darin, einen Missbrauch des Kündigungsrechts auszuschließen. Vermieden werden sollen betriebsbedingte Kündigungen, die zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führen (Rost in Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83). Vermieden werden soll außerdem, dass die unternehmerische Entscheidung lediglich als Vorwand benutzt wird, um Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeit fortbestehen und lediglich die Arbeitsvertragsinhalte und die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen als zu belastend angesehen werden (BAG 26. September 2002 – 2 AZR 636/01 – BAGE 103, 31).

(3) Die Beklagte hat außerbetriebliche Ursachen, nämlich die erheblichen Verluste in den Jahren 2001 und 2002 zum Anlass für die Personalreduzierung und die gleichzeitig vorgenommene Reorganisation genommen. Diese Entscheidung ist nicht offenkundig unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. Die Beklagte hat ihre Entscheidung hinsichtlich der organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit hinreichend dargelegt. Für eine missbräuchliche Ausübung des Kündigungsrechts sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

(4) Es ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, welchen Schlüssel zur Berechnung des Personalbedarfs der Arbeitgeber zugrunde legt. Die Beantwortung dieser Frage fällt in den Bereich der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers. Dass die Beklagte einen willkürlich gegriffenen Personalbedarfsschlüssel angewandt hätte oder dass bei dem von der Beklagten geplanten reduzierten Service mehr als die vorgesehenen Arbeitskräfte gebraucht würden, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die Beklagte Ersatzarbeitskräfte eingestellt hätte oder eine Überforderung der verbliebenen Arbeitnehmer vorläge. Der Kläger trägt nicht vor, die jetzt noch im Betrieb eingesetzten Arbeitnehmer seien nicht in der Lage, das verbliebene Arbeitspensum zu bewältigen. Abgesehen davon hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, das geänderte Konzept der Beklagten sei inzwischen umgesetzt worden (vgl. zur Berücksichtigung von Tatsachen, durch die die Prognose des Beschäftigungswegfalls bestätigt wird: BAG 27. November 2003 – 2 AZR 48/03 – BAGE 109, 40).

cc) Die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte nicht im Einzelnen dargelegt habe, wie die verbleibende Arbeit auf die verbliebenen Beschäftigten aufgeteilt sei und dass der bisherige Tätigkeitsbereich des Klägers auch unter Berücksichtigung des erweiterten Direktionsrechts entfallen sei.

dd) Die Rüge kann im Rahmen der Prüfung der Betriebsbedingtheit der Kündigung keinen Erfolg haben. Der Kläger übersieht bei seiner Rüge, dass die Beklagte nicht lediglich den Beschäftigungsbedarf inhaltlich verändert, sondern auch sein Volumen verringert und alle Arbeitsverhältnisse – mit Ausnahme desjenigen des Filialleiters – gekündigt hat. Die Frage, welche Arbeitnehmer zu geänderten Bedingungen weiterbeschäftigt werden, ist nach dem zweistufigen, jedoch in einem Zug verwirklichten Konzept der Beklagten eine Frage der sozialen Auswahl, nicht jedoch der Betriebsbedingtheit. Nach dem Konzept der Beklagten bestand für keinen Arbeitnehmer eine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung zu den bisherigen und für die verbliebenen Arbeitnehmer zu veränderten Bedingungen. Davon waren alle Arbeitsverhältnisse berührt. Welche Arbeitnehmer die Beklagte zu geänderten Arbeitsbedingungen weiter beschäftigen kann, ist für die Betriebsbedingtheit der Kündigung nicht maßgeblich.

