4.1 Grundsatz der Fachkräfteeinwanderung

Die Zuwanderung und Beschäftigung von Fachkräften sind im deutschen Ausländerrecht ausdrücklich erwünscht und angestrebt, um die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu decken. Dementsprechend spricht § 18 AufenthG vom "Grundsatz der Fachkräfteeinwanderung" und enthält einen entsprechenden Programmsatz zur Aufnahme von Fachkräften.[1] Vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftemangels hat es in den letzten Jahren zahlreiche Novellierungen gegeben, um ausländische Fachkräfte als Arbeitskräfte zu gewinnen.

Mit dem umfassend angelegten "Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung"[2] wurden diesbezüglich weitere Möglichkeiten geschaffen:

  • Die Neuregelung verzichtet auf einen Zusammenhang von Qualifikation und qualifikationsbezogener Beschäftigung.[3]
  • Seit dem 18.11.2023 wird einer Fachkraft mit Berufsausbildung bzw. akademischer Ausbildung die Aufenthaltserlaubnis für jede qualifizierte Beschäftigung erteilt.
  • Zudem tritt neben die Fachkraft die Arbeitskraft mit ausgeprägter Berufserfahrung. Das bedeutet eine erhebliche Erweiterung des Personenkreises und einen teilweisen Verzicht auf das Erfordernis formaler fachspezifischer Berufsqualifikation.

Seit dem 18.11.2023 ist die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte der Regelfall[4], die Ablehnung kommt nur in Ausnahmefällen bei außergewöhnlichen Umständen in Betracht – es besteht allerdings nach wie vor kein unbedingter Anspruch auf die Aufenthaltserlaubnis.

[2] Gesetz v. 16.8.2023, BGBl I, Nr. 217.
[4] § 18a AufenthG: "wird…erteilt".

4.2 Begrifflichkeiten

4.2.1 Fachkraft

§ 18 Abs. 3 AufenthG enthält die Legaldefinition der Fachkraft und unterscheidet zwischen Fachkraft mit Berufsausbildung und Fachkraft mit akademischer Ausbildung.

Fachkraft mit Berufsausbildung

Als Fachkraft mit Berufsausbildung[1] gelten Personen mit

  • einer qualifizierten nichtakademischen Berufsausbildung im Inland oder
  • einer gleichwertigen ausländischen Berufsqualifikation.

Eine Legaldefinition der qualifizierten Berufsausbildung findet sich in § 2 Abs. 12a AufenthG: es muss sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handeln, der nach deutschem Bundes- oder Landesrecht eine mindestens zweijährige Ausbildung erfordert. Die Dauer ist dabei abstrakt zu beurteilen, d. h. unabhängig von möglichen Verkürzungen im konkreten Fall.

Bei einer im Ausland erworbenen Berufsausbildung muss deren Gleichwertigkeit mit einem inländischen Abschluss festgestellt werden.[2] An der Regelung wird auch unter der Novellierung festgehalten.

Fachkraft mit akademischer Ausbildung

Als Fachkraft mit akademischer Ausbildung[3] gelten ausländische Hochschulabsolventen,

  • die ihren Abschluss in Deutschland erworben haben (dazu gehören auch Abschlüsse von Berufsakademien, dualen Hochschulen etc.) oder
  • deren im Ausland erworbener Abschluss in Deutschland anerkannt ist bzw. einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbar ist.

Dabei bedeutet "Vergleichbarkeit" nicht "Gleichwertigkeit".

 
Hinweis

Vergleichbarkeit eines Hochschulabschlusses

Vergleichbarkeit wird nach den Bewertungsvorschlägen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) der KMK beurteilt (www.anabin.de); anerkannt wird ein mindestens "entsprechender" Abschluss. Die rechtliche Prüfung orientiert sich dabei an den Vorgaben des § 4 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG).

Gleichwertig ist ein Abschluss, wenn damit die Befähigung zu vergleichbarer beruflicher Tätigkeit wie beim inländischen Abschluss belegt ist und zwischen beiden Qualifikationen keine wesentlichen Unterschiede bestehen.[4]

Für viele ausländische Hochschulabschlüsse liegt eine entsprechende Einstufung vor[5], soweit dies nicht der Fall ist, kann ein entsprechender (kostenpflichtiger) Antrag gestellt werden.

[4] Vgl. dazu wiederum § 4 Abs. 2 BQFG.
[5] Über die Online-Datenbank der ZAB.

4.2.2 Arbeitskraft mit ausgeprägter Berufserfahrung

Als Arbeitskraft mit ausgeprägter Berufserfahrung[1] galt bislang, wer – ohne eine formelle berufliche Qualifikation als Fachkraft zu besitzen – in den letzten 7 Jahren eine durch eine mindestens 3-jährige Berufserfahrung nachgewiesene Qualifikation im Bereich der Informations- oder Kommunikationstechnologie besitzt. Zudem muss die Höhe des zugesagten Gehalts mind. 60 % der BBG in der allgemeinen Rentenversicherung betragen und der Ausländer muss über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen.

Seit dem 1.3.2024 werden der Begriff und seine Voraussetzungen komplett neu geregelt.[2] Dabei muss es um die Besetzung eines Arbeitsplatzes gehen, bei dem mindestens ein Gehalt von 45 % der jährlichen BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wird.[3] Unterliegt das Arbeitsverhältnis einer Tarifbindung, kann diese Gehaltsschwelle auch unterschritten werden.[4]

Die ausländische Arbeitskraft muss über die nachfolgenden Qualifikationen verfügen:

  • 2-jährige Berufserfahrung, die zu der fraglichen Tätigkeit befähigt.[5]
  • Die Beruf...

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