Entscheidungsstichwort (Thema)

Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall

 

Leitsatz (redaktionell)

Über die Dauer krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und damit über das Ende des Verhinderungsfalles entscheidet der Arzt. Gibt die ärztliche Bescheinigung für das Ende der Arbeitsunfähigkeit lediglich einen Kalendertag an, wird damit in der Regel Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende der üblichen Arbeitszeit des betreffenden Arbeitnehmers an diesem Kalendertag bescheinigt (Bestätigung BAG vom 2.12.1981 5 AZR 89/80 = BAGE 37, 173 = AP Nr 48 zu § 1 LohnFG und BAG vom 14.9. 1983 5 AZR 70/81 = BAGE 43, 291 = AP Nr 55 zu § 1 LohnFG).

 

Orientierungssatz

Einen Erfahrungssatz, daß Arbeitsunfähigkeit, deren Ende für einen Freitag bescheinigt ist, erst am folgenden Sonntag endet, gibt es nicht.

 

Normenkette

HGB § 63; BGB § 616; SGB X § 115; GewO § 133c; BAT § 37 Abs. 2; LFZG § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 21.03.1988; Aktenzeichen 1/11 Sa 417/87)

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 15.01.1987; Aktenzeichen 2 Ca 243/86)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin Ansprüche aus übergegangenem Recht auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle (§ 115 SGB X) zustehen.

Bei dem beklagten Land war die am 11. Februar 1926 geborene Frau E J (im folgenden kurz: die Versicherte) seit dem 1. Juni 1976 als Angestellte in einer Polizeibehörde beschäftigt. Frau J ist bei der Klägerin gegen Krankheit versichert. Auf das Arbeitsverhältnis der Versicherten ist der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) anzuwenden.

Die Versicherte war im Jahre 1984 wie folgt arbeitsunfähig erkrankt:

vom 8. bis zum 16. März 1984 wegen grippalen Infekts

und Gürtelrose,

ab Samstag, dem 17. März 1984, bis zum Jahresende

1984 wegen pektanginöser Beschwerden.

Wegen der zuletzt genannten Beschwerden wurde die Versicherte von ihrer Hausärztin am Montag, dem 19. März 1984, für arbeitsunfähig befunden. Die darüber ausgestellte Bescheinigung ist als Folgebescheinigung gekennzeichnet. Eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 30. März 1984 attestierte der Versicherten Arbeitsunfähigkeit bis zum 13. April 1984. Am 17. April 1984 trat die Versicherte morgens ihren Dienst an, wurde dann aber bis auf weiteres krankgeschrieben.

Auf Anfrage der zentralen Vergütungs- und Lohnstelle des beklagten Landes teilte die Versicherte am 30. Juli 1984 u.a. mit:

"...

1. meine Erkrankung vom 8. März bis 13. April 1984

(und nicht vom 17. März bis 13. April 1984 - wie

irrtümlicherweise angegeben -) auf erhöhtem Blut-

druck beruhte. Ich erschien am 8. März 1984 wie

üblich am Arbeitsplatz, mußte jedoch diesen ge-

gen 10.00 Uhr verlassen, um mich in ärztliche Be-

handlung zu begeben;

2. am 17. April 1984 verrichtete ich Dienst am Bild-

schirm bis 11.00 Uhr, mußte allerdings wegen ein-

tretender Übelkeit und Flimmern vor den Augen diese

Arbeit unterbrechen. .... Diese Erkrankung war ein

Hirninfarkt.

Ich zweifle, ob es richtig ist, diese beiden Erkran-

kungen als "dieselbe" einzuordnen."

Am 30. Juli 1984 stellte die Hausärztin der Versicherten ein Attest mit folgendem Inhalt aus:

"1. Ab dem 8. März 1984 besteht durchgehende Arbeits-

unfähigkeit.

2. Die pektanginösen Beschwerden bei Hypertonie sind

erstmals am 17. März 1984 aufgetreten und haben

Arbeitsunfähigkeit verursacht.

