1 Allgemeines

 

Rz. 1

Zur Auswahl freiwilliger Soldaten führt die Bundeswehr Eignungsübungen durch, die sich über einen längeren Zeitraum hinziehen können. Das "Gesetz über den Einfluss von Eignungsübungen der Streitkräfte auf Vertragsverhältnisse der Arbeitnehmer und Handelsvertreter sowie auf Beamtenverhältnisse" (EignungsübungsgesetzEÜG[1]) regelt das Schicksal des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit Eignungsübungen und in diesem Zusammenhang auch das des Erholungsurlaubs und stellt hier Sonderregelungen auf.

Wird ein Arbeitnehmer aufgrund freiwilliger Verpflichtung zu einer Übung zur Auswahl von freiwilligen Soldaten (Eignungsübung) einberufen, so ruht das Arbeitsverhältnis während der Eignungsübung bis zur Dauer von 4 Monaten (§ 1 Abs. 1 EÜG).

 

Rz. 2

Nach § 6 Abs. 1 EÜG darf aus der Teilnahme an einer Eignungsübung dem Arbeitnehmer in beruflicher und betrieblicher Hinsicht und dem Handelsvertreter in seinen vertraglichen Beziehungen zu dem Unternehmer kein Nachteil erwachsen. Nach § 6 Abs. 2 EÜG ist die Bundesregierung befugt, durch Rechtsverordnung das Nähere u. a. hinsichtlich des Urlaubs und der betrieblichen Urlaubskassen zu regeln.

Die auf dieser Grundlage erlassene Verordnung zum EÜG (EÜGV) regelt in Abweichung vom Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Einzelheiten bezüglich des Schicksals des Erholungsurlaubs im Arbeitsverhältnis, wenn dieses wegen einer Eignungsübung ruht.

[1] EÜG v. 20.1.1956, BGBl. I 1950 S. 13.

2 Fortgeltung des EÜG und der EÜGV

 

Rz. 3

Das EÜG stammt in seiner Urfassung aus dem Jahre 1956, das BUrlG aus dem Jahr 1963. Letzteres zählt in § 15 Abs. 1 die Gesetze auf, die trotz des BUrlG weiter gelten – das EÜG ist nicht genannt. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BUrlG treten die landesrechtlichen Vorschriften über den Erholungsurlaub außer Kraft. Über das EÜG äußert sich das BUrlG nicht. Daraus wird teilweise gefolgert, dass jedenfalls § 6 EÜG und die EÜGV durch das BUrlG außer Kraft gesetzt seien, weil sie bei den fortgeltenden Gesetzen nicht erwähnt worden sind.[1]

Demgegenüber geht die überwiegende Meinung im Schrifttum zu Recht davon aus, dass beide auch heute noch geltende Spezialregelungen zum BUrlG sind. Dies wird damit begründet, dass sowohl das Gesetz als auch die Verordnung mehrfach nach 1963 Gegenstand der gesetzgeberischen Aktivitäten waren und daher der Wille des Gesetzgebers dahin geht, dass die Vorschrift – auch hinsichtlich der Urlaubsregelung – weiter gelten sollen.[2] Das überzeugt; zudem ist § 15 Abs. 1 BUrlG auch auslegungsfähig und enthält hinsichtlich des EÜG schlicht eine Nichtregelung. Das EÜG wird weder bei den fortgeltenden Gesetzen erwähnt noch wird seine Unwirksamkeit erklärt. Es spricht vieles für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers, der dieses Randgesetz übersehen hat.

[1] Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl. 2001, Teil II C, Rz. 22.
[2] Neumann/Fenski/Kühn, BUrlG, 12. Aufl. 2021, EignÜG, Rz. 22.

3 Inhalt der urlaubsrechtlichen Sonderregelungen

 

Rz. 4

Da durch die Eignungsübung das Arbeitsverhältnis ruht – damit aber gleichwohl rechtlich fortbesteht – hätte ein Arbeitnehmer ungeachtet seiner u. U. mehrmonatigen Abwesenheit gleichwohl einen vollen Urlaubsanspruch gegen seinen Arbeitgeber.

Hier schafft die EÜGV einen Ausgleich: Ein Arbeitnehmer, der nach Teilnahme an einer Eignungsübung aus den Streitkräften ausscheidet, erhält von den Streitkräften für jeden angefangenen Monat (nicht Kalendermonat), den er bei den Streitkräften Dienst geleistet hat, ein Zwölftel des Urlaubs, der ihm aufgrund des Arbeitsverhältnisses für das laufende Urlaubsjahr zusteht. Der Urlaub wird auch dann gewährt, wenn der Arbeitnehmer eine für den Erwerb des Urlaubsanspruchs vorgesehene Wartezeit noch nicht erfüllt hat.

Im Ergebnis übernehmen daher die Streitkräfte für die Dauer der Eignungsübung die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Urlaubsansprüche quotal für die Dauer der Eignungsübung.

 

Rz. 5

Ergibt sich nach der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil eines Tages – der auch weniger als die Hälfte sein kann – so wird der Urlaub auf volle Tage aufgerundet.

 

Rz. 6

Der Anspruch auf Urlaub entfällt, soweit der Arbeitnehmer seinen Erholungsurlaub vor der Eignungsübung bereits verbraucht hat. Dem steht eine Urlaubsabgeltung gleich.

 

Rz. 7

Bei der Gewährung des Urlaubs sind im Hinblick auf den Zweck der Eignungsübung aber Einschränkungen gesetzt. Der Urlaub ist unter Fortzahlung der Dienstbezüge vor der Entlassung aus den Streitkräften zu gewähren. Soweit der Urlaub wegen Krankheit oder wegen Entlassung auf eigenen Antrag bis zur Entlassung nicht gewährt werden kann, sind für den restlichen Urlaub die Dienstbezüge zu zahlen, was einer Abgeltung entspricht.

 

Rz. 8

Entscheidend für den Arbeitgeber ist, dass der bei den Streitkräften erhaltene Urlaub auf den Erholungsurlaub des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber angerechnet wird (§ 1 Abs. 5 EÜGV); das gilt auch für abgegoltenen Urlaub. Maßgeblich ist dabei nicht der Betrag, den er für den Urlaub erhalten hat, sondern die Tage, die ihm gewährt worden sind. Der gezahlte Betrag ist deshalb nicht aussagefähig, weil er nicht sein arbeitsvertragliches Gehalt fortgezah...

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