d) Nicht zu folgen vermag der Senat der Revision auch insoweit, als sie meint, die Beklagte habe ihre Reorganisationsmaßnahme in zeitlichen Stufen dergestalt vornehmen müssen, dass sie zunächst die Änderungskündigungen aussprach, alsdann abwartete, wie die hiervon betroffenen Arbeitnehmer reagieren würden, nunmehr die etwa abgelehnten Arbeitsplätze den nach dem ursprünglichen Konzept zur Beendigungskündigung vorgesehenen Arbeitnehmern anbot und erst danach die dann noch notwendigen Beendigungskündigungen aussprach. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu einem solchen abgestuften Vorgehen folgt weder aus dem Gesetz noch könnte sie die erwünschte Klarheit alsbald herstellen. Verbindliche Erklärungen der betroffenen Arbeitnehmer zu Änderungsangeboten kann die Beklagte außerhalb des Verfahrens nach § 2 KSchG nicht erzwingen (vgl. BAG 21. April 2005 – 2 AZR 132/04 – BB 2005, 2691, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Der Ausgang etwaiger Prozesse ist nicht sicher vorhersehbar. Die rechtlichen Rahmendaten der Auswahlentscheidung (Sozialdaten, Sonderkündigungsschutz) können sich im Übrigen während der Zeit des vom Berufungsgericht verlangten Zuwartens ändern (vgl. BAG 21. April 2005 – 2 AZR 241/04 – BB 2005, 2471, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Soll eine Vielzahl von Kündigungsentscheidungen, die auf Grund eines auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogenen Konzepts erfolgen, verlässlich überprüfbar sein, muss die rechtliche Überprüfung auch auf einen bestimmten einheitlichen Zeitpunkt bezogen werden. Das ist der vom Arbeitgeber bis zur Grenze der Willkür frei zu bestimmende Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Andernfalls entstünde wegen unterschiedlicher zeitlicher Bezugspunkte eine unbeherrschbare Inkohärenz der für die Kündigungsentscheidung maßgeblichen Grunddaten.

3. Nicht zu beanstanden ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung seien keine anderweitigen Arbeitsplätze frei gewesen, die die Beklagte dem Kläger gegebenenfalls durch Ausspruch einer Änderungskündigung hätte anbieten müssen.

a) Dringende betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes geführt haben, sind nur dann zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung geeignet, wenn keine Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung besteht (st. Rspr. BAG 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61; 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – AP BGB § 626 Nr. 148 = EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 3; 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 104; 15. August 2002 – 2 AZR 195/01 – BAGE 102, 197). Im Kündigungsschutzprozess gilt insoweit eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast: Der Arbeitgeber genügt zunächst seiner Darlegungslast, wenn er allgemein vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Auf nähere Darlegungen des Arbeitnehmers, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber dann eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei (st. Rspr. vgl. BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – BAGE 42, 151; 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – aaO; 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – aaO). Dabei genügt es für die Darlegungen des Arbeitnehmers, wenn er angibt, welche Art der Beschäftigung gemeint ist (vgl. BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – aaO; ebenso für eine personenbedingte Kündigung: 5. August 1976 – 3 AZR 110/75 – AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 2). Der Arbeitnehmer muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen (BAG 6. November 1997 – 2 AZR 253/97 – NZA 1998, 833; 15. August 2002 – 2 AZR 195/01 – BAGE 102, 197).

b) Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend und ohne, dass die Revision insoweit eine zulässige Verfahrensrüge erhoben hätte, festgestellt, dass freie Arbeitsplätze bei Zugang der Kündigung nicht vorhanden waren. Danach dienten die verschiedenen Stellenausschreibungen der Beklagten im April 2003 lediglich dazu, solche Vakanzen auffüllen zu können, die sich etwa aus ablehnenden Reaktionen der bisher beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich der “Nachrücker” auf Änderungsangebote ergeben würden. Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht der Beklagten das Recht zugebilligt, das von ihr erstrebte Personalkonzept zu einem bestimmten Zeitpunkt insgesamt durch Ausspruch der erforderlichen Beendigungskündigungen und Änderungskündigungen durchzusetzen. Wenn die Beklagte zur Abstützung dieses Konzepts Vorsorge für den Fall traf, dass Änderungsangebote nicht in dem erforderlichen Maß angenommen würden, so wird dadurch das Konzept nicht in Frage gestellt, sondern der Unsicherheit jedweder Planung in vernünftiger Weise Rechnung getragen.