3. Es kann davon ausgegangen werden, daß ab dem

17. März 1984 die pektanginösen Beschwerden bei

Hypertonie alleine die Arbeitsunfähigkeit verur-

sacht haben."

Auf Anfrage des Landesarbeitsgerichts teilte die Ärztin am 15. Oktober 1987 folgendes mit:

"...

So wie es aus meinen Unterlagen hervorgeht, leidet

Frau J an pektanginösen Beschwerden bei Hyper-

tonie nur ab 17. März 1984."

und auf weitere Nachfrage am 24. November 1987:

"...

Nach der Angabe der Patientin ... sind die Beschwerden

im Laufe des Tages (17.3.84) aufgetreten."

Das beklagte Land zahlte der Versicherten Krankenbezüge für die Zeit vom 8. März bis zum 13. April 1984 und vom 17. April bis zum 15. Juli 1984, insgesamt also für 18 Wochen. Ab 16. Juli 1984 gewährte die Klägerin der Versicherten Krankengeld in Höhe von 531,63 DM. Wegen dieses Betrages nimmt die Klägerin das beklagte Land in Anspruch.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Versicherte sei vom 8. bis zum 16. März 1984 allein wegen Gürtelrose und grippalen Infektes arbeitsunfähig gewesen und später ab 17. März 1984 allein wegen pektanginöser Beschwerden bei Hypertonie. Sie hat geltend gemacht, die Krankheitszeiten dürften wegen der unterschiedlichen Krankheitsursachen nicht zusammengerechnet werden. Für die Versicherte habe daher ab 17. März 1984 ein neuer Anspruchszeitraum begonnen, der erst am 23. Juli 1984 geendet habe. Die Versicherte habe folglich Anspruch auf Gehaltsfortzahlung bis zu diesem Zeitpunkt.

Die Klägerin hat daher beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an sie

531,63 DM nebst 4 % Zinsen seit dem

12. Juni 1986 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat geltend gemacht, die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit der Versicherten hätten sich unmittelbar aneinander angeschlossen. Es habe daher nur ein zusammenhängender Krankheitszeitraum vorgelegen, für den die Versicherte Gehaltsfortzahlung lediglich bis zum 15. Juli 1984 habe verlangen können.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das beklagte Land antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision, mit der das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keine Erfolg.

I. Das Landesarbeitsgericht ist von zwei selbständigen Fällen krankheitsbedingter Arbeitsverhinderung der Versicherten ausgegangen. Es hat angenommen, die Erkrankung der Versicherten in der Zeit vom 8. bis zum 16. März 1984 habe am 16. März bei Dienstschluß geendet. Ferner hat es festgestellt, die weitere Erkrankung der Versicherten sei im Laufe des 17. März 1984 eingetreten. Daraus hat das Landesarbeitsgericht den Schluß gezogen, die Versicherte sei in der Zeit vom 16. März, 16.00 Uhr bis zum 17. März 1984 zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt arbeitsfähig gewesen. Bei dieser Sachlage hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Versicherten habe nach § 37 Abs. 1, 2 und 4 BAT ein Anspruch auf Krankenbezüge gegen das beklagte Land nicht nur bis zum 15. Juli, sondern auch für die Zeit vom 16. bis zum 23. Juli 1984 zugestanden, der in Höhe der Klagforderung auf die Klägerin übergegangen sei.

Dem ist beizupflichten.

II.1. Nach § 616 Abs. 1 Satz 1 BGB behält der Angestellte bei Arbeitsverhinderung durch unverschuldete Krankheit den Anspruch auf die Vergütung für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit. Als solche gilt nach § 616 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Zeit von sechs Wochen, wenn nicht durch Tarifvertrag eine andere Dauer bestimmt ist. Grundsätzlich werden im öffentlichen Dienst Krankenbezüge ebenfalls bis zur Dauer von sechs Wochen gezahlt, wie § 37 Abs. 2 Satz 1 BAT klarstellt (vgl. BAGE 48, 235, 244 = AP Nr. 7 zu § 37 BAT, zu B II 2 der Gründe m.w.N.). Darüber hinaus regelt § 37 Abs. 2 Satz 2 BAT in näherer Abstufung, bis zu welcher Dauer dem Angestellten des öffentlichen Dienstes im Falle einer durch Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsentgelt in Form von Krankenbezügen weiterzugewähren ist. So hat der Angestellte nach einer Dienstzeit von acht Jahren Anspruch auf Gewährung von Krankenbezügen bis zum Ende der 18. Woche seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Abs. 2 Satz 2). Vollendet der Angestellte während der Arbeitsunfähigkeit die zu einer längeren Bezugsdauer berechtigende Dienstzeit, werden die Krankenbezüge so gezahlt, wie wenn der Angestellte die längere Dienstzeit bereits bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit vollendet hätte (Abs. 4).

