3.2.1 Einleitung

Die Tarifvertragsparteien können grundsätzlich frei festlegen, welche Ansprüche von Ausschlussfristen erfasst sein sollen. Ausschlussfristen können regelmäßig alle Ansprüche erfassen, die mit dem Arbeitsverhältnis tatsächlich oder rechtlich zusammenhängen, auch wenn ein nur entfernter Zusammenhang besteht. Dabei können die Tarifvertragsparteien grundsätzlich auch die zeitlichen Rahmenbedingungen (Beginn und Dauer der Ausschlussfrist) regeln. Normativ geltende tarifliche Ausschlussfristen sind inhaltlich an höherrangigem Recht zu messen. Die Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB kommt dabei nicht in Betracht.[1] Daher muss der Inhalt von Ausschlussfristen allenfalls an zwingendem Gesetzesrecht oder den Grundrechten überprüft werden. Diese Rahmenbedingungen werden im Folgenden dargestellt. Dabei werden die üblichen Formulierungen in tariflichen Ausschlussfristen dargestellt und ggf. auf Unterschiede aufmerksam gemacht.

 
Praxis-Beispiel

Formulierungsmuster in Tarifverträgen:

Zitat

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit vom Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.[2]

  1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden; besteht bei Ausscheiden des Arbeitnehmers ein Arbeitszeitguthaben, beträgt die Frist für dieses Arbeitszeitguthaben jedoch 6 Monate.
  2. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Verfallfrist von 2 Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens.[3]"Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."[4]
[3] § 14 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe.
[4] § 23 des Bundesrahmentarifvertrags für das Gebäudereinigerhandwerk.

3.2.2 Zeitliche Komponenten tariflicher Ausschlussfristen

Die Tarifvertragsparteien können die Dauer der Ausschlussfrist grundsätzlich frei ausgestalten. Dabei werden häufig 2-stufige Ausschlussfristen vereinbart, die nicht nur die außergerichtliche Geltendmachung, sondern darauf aufbauend auch die gerichtliche Geltendmachung binnen einer bestimmten Frist vorsehen. Meist betragen diese Fristen nicht weniger als 2 Monate, auch wenn dies grundsätzlich zulässig wäre.

Extrem kurze Ausschlussfristen sind zwar in einer älteren Entscheidung des BAG für sittenwidrig[1] gehalten worden.[2] Allerdings wird es in der jüngeren Rechtsprechung des Gerichts als zweifelhaft angesehen, ob der Inhalt von Tarifverträgen an § 138 BGB zu messen ist. Als zulässig ist eine tarifliche Vereinbarung von unterschiedlich langen Ausschlussfristen für gleichartige Ansprüche von Arbeitgeber und Arbeitnehmer[3] angesehen worden, ebenso eine Beschränkung der Ausschlussfristen nur für Ansprüche des Arbeitnehmers. So dürften daher allenfalls Extremfälle, für die es keine Praxisbeispiele gibt, anhand allgemeiner Vorschriften als gesetzes- oder sittenwidrig zu beurteilen sein. Als Beispiel könnten unterschiedlich lange Fristen für männliche und weibliche Arbeitnehmer genannt werden.

Auch wenn die Tarifparteien dies frei bestimmen können, knüpft der Beginn der Ausschlussfrist üblicherweise an die Fälligkeit oder das Entstehen eines Anspruchs an, wobei aber mit der unterschiedlichen Wortwahl oftmals keine inhaltlichen Unterschiede verbunden sind.[4] Wann ein Anspruch fällig ist, richtet sich nach den maßgeblichen tariflichen, betrieblichen bzw. einzelvertraglichen Vereinbarungen. Fehlt eine solche Regelung, gilt als Auslegungsregel § 614 BGB, wonach die Vergütung nach Beendigung des Zeitabschnitts (Monat, Woche), für den sie vereinbart wurde, zu leisten ist. Die Berechnung von Fristbeginn und -ende bestimmt sich dann im Einzelnen nach den §§ 186 ff. BGB.

 
Praxis-Beispiel

Fristberechnung für außergerichtliche Geltendmachung

In einem Tarifvertrag ist folgende Ausschlussfrist enthalten:

Zitat

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in...

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