Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Betriebsratsanhörung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs 1 BetrVG bedarf auch dann nicht der Schriftform bzw der Übergabe vorhandener schriftlicher Unterlagen, wenn der Kündigungssachverhalt ungewöhnlich komplex ist.

2. Im Kündigungsschutzprozeß sind auch solche Tatsachen verwertbar, die der Arbeitgeber dem Betriebsrat im Anhörungsverfahren erst auf Nachfrage mitteilt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber vor der Kündigung nochmals die Frist des § 102 Abs 2 BetrVG bzw die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats abwartet.

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 22.01.1996; Aktenzeichen 11 Sa 1870/94)

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.10.1994; Aktenzeichen 14 Ca 2534/93)

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde aufgrund eines schriftlichen Anstellungsvertrages vom 30. November 1979 ab 1. Dezember 1979 als Ärztin in der Pharmaforschung der C AG, die inzwischen von der Beklagten übernommen wurde, eingestellt. Sie war zunächst in der medizinischen Abteilung mit Probandenuntersuchungen im Rahmen der Entwicklungsprojekte (Phase 1) beschäftigt. Da die C AG zum Ende des Jahres 1990 diese Tätigkeit einstellte, wurde die Klägerin seitdem in einer der Arzneimittelsicherheit (AMS) dienenden Arbeitsgruppe mit der Erfassung, Dokumentation und Bewertung von Arzneimittelnebenwirkungen zur Vorbereitung der Zulassung neu entwickelter Pharmazeutika auf den nationalen und den internationalen Märkten eingesetzt. Ihre unmittelbare Vorgesetzte war eine 35jährige promovierte Biologin, die Zeugin Dr. He . Wesentliche Aufgabe der Klägerin war es, nach Maßgabe von sogenannten Standard Operation Procedures (SOP) und unter Berücksichtigung weiterer einschlägiger Vorschriften die in Patientenblättern erhobenen Daten in eine Datenbank einzugeben. Sinn der Tätigkeit der Klägerin war es, sogenannte Adverse Events (AE) bei der Erprobung neu zu entwickelnder Medikamente an Patienten festzuhalten und aus medizinischer Sicht den etwaigen Zusammenhang solcher AE mit der Verabreichung der Testsubstanz zu kommentieren.

Am 31. Mai 1992 richtete die Zeugin Dr. He ein Schreiben an die Klägerin, in dem sie verschiedene Verfehlungen der Klägerin bei ihrer Arbeitsleistung rügte. Zu diesem Schreiben nahm die Klägerin schriftlich am 4. Juni 1992 - fälschlich unter dem Datum 4. Mai 1992 - im einzelnen Stellung. Am 5. Juni 1992 richtete die C AG ein Schreiben an die Klägerin, mit der sie das Arbeitsverhalten der Klägerin rügte und ankündigte, im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung zu ziehen.

Nachdem die Zeugen S und F in der wöchentlichen Sitzung der Personalkommission des bei der C AG gebildeten Betriebsrats vom 16. März 1993 mündlich über die zum 31. Dezember 1993 beabsichtigte fristgemäße verhaltensbedingte Kündigung der Klägerin berichtet hatten, händigte der damalige Personalleiter der C AG, der Zeuge S , am 17. März 1993 dem Betriebsratsvorsitzenden, dem Zeugen H , ein Anhörungsschreiben der Cassella AG vom selben Tag aus. Dem Anhörungsschreiben waren beigefügt eine Kopie des Schreibens der Zeugin Dr. He vom 31. Mai 1992, eine Kopie des Abmahnungsschreibens der C AG vom 5. Juni 1992, Kopien von zwei der genannten Patientenblätter, zwei Kopien von Ausdrucken der von der Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit eingegebenen Daten in die genannte Datenbank, eines zeitlich vor und eines zeitlich nach dem Schreiben der C AG vom 5. Juni 1992, sowie schließlich ein Schreiben der Zeugin Dr. He an die Personalabteilung der C AG vom 12. März 1993, in dem die Zeugin die Einstellung der Zusammenarbeit mit der Klägerin mitgeteilt und dies mit weiterem Fehlverhalten und Leistungsmängeln der Klägerin begründet hatte.

In den folgenden Tagen bis zum 29. März 1993 kam es zu mehreren Gesprächen zwischen dem Zeugen S und dem Betriebsratsvorsitzenden H , u.a. auch wegen der beabsichtigten Kündigung der Klägerin. Bei einem dieser Gespräche erhielt der Zeuge H Einblick in das Schreiben der Klägerin vom 4. Juni 1992, mit dem diese auf das Schreiben der Zeugin Dr. He vom 31. Mai 1992 erwidert hatte.