c) Richtig ist, dass die Beklagte im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht durch ihren Prozessbevollmächtigten erklärt hatte, dem Kläger sei bei Aushändigung der Kündigung die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz angeboten worden, von dem damals bereits festgestanden habe, dass er – wegen Ablehnung eines Änderungsangebotes durch einen anderen Arbeitnehmer – frei sei. Die Beklagte hat diese Behauptung später auf einen Informationsirrtum zurückgeführt und vorgetragen, dem Kläger sei die Beschäftigung nur für den – noch nicht sicher feststehenden – Fall in Aussicht gestellt worden, dass ein Änderungsangebot durch einen anderen Arbeitnehmer abgelehnt würde. Es ist – entgegen der Auffassung des Klägers – revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht seiner Würdigung diese letzte Darstellung der Beklagten zugrunde gelegt hat. Der Kläger hat nämlich seinerseits von Anfang an bestritten, dass ihm ein freier Arbeitsplatz angeboten worden sei und gerade im Gegenteil vorgetragen, das Angebot habe sich nur auf ein eventuell mögliches Nachrücken bezogen. Damit durfte das Landesarbeitsgericht davon ausgehen, dass diese – mit dem letzten Vorbringen der Beklagten übereinstimmende – Darstellung unstreitig war.

4. Soweit die Revision geltend macht, der von der Beklagten mit dem Betriebsrat abgeschlossene Interessenausgleich sei unwirksam, hat er keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich dieser rechtliche Schluss ableiten ließe. Die pauschale Bemerkung, der Betriebsrat sei überrumpelt oder genötigt worden, reicht hierzu nicht aus. Soweit das Vorbringen des Klägers einer rechtlichen Einordnung zugänglich ist, wäre allenfalls an die Geltendmachung von Willensmängeln (Drohung) zu denken. Hierzu wäre allerdings allein der Betriebsrat berechtigt, der aber – offenbar nach anfänglichem Zögern – selbst von dem wirksamen Zustandekommen der Vereinbarung vom 13. Februar 2003 ausgeht.

II. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam. Die Beklagte hat bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt.

1. Unabhängig davon, dass der Kläger nicht der ihm obliegenden prozessualen Last nachgekommen ist, Namen vergleichbarer und sozial weniger schützenswerter Arbeitnehmer zu benennen, denen gegenüber keine Beendigungskündigungen ausgesprochen wurden, ist die Sozialauswahl auch der Sache nach nicht zu beanstanden. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Sozialauswahl durchzuführen. Die soziale Auswahl ist grundsätzlich auf alle vergleichbaren Arbeitnehmer eines Betriebes zu erstrecken. Im Unterschied zu der Möglichkeit der anderweitigen Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber, die nach § 1 Abs. 2 KSchG auch unternehmensbezogen ausgestaltet ist, fehlt es an einer entsprechenden Regelung für den Bereich der sozialen Auswahl. Auf Grund dieser gesetzlichen Wertung ist für den Bereich der sozialen Auswahl von der grundsätzlichen Betriebsbezogenheit des individuellen Kündigungsschutzes auszugehen (st. Rspr. vgl. BAG 22. Mai 1986 – 2 AZR 612/85 -AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 4 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 22 mwN; 28. Oktober 2004 – 8 AZR 391/03 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 69 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 456, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

2. Die Sozialauswahl war nicht auf alle Arbeitnehmer im Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats zu erstrecken, sondern auf die Filiale des Klägers zu begrenzen. Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Parteien zu Recht dahingehend gewürdigt, dass es sich bei der Filiale des Klägers um einen Betrieb handelt.

