Rz. 13

§ 5 TzBfG enthält keine konkreten Abwägungskriterien. Liegen seine Voraussetzungen vor, dann ist eine rechtsgeschäftliche Maßnahme des Arbeitgebers als gesetzwidrige Reaktion auf eine zulässige Rechtsausübung durch den Arbeitnehmer nach § 134 BGB nichtig (so bereits für § 612a BGB BAG, Urteil v. 2.4.1987, 2 AZR 287/96).[1]

 
Hinweis

Ungeachtet der aus § 134 BGB resultierenden Nichtigkeitsfolge muss der Arbeitnehmer z. B. eine als Folge der Inanspruchnahme von Rechten ausgesprochene Arbeitgeberkündigung innerhalb der 3-Wochenfrist des § 4 KSchG mit einer Kündigungsschutzklage angreifen.[2] § 5 TzBfG ist ein sonstiges Kündigungsverbot i. S. v. § 13 Abs. 3 KSchG. Wird deren Rechtsunwirksamkeit nicht rechtzeitig durch Klageerhebung geltend gemacht, gilt sie gemäß § 7 KSchG als von Anfang an wirksam.[3]

 

Rz. 14

§ 5 TzBfG ist ein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB.[4] Eine Benachteiligung kann deshalb zu einem Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers führen. Ein solcher kann wegen einer Vertragsverletzung auch auf § 280 Abs. 1 BGB gestützt werden.[5] Schließlich kann der benachteiligte Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf Beseitigung/Rücknahme und Unterlassung der benachteiligenden Maßnahme in Anspruch nehmen.[6]

 

Rz. 15

Außerdem kann eine Benachteiligung i. S. v. § 5 TzBfG für den Arbeitnehmer zu einem Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB führen.[7] Der Arbeitnehmer muss benachteiligenden Anordnungen des Arbeitgebers nicht Folge leisten. Daraus resultiert dann ein Annahmeverzug des Arbeitgebers mit Verzugslohnansprüchen des Arbeitnehmers nach § 615 Satz 1 BGB.[8]

 

Rz. 16

Der Arbeitnehmer hat die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung vom Arbeitgeber benachteiligt worden ist (BAG, Urteil v. 22.5.2003, 2 AZR 426/02[9]). Die Beweiserleichterung des § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB konnte auf § 5 TzBfG nicht übertragen werden.[10] Auch eine Übertragung der Beweiserleichterung des § 22 AGG ist abzulehnen.[11]

Teilweise wird erwogen, zugunsten des Arbeitnehmers die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins heranzuziehen.[12] Im Rahmen des § 612a BGB werden Beweiserleichterungen zugunsten des Arbeitnehmers nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises bejaht, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der benachteiligenden Maßnahme (z. B. Kündigung) und der Ausübung eines Rechts (z. B. Stellung berechtigter Forderungen in angemessener Diktion) besteht (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 28.6.2005, 5 Sa 64/05[13]). Die Grundsätze des Anscheinsbeweises beruhen auf der Lebenserfahrung, wonach bestimmte Geschehensabläufe eine gleichbleibende Ursache haben. Steht ein Sachverhalt fest, der nach der Lebenserfahrung auf einen bestimmten Geschehensablauf hinweist, so ist dieser regelmäßige Verlauf als bewiesen anzusehen, wenn der Fall das Gepräge des Üblichen und Typischen trägt. Der Anscheinsbeweis gilt demnach nur für sogenannte typische Geschehensabläufe. Nur bei diesen darf der Regelablauf ohne Ausschluss anderer denkbarer Möglichkeiten prima facie vermutet werden. Der Anscheinsbeweis ist geführt, wenn der Arbeitnehmer Tatsachen nachweist, die einen Schluss auf die Benachteiligung wegen der Rechtsausübung wahrscheinlich machen, z. B. wenn der zeitliche Zusammenhang evident ist.[14] Gleiches könnte gelten, wenn ein Arbeitgeber sämtliche Arbeitnehmer benachteiligt oder sämtlichen Arbeitnehmern einen Vorteil nicht gewährt, die ein bestimmtes Recht ausgeübt haben.[15] Der Anscheinsbeweis kehrt damit die Beweislast nicht um. Er ist entkräftet, wenn der Gegner Tatsachen behauptet und beweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt. Die beweispflichtige Partei muss dann den vollen strengen Beweis für ihre Behauptung erbringen.

 

Rz. 17

Dass im Rahmen des TzBfG die für die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises erforderlichen typischen Verläufe angenommen werden können, ist allerdings eher fraglich und dürfte auf Ausnahmefälle beschränkt sein. Trotz der deshalb grundsätzlich dem Arbeitnehmer obliegenden Darlegungs- und Beweislast muss bei Vorliegen eines besonders engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Rechtsausübung und Benachteiligung der Arbeitgeber substantiiert bestreiten und seinerseits Gründe nennen, die eine Maßregelungsabsicht ausschließen.[16]

[1] AP BGB § 612a Nr. 1; Meinel/Heyn/Herms/Herms, TzBfG, 5. Aufl. 2015, § 5 TzBfG, Rz. 12; Annuß/Thüsing/Thüsing, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 5 TzBfG, Rz. 6; KR/Bader, 12. Aufl. 2019, § 5 TzBfG, Rz. 3; Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2. Aufl. 2011, Rz. 109.
[2] KR/Bader, 12. Aufl. 2019, § 5 TzBfG, Rz. 3; Laux/Schlachter/Schlachter, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 5 TzBfG, Rz. 18; HK-TzBfG/Joussen, 6. Aufl. 2019, § 5 TzBfG, Rz. 16.
[3] Ganz herrschende Meinung, z. B. Sievers, TzBfG, 6. Aufl. 2019, § 5 TzBfG, Rz. 9. Die frühere Auffassung, wonach die Nichtigkeit einer Kündigung gemäß §§ 134, 612a BGB ein Mangel war, der unabhängig von der Klagefrist des § 4 KSchG geltend gemacht werden kann (vgl. z. B. LAG Schleswig-Holstei...

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