Nachdem die C AG die Anhörungsfrist für den bei ihr gebildeten Betriebsrat bis zum 26. März 1993 verlängert hatte, fand an diesem Tag eine Betriebsratssitzung statt, auf deren Tagesordnung u.a. auch die beabsichtigte Kündigung der Klägerin stand. Wegen der Schwierigkeit der Angelegenheit beschloß der Betriebsrat diesbezüglich eine Sondersitzung für den 29. März 1993, wobei sich die C AG bereit fand, die Anhörungsfrist ein weiteres Mal bis zu diesem Tag zu erstrecken. In der genannten Sitzung vom 29. März 1993 hörte der Betriebsrat sowohl die Klägerin als auch von Arbeitgeberseite Frau Dr. He und Herrn Fa an. Ergebnis der Beratungen war, daß der Betriebsrat der Beklagten mündlich Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung der Klägerin vortrug. Am selben Tag wurde der Klägerin anschließend die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 29. März 1993 zum 31. Dezember 1993 ausgehändigt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die ihr erteilte Abmahnung vom 5. Juni 1992 sei ungerechtfertigt, somit rechtsunwirksam und deshalb aus der Personalakte zu entfernen und zu vernichten. Ebenfalls rechtsunwirksam, so die Ansicht der Klägerin, sei die Kündigung vom 29. März 1993; diese sei mangels verhaltensbedingter Gründe sozial ungerechtfertigt. Auch sei der Betriebsrat zuvor nicht ordnungsgemäß angehört worden, weil ihm die angeblichen Fehlleistungen nach Dimension und Inhalt nicht hinreichend geschildert worden seien.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom

5. Juni 1992 aus der Personalakte zu entfernen

und zu vernichten,

2. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwi-

schen den Parteien durch die Kündigung der Be-

klagten vom 29. März 1993 nicht aufgelöst wor-

den ist, sondern auf unbestimmte Zeit fortbe-

steht,

3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis

zum Ende der Kündigungsfrist vertragsgemäß zu

beschäftigen.

Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Berechtigung ihrer Abmahnung vom 5. Juni 1992 verteidigt und behauptet, die Klägerin habe sich auch nach dieser Abmahnung entsprechende Fehlleistungen zuschulden kommen lassen. Aufgrund dessen hat sie die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Auch der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Am 29. März 1993 hätten ihn die Zeugin Dr. He und der Zeuge Fa noch einmal mündlich ausführlich und unter Vorlage von Unterlagen über die Kündigungsgründe unterrichtet. Auch hinsichtlich des quantitativen Umfangs der Fehlleistungen der Klägerin und über die möglichen Konsequenzen, nämlich Schäden in Millionenhöhe, sei der Betriebsrat ausreichend informiert worden. Die schriftliche Stellungnahme der Klägerin zu dem Schreiben der Zeugin Dr. He vom 31. Mai 1992 sei dem Betriebsratsvorsitzenden H anläßlich des Anhörungsverfahrens ebenfalls zur Kenntnis gebracht worden.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Beklagte zur Entfernung der Abmahnung vom 5. Juni 1992 aus der Personalakte verurteilt, im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Das Landesarbeitsgericht hat durch Teilurteil die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Wirksamkeit der streitigen Kündigung scheitert nicht an einer unzureichenden Anhörung des Betriebsrats (§ 102 Abs. 1 BetrVG).

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, vor der streitigen Kündigung sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden, weil die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Schreiben der Klägerin vom 4. Juni 1992, welches detailliertes Gegenvorbringen der Klägerin zu den von der Zeugin Dr. He monierten Fehlleistungen beinhaltet habe, nicht von sich aus zum Gegenstand der Anhörung gemacht habe, wobei es nicht darauf ankommen könne, ob die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Einwendungen der Klägerin in dem genannten Schreiben für stichhaltig erachtet habe. Mit dem Schreiben vom 17. März 1993 sei für die Anhörung des Betriebsrats bewußt die Schriftform gewählt worden. Deshalb hätte das genannte Schreiben der Klägerin den dem Betriebsrat übermittelten Unterlagen, zu denen auch das Schreiben der Zeugin Dr. He vom 31. Mai 1992 gehörte, beigefügt werden müssen, was die Rechtsvorgängerin der Beklagten bewußt unterlassen habe. Im übrigen habe die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Betriebsrat über den Inhalt des Schreibens der Klägerin vom 4. Juni 1992 auch mündlich nicht informiert. Wenn der Betriebsratsvorsitzende dieses Schreiben aus eigenem Antrieb eingesehen habe, so könne dies das Versäumnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht heilen; der Arbeitgeber müsse den Betriebsrat von sich aus so umfassend informieren, daß dieser sich seine Meinung ohne eigene Nachforschungen bilden und über seine Stellungnahme schlüssig werden könne, was vorliegend seitens der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht gewährleistet gewesen sei.