a) Nach der allgemein üblichen Definition ist der Betrieb die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt (BAG 29. Januar 1987 – 6 ABR 23/85 – AP BetrVG 1972 § 1 Nr. 6 = EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 5; 15. März 2001 – 2 AZR 151/00 – EzA KSchG § 23 Nr. 23; 3. Juni 2004 – 2 AZR 386/03 – AP KSchG 1969 § 23 Nr. 33 = EzA KSchG § 23 Nr. 27; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 23 Rn. 5; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 133). Von Betrieben zu unterscheiden sind Betriebsteile, die gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch unselbständig sind und eine Teilfunktion von dessen arbeitstechnischem Zweck wahrnehmen. Betriebsteile zeichnen sich dadurch aus, dass sie über einen eigenen Arbeitnehmerstamm, eigene technische Hilfsmittel und eine durch die räumliche und funktionale Abgrenzung vom übrigen Betrieb bedingte relative Selbständigkeit verfügen. Andererseits fehlt ihnen aber ein Leitungsapparat, um insbesondere in personellen oder sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbständig treffen zu können (vgl. BAG 21. Juni 1995 – 2 AZR 693/94 – AP BetrVG 1972 § 1 Nr. 16 = EzA KSchG § 23 Nr. 14).

b) Von dieser Rechtsprechung ist offenkundig auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat sie zutreffend angewandt. Dass die Filiale einen eigenen arbeitstechnischen Zweck, nämlich den Verkauf von Elektroartikeln, verfolgte, ist unstreitig. Die von der Beklagten im Einzelnen dargelegte Steuerung der Filiale durch den Filialleiter, insbesondere auch in personeller Hinsicht, ist vom Kläger nicht bestritten worden. Auch mit der Revision macht der Kläger lediglich geltend, die Darlegungen seien nicht ausreichend. Das trifft jedoch nicht zu. Der Filialleiter war für Einstellungen und Entlassungen, Schichtpläne und Urlaubsgewährungen zuständig. Dass die förmliche Umsetzung von Einstellungen und Entlassungen in der Zentrale vorgenommen wurde, ändert nichts daran, weil nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten die materielle Entscheidung durch den Filialleiter getroffen wurde, er also “das Sagen”, wenn auch nicht “das Unterschreiben” hatte.

c) Nichts Anderes ergibt sich daraus, dass die Filialen im Raum Süd/Südwest der Beklagten einen gemeinsamen Betriebsrat – offenbar nach § 3 Abs. 1 Nr. 1a) BetrVG – gebildet hatten. Die Zusammenfassung von Betrieben nach dieser Vorschrift erfolgt jedoch lediglich zur Erleichterung der Bildung von Betriebsräten oder zur sachgerechten Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen durch den Betriebsrat. Sie ändert an der Zuordnung der einzelnen Arbeitnehmer zu den jeweiligen Beschäftigungsbetrieben nichts. Wie der Gesetzestext zeigt, der die Bildung eines solchen gemeinsamen Betriebsrates in Unternehmen mit “mehreren Betrieben” ermöglicht, ist das Vorhandensein mehrerer Betriebe sogar Voraussetzung für die Wahl des gemeinschaftlichen Betriebsrates (vgl. Fitting BetrVG 22. Aufl. Rn. 29 zu § 3 BetrVG; HWK/Gaul § 3 BetrVG Rn. 3 mwN). Außerdem regelt § 3 Abs. 5 Satz 1 BetrVG ausdrücklich, dass die Organisationseinheiten, für die Betriebsräte nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG gewählt werden, nur als Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten (ErfK-Eisemann 5. Aufl. § 3 BetrVG Rn. 12; HWK/Gaul § 3 BetrVG Rn. 3 mwN).