2. Der Anspruch auf Vergütungsfortzahlung ist - ausgehend von der grundsätzlichen Regelung des § 616 BGB, § 63 HGB, § 133 c GewO, § 1 Abs. 1 LFZG, § 37 Abs. 2 Satz 1 BAT - auch dann auf die Dauer von sechs Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit begrenzt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die ebenfalls zur Arbeitsunfähigkeit führt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer bei entsprechender Dauer der durch beide Erkrankungen verursachten Arbeitsverhinderung die Sechs-Wochen-Frist nur einmal in Anspruch nehmen (Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalles). Eine weitere Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall kann der Angestellte nur fordern, wenn die erste Arbeitsverhinderung bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in welchem eine weitere Erkrankung zu einer neuen Arbeitsverhinderung führt (BAGE 37, 172, 174 ff. = AP Nr. 48 zu § 1 LohnFG, zu II 1 der Gründe, m.w.N.). Zwei selbständige Verhinderungsfälle liegen vor, wenn ein Arbeitnehmer zwischen zwei Krankheiten tatsächlich arbeitet oder wenn er zwischen den beiden Krankheiten zwar arbeitsfähig war, tatsächlich aber nicht arbeiten konnte, weil er nur für wenige, außerhalb der Arbeitszeit liegende Stunden arbeitsfähig war (BAGE 37, 172, 178 = AP Nr. 48, aa0, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.).

Daß dies auch für alle Fälle aus dem Anwendungsbereich des § 37 BAT gilt, ist im einschlägigen Schrifttum durchweg anerkannt (vgl. nur Crisolli/Ramdohr, Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, Teil 1, Stand Februar 1989, § 37 Anm. 8 b; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Bd. I, Stand April 1989, § 37 Rz 10; Böhm/Spiertz/Steinherr/Sponer, BAT, Teil I, 3. Aufl., Stand Juli 1986, § 37 Rz 62). Soweit die Revision geltend macht, eine andere Beurteilung sei deswegen geboten, weil sich bei Anwendung der dargestellten Rechtsgrundsätze wegen der dienstzeitenabhängigen Bezugszeiträume eine außerordentliche Begünstigung der dem BAT unterliegenden Angestellten gegenüber sonstigen Beschäftigten ergäbe, kann ihr nicht gefolgt werden. § 37 Abs. 2 BAT stellt eine die gesetzliche Regelung in zulässiger Weise zugunsten der Angestellten mit längerer Dienstzeit erweiternde Vereinbarung dar (vgl. Senatsurteil vom 15. Mai 1975 - 5 AZR 293/74 - AP Nr. 4 zu § 37 BAT, zu 2 a der Gründe). Eine für die Angestellten des öffentlichen Dienstes tarifvertraglich geregelte Rechtsposition kann nicht mit der Begründung, sie sei erheblich günstiger als für alle anderen Beschäftigten, zu einer restriktiven Auslegung von aus dem Gesetz unmittelbar abgeleiteten Grundsätzen führen.

III.1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, bei der Versicherten hätten zwei selbständige Verhinderungsfälle vorgelegen, da die Versicherte vom Ende ihrer üblichen Dienstzeit am 16. März 1984 bis zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Laufe des 17. März 1984 arbeitsfähig gewesen sei. Das Landesarbeitsgericht hat hierbei die Angaben der behandelnden Ärztin zugrundegelegt. Die Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles ist Aufgabe der Tatsacheninstanz. Da die Revision die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, ist der Senat insoweit gebunden (§ 561 Abs. 2 ZPO).

Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, die erste Arbeitsunfähigkeit der Versicherten habe mit dem Schluß der üblichen Arbeitszeit am 16. März 1984 geendet. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hat zur Frage des Endes der Arbeitsunfähigkeit an einem Kalendertage als sachgerecht die Annahme angesehen, die vom Arzt bescheinigte voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit beziehe sich auf das Ende der betriebsüblichen Arbeitszeit an dem in der Bescheinigung erwähnten letzten Kalendertag (BAGE 37, 172, 179 = AP Nr. 48 zu § 1 LohnFG, zu II 2 c der Gründe). Diese Auffassung hat der Senat im Urteil vom 14. September 1983 bestätigt (BAGE 43, 291, 295 = AP Nr. 55 zu § 1 LohnFG, zu 2 b der Gründe).

Die Revision meint, diese auf die Entgeltfortzahlung für Arbeiter nach dem Lohnfortzahlungsgesetz zugeschnittene Rechtsprechung sei auf die Arbeitsverhältnisse der Angestellten nicht anwendbar, weil diese, wie vorliegend die Versicherte, nicht in Schichten beschäftigt würden. Bescheinige der behandelnde Arzt das Ende der Arbeitsunfähigkeit eines Angestellten auf einen Freitag, so gehe er grundsätzlich davon aus, daß das auf die Arbeitsunfähigkeit folgende Wochenende noch mit zur Ausheilung der Krankheit herangezogen werde. Dem behandelnden Arzt sei nämlich bekannt, daß der Arbeitnehmer ein arbeitsfreies Wochenende habe und folglich Arbeitsunfähigkeit für das Wochenende nicht ausdrücklich bescheinigt werden müsse.

Das kann nicht überzeugen.

Wie § 3 Abs. 1 Satz 1 LFZG für Arbeiter enthält § 18 Abs. 3 BAT für die Angestellten des öffentlichen Dienstes die Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Krankheitsfall. Auch hier ist es Sache des behandelnden Arztes, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Arbeitsunfähigkeit endet. In seiner Entscheidung vom 14. September 1983 (BAGE 43, 291 = AP Nr. 55, aaO) hat der Senat darauf hingewiesen, Arbeitsunfähigkeit könne auch für solche Tage bescheinigt werden, an denen im Betrieb nicht gearbeitet wird (S. 295, aa0). Eine andere Beurteilung ist für Angestellte des öffentlichen Dienstes nicht gerechtfertigt. Auch § 15 Abs. 6 BAT kennt die Möglichkeit einer Wochenend- bzw. Feiertagsarbeit für bestimmte Angestellte, so daß der behandelnde Arzt ebenso wie im Fall eines Arbeiters nicht wissen kann, ob der Angestellte nicht ausnahmsweise doch zu Arbeiten am Wochenende herangezogen wird. Darüber hinaus kann es, wie der Senat in der genannten Entscheidung ausgeführt hat, wegen der Art der Erkrankung erforderlich sein, dem Arbeitnehmer noch bestimmte Behandlungspflichten für das an sich arbeitsfreie Wochenende aufzuerlegen, etwa besondere Schonung oder Vorsicht oder das Unterlassen besonderer Anstrengungen (S. 296, aaO). Einen Erfahrungssatz, daß Arbeitsunfähigkeit, deren Ende für einen Freitag bescheinigt ist, erst am folgenden Sonntag endet, gibt es nicht. Wollte man einen solchen Satz aufstellen, würde man in unzulässiger Weise in die fachlichen Befugnisse des Arztes eingreifen, denn es muß der Sachkunde des behandelnden Arztes überlassen bleiben, das voraussichtliche Ende der Arbeitsunfähigkeit zu bestimmen.