II. Dem folgt der Senat im Ergebnis nicht.

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, daß auch eine nicht ausreichende Unterrichtung des Betriebsrats über die Kündigungsgründe bzw. eine bewußte Irreführung des Betriebsrats die Unwirksamkeit einer Kündigung begründet (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile vom 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 - BAGE 78, 39 = AP Nr. 68 zu § 102 BetrVG 1972 und vom 9. März 1995 - 2 AZR 461/94 - NZA 1995, 678, jeweils m.w.N.).

Allerdings sind an die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren nicht dieselben Anforderungen zu stellen, wie an die Darlegungslast im Kündigungsschutzprozeß. Es gilt der Grundsatz der sogenannten "subjektiven Determination", demzufolge der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört worden ist, wenn der Arbeitgeber ihm die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (vgl. Senatsurteil vom 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 -, aaO, m.w.N.). Der Arbeitgeber hat die von ihm für maßgeblich erachteten Kündigungsgründe bei der Anhörung so zu umschreiben, daß der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen und sich über seine Stellungnahme schlüssig werden kann (Senatsurteile vom 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 -, aaO und vom 15. November 1995 - 2 AZR 974/94 - AP Nr. 73 zu § 102 BetrVG 1972, jeweils m.w.N.). Dabei gehört zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information des Betriebsrats auch die Unterrichtung über dem Arbeitgeber bekannte und von ihm als für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsam erkannte Tatsachen, die den Arbeitnehmer entlasten und gegen den Ausspruch einer Kündigung sprechen (vgl. Senatsurteil vom 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 - aaO, m.w.N.).

2. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt führt zu dem Ergebnis, daß die Anhörung des Betriebsrats durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden ist.

a) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts war die Rechtsvorgängerin der Beklagten für die dem Betriebsrat über die Kündigungsgründe zu erteilenden Informationen und Entlastungstatsachen nicht auf schriftliche Unterlagen beschränkt. § 102 Abs. 1 BetrVG enthält für das Anhörungsverfahren keine Formvorschrift. Abgesehen davon, daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Anhörung nicht erst mit dem Schreiben vom 17. März 1993, sondern bereits am 16. März 1993 durch mündliche Unterrichtung der Personalkommission eingeleitet hat, folgt weder aus der vom Arbeitgeber gewählten schriftlichen Form der Anhörungseinleitung noch aus der Komplexität des Kündigungssachverhalts eine Verpflichtung des Arbeitgebers, sich auf schriftliche Informationen zu beschränken oder gar vorhandene schriftliche Unterlagen dem Betriebsrat auszuhändigen (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1995 - 2 AZR 386/94 - AP Nr. 69 zu § 102 BetrVG 1972, m.w.N.).

b) Es ist schon zweifelhaft, ob die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Betriebsrat über die im Schreiben der Klägerin vom 4. Juni 1992 erhobenen Einwendungen gegen die Vorwürfe ihrer Vorgesetzten Dr. He dem Inhalt nach unterrichten mußte (vgl. Senatsurteil vom 31. August 1989 - 2 AZR 453/88 - AP Nr. 1 zu § 77 LPVG Schleswig-Holstein, zu II 2 der Gründe). Diese Einwendungen sind nämlich ihrem Inhalt nach keine feststehenden Tatsachen, sondern zunächst lediglich Behauptungen und Meinungen der Klägerin. Daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten diese als unzutreffend ansah, ergibt sich aus dem Abmahnungsschreiben vom 5. Juni 1992. Eine feststehende Tatsache ist lediglich, daß die Klägerin die Einwendungen erhoben hat. Hierüber wurde der Betriebsrat jedoch nach Angaben der Beklagten unterrichtet.