d) Nicht zielführend sind die Ausführungen der Revision, soweit sie geltend macht, der Betriebsrat sei nicht nach § 3 BetrVG gebildet worden. Selbst wenn die Betriebspartner – aus welchen, nicht mit § 3 BetrVG zusammenhängenden Gründen immer – davon ausgegangen sein sollten, für alle Filialen im Raum Süd-Südwest sei ein einheitlicher Betriebsrat zu wählen, führt dies nicht zu einer Änderung des kündigungsrechtlichen Bezugsrahmens für die Frage der Sozialauswahl. Dementsprechend hat der Senat ausgesprochen, dass – umgekehrt zum hier vorliegenden Fall – eine mögliche betriebsverfassungsrechtliche Eigenständigkeit einzelner Betriebsteile einer betriebsteilübergreifenden Sozialauswahl nicht im Wege steht (BAG 21. Juni 1995 – 2 AZR 693/94 – AP BetrVG 1972 § 1 Nr. 16 = EzA KSchG § 23 Nr. 14; 3. Juni 2004 – 2 AZR 577/03 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55).

e) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Beklagte alle Arbeitnehmer in die Auswahl einbezogen hat, also auch solche, die hinsichtlich ihrer bisher ausgeübten Tätigkeit nicht miteinander vergleichbar waren. Wie oben bereits ausgeführt, unterscheidet sich die hier gegebene betriebliche Situation von der üblichen dadurch, dass von den bisher beschäftigten Arbeitnehmern keiner ohne Vertragsänderung auf einem der nun noch vorhandenen Arbeitsplätze eingesetzt werden konnte. Die neuen Arbeitsplätze enthalten allerdings in ihrem Anforderungsprofil Elemente aller bisherigen Arbeitsplätze. Indes kommt es für die Sozialauswahl entscheidend darauf an, ob der betreffende Arbeitnehmer für den verbleibenden Arbeitsplatz geeignet ist. Das ist hier bei allen Arbeitnehmern der Fall. Es kommt auch nicht zu einer vertikalen Verdrängung, da nicht die bisherige Qualifikation, sondern allein die Eignung für den neuen Arbeitsplatz und die sozialen Gesichtspunkte die Auswahl beeinflussen.

3. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsurteil verletze § 102 BetrVG. Der Betriebsrat sei deshalb nicht ordnungsgemäß angehört worden, weil die Beklagte gegenüber dem Betriebsrat den Kreis der in die Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer unzutreffend benannt habe. Insbesondere habe die Beklagte nicht die Sozialdaten derjenigen Arbeitnehmer mitgeteilt, die in anderen Filialen gearbeitet hätten.

a) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die Gründe mitzuteilen, die nach seiner Auffassung die Kündigung rechtfertigen (Senat 29. März 1984 – 2 AZR 429/83 (A) – BAGE 45, 277 = AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 31, mit Anm. v. Hoyningen-Huene; siehe auch Bitter NZA Beilage 3/1991 S. 16 f., 20; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 1 Rn. 488 ff.; KR-Etzel 7. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 62). Es gilt der Grundsatz der sog. “subjektiven Determination”, demzufolge der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört worden ist, wenn der Arbeitgeber ihm die aus seiner Sicht tragenden Umstände so umschrieben hat, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen ihre Stichhaltigkeit prüfen und sich über seine Stellungnahme schlüssig werden kann (st. Rspr., vgl. BAG 17. Juni 2003 – 2 AZR 134/02 – AP BGB § 613a Nr. 216 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 15; 6. Februar 1997 – 2 AZR 265/96 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 85 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 96; 15. November 1995 – 2 AZR 974/94 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 73 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 89 jeweils mwN).

b) Diesen Anforderungen wird die Betriebsratsanhörung im vorliegenden Fall ersichtlich gerecht. Die Beklagte hat dem Betriebsrat den Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer nach ihrer Sicht der Dinge zutreffend mitgeteilt.

C. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

 

Unterschriften

Rost, Bröhl, Schmitz-Scholemann, Heise, Pitsch

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1511276

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