Wird das Ende der Arbeitsunfähigkeit vom Arzt auf einen bestimmten Kalendertag festgelegt, so wird damit in der Regel Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende der üblichen Arbeitszeit des betreffenden Arbeitnehmers an diesem Kalendertag bescheinigt. Das hat der Senat bereits für frühere Fälle ausgeführt (BAGE 37, 172, 179 = AP Nr. 48, aaO sowie BAGE 43, 291, 295 = AP Nr. 55, aaO). Lediglich als Unterfall ist das Schichtende als Ende der betriebsüblichen Arbeitszeit des betreffenden Arbeitnehmers angenommen worden (BAGE 43, 291, 295). An der Auffassung, das auf einen bestimmten Kalendertag festgelegte Ende der Arbeitsunfähigkeit bedeute für den Regelfall, daß damit das Ende der Arbeitsunfähigkeit auf das Ende der betriebsüblichen Arbeitszeit des betreffenden Arbeitnehmers falle, ist festzuhalten. Wann für den einzelnen Arbeitnehmer an einem betreffenden Arbeitstag die Arbeit geendet hätte, ist eine Frage der tatsächlichen Feststellung. Die Tatsachengerichte werden im Regelfall keine besonderen Schwierigkeiten haben, diesen hypothetischen Zeitpunkt zu ermitteln.

2.a) Für den Streitfall ergibt sich, daß die erste Arbeitsunfähigkeit der Versicherten mit dem üblichen Dienstende am 16. März 1984 um 16.00 Uhr endete. Aus der Tatsache, daß die Ärztin am Montag, dem 19. März 1984, den erneuten Beginn einer Arbeitsunfähigkeit für den 17. März 1984 attestierte, wird überdies erkennbar, daß sie das dazwischenliegende Wochenende nicht dem vorangegangenen, von ihr bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeitraum zugerechnet hat.

Zu Recht hat das Berufungsgericht seine Beurteilung auf die Erklärungen der Ärztin gestützt und demgegenüber die Angaben der Versicherten nicht berücksichtigt. Der Arzt ist aufgrund seiner Sachkunde eher in der Lage, eine medizinische Frage zu beurteilen als sein Patient, auch wenn er auf die Angaben des Patienten angewiesen ist. Im Streitfall haben sich die Beschwerden der Versicherten ab 17. März 1984 aufgrund einer anderen Krankheitsursache eingestellt als die vorhergehende Erkrankung. Davon konnte das Landesarbeitsgericht ausgehen. Die Tatsache, daß die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 19. März 1984 als Folgebescheinigung bezeichnet ist, kann keine besondere Bedeutung gewinnen. Die Bezeichnung kann nicht maßgeblich sein. Entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie vom Arzt beurteilt worden sind.

b) Lagen demnach zwei unterschiedliche Verhinderungsfälle vor, so begann am 17. März 1984 ein neuer Bezugszeitraum, der sich auf 18 Wochen, nämlich, wenn die Tage vom 14. bis 16. April außer Betracht bleiben, bis zum 23. Juli 1984 erstreckte. Da die Versicherte während ihrer Arbeitsunfähigkeit am 1. Juni 1984 die achtjährige Dienstzeit vollendete, war sie gemäß § 37 Abs. 4 BAT so zu stellen, wie wenn sie die längere Dienstzeit bereits bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit vollendet hätte.

Dr. Thomas Dr. Gehring Bitter

Liebsch Buschmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 440077

BB 1990, 284

BB 1990, 284-286 (LT1)

DB 1990, 178-179 (LT1)

SteuerBriefe 1990, 131-131 (T)

AuB 1990, 156 (KT)

Stbg 1990, 272-272 (T)

ASP 1990, 59 (T)

DOK 1990, 339 (KT)

EEK, I/992 (ST1)

NZA 1989, 927-929 (LT1)

RdA 1989, 382

USK, 8947 (ST1)

WzS 1990, 182 (K)

ZAP, EN-Nr 499/89 (S)

ZTR 1989, 497-498 (LT1)

AP § 616 BGB (LT1), Nr 77

EzA § 616 BGB, Nr 39 (LT1)

EzBAT § 37 BAT, Nr 13 (LT1)

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