Selbst wenn aber dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen wäre, für eine ordnungsgemäße Anhörung hätte der Betriebsrat über den Inhalt des Schreibens der Klägerin vom 4. Juni 1992 in Kenntnis gesetzt werden müssen, ergäbe sich vorliegend aus § 102 Abs. 1 BetrVG keine Unwirksamkeit der streitigen Kündigung.

c) Vor Ausspruch der Kündigung kann der Arbeitgeber seine Informationen gegenüber dem Betriebsrat jederzeit ergänzen. Nachträgliche Informationen können allerdings dazu führen, daß insoweit die Frist für die Stellungnahme des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 2 BetrVG neu zu laufen beginnt (vgl. BAG Urteil vom 3. April 1987 - 7 AZR 66/86 - RzK III 1 d Nr. 3, zu III der Gründe; KR-Etzel, 4. Aufl., § 102 BetrVG Rz 111 a).

Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist für eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats nicht zu verlangen und von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch nicht verlangt worden, daß der Arbeitgeber im Anhörungsverfahren alle notwendigen Informationen aus eigenem Antrieb erteilt. Auch Informationen, die der Betriebsrat im Zuge der Anhörung vom Arbeitgeber auf Nachfrage erhält, sind Gegenstand der Anhörung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG (vgl. BAG Urteil vom 3. April 1987 - 7 AZR 66/86 -, aaO; KR-Etzel, aaO) und können dann ggf. im Kündigungsschutzprozeß zugunsten des Arbeitgebers berücksichtigt werden. Lediglich Informationen, die sich der Betriebsrat nach der Unterrichtung durch den Arbeitgeber anderweitig selbst beschafft, heilen eine unzureichende Unterrichtung seitens des Arbeitgebers nicht (vgl. BAGE 44, 201, 208 = AP Nr. 29 zu § 102 BetrVG 1972, zu A I 2 d der Gründe; Urteil vom 27. Juni 1985 - 2 AZR 412/84 - BAGE 49, 136 = AP Nr. 37 zu § 102 BetrVG 1972).

Vorliegend hat der für die Entgegennahme von Informationen gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zuständige Betriebsratsvorsitzende seitens der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Zuge des Anhörungsverfahrens Einsicht in das Schreiben der Klägerin vom 4. Juni 1992 erhalten. Falls also zur Vollständigkeit der Unterrichtung des Betriebsrats gehörte, daß dieser von seiten des Arbeitgebers über den Inhalt des Schreibens der Klägerin in Kenntnis gesetzt wurde, war nunmehr diese Voraussetzung erfüllt. Ob der Betriebsratsvorsitzende den Inhalt des Schreibens dem Betriebsrat vollständig vortrug oder nicht, ist für die Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratsanhörung ohne Bedeutung (vgl. KR-Etzel, aaO, Rz 115, m.w.N.). Mit der Stellungnahme des Betriebsrats am 29. März 1993 wurde das Anhörungsverfahren abgeschlossen.

d) Der Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratsanhörung steht auch nicht, wie das Arbeitsgericht angenommen hat, entgegen, daß die Unterrichtung des Betriebsrats hinsichtlich des quantitativen Maßes der der Klägerin vorgeworfenen Fehlleistungen unzureichend gewesen wäre. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat dem Betriebsrat gegenüber deutlich gemacht, daß sich die Klägerin nach der Abmahnung mehrfach gleichartige Fehlleistungen habe zuschulden kommen lassen und daß deshalb die Kündigung ausgesprochen werden solle. Dies ist, zumal dem Betriebsrat am 29. März 1993 Einsicht in die Unterlagen gewährt wurde und die Fehler beispielhaft erläutert wurden, ausreichend. Einer exakten Bezifferung der Fehler bedurfte es nicht, die genaue Bezifferung wäre eine bloße Konkretisierung des ausreichend mitgeteilten Kündigungssachverhalts.

3. Die Prüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung gemäß § 1 KSchG konnte der Senat mangels ausreichender Sachverhaltsfeststellungen und wegen des dem Tatsachengericht zustehenden Beurteilungsspielraums nicht selbst vornehmen. Gemäß § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO war die Sache deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

Etzel Bröhl Fischermeier

Nielebock Engelmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 437682

BB 1997, 1311-1312 (LT1-2)

DB 1997, 1284 (LT1-2)

NJW 1997, 2701

EBE/BAG 1997, 86-88 (LT1-2)

EBE/BAG Beilage 1997, Ls 94/97 (L1-2)

ARST 1997, 141 (L1-2)

NZA 1997, 656

NZA 1997, 656-658 (LT1-2)

RzK 00, III 1a Nr 79 (L1-2)

SAE 1998, 156

ZAP, EN-Nr 518/97 (S)

ZTR 1997, 333 (L1-2)

AP 00, Nr 00

ArbuR 1997, 252 (L1,S2)

AuA 1998, 322

EzA-SD 1997, Nr 11, 9 (L1-2)

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