Rz. 9

Zwischen der zulässigen Inanspruchnahme von Rechten aus dem TzBfG durch den Arbeitnehmer und der Benachteiligung durch den Arbeitgeber muss ein Kausalzusammenhang im Sinne einer conditio-sine-qua-non bestehen. Wenn die Benachteiligung durch den Arbeitgeber ausschließlich durch die zulässige Rechtsverfolgung des Arbeitnehmers bestimmt gewesen ist, dann deckt sich das Motiv des Arbeitgebers mit dem objektiven Anlass zur Benachteiligung. Es ist dann unerheblich, ob die Maßnahme auf einen anderen Sachverhalt hätte gestützt werden können, weil sich ein möglicherweise vorliegender anderer Grund auf den Benachteiligungsentschluss nicht kausal ausgewirkt hat und deswegen als bestimmendes Motiv ausscheidet. Eine dem Benachteiligungsverbot widersprechende Maßnahme kann daher auch dann vorliegen, wenn an sich ein Sachverhalt gegeben ist, der eine Benachteiligung gerechtfertigt hätte.

 

Rz. 10

Das Maßregelungsverbot kann auch zur Unwirksamkeit einer nach § 1 KSchG zulässigen Kündigung führen. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, dass sich der Arbeitgeber gerade wegen der Inanspruchnahme eines Rechts zum Ausspruch der Kündigung entschlossen hat. Während das KSchG auf die objektive Sachlage zum Zeitpunkt der Kündigung und nicht auf den Beweggrund des Arbeitgebers abstellt, verwehrt es das Maßregelungsverbot dem Arbeitgeber, sich hierauf zu stützen, wenn dies überhaupt nicht der Beweggrund für die Kündigung war (BAG, Urteil v. 20.12.2012, 2 AZR 867/11[1]). Ist der Kündigungsentschluss des Arbeitgebers nicht nur wesentlich, sondern ausschließlich durch die zulässige Rechtsverfolgung des Arbeitnehmers bestimmt gewesen, so ist es unerheblich, ob die Kündigung auf einen anderen Kündigungssachverhalt hätte gestützt werden können. Ein möglicherweise vorliegender anderer Grund hat sich dann nämlich nicht kausal auf den Kündigungsentschluss ausgewirkt und scheidet deshalb als bestimmendes Motiv für die Kündigung aus (BAG, Urteil v. 22.5.2003, 2 AZR 426/02; BAG, Urteil v. 2.4.1987, 2 AZR 227/86[2]).

 

Rz. 11

§ 5 TzBfG schneidet – ebenso wie § 612 a BGB oder § 613 a Abs. 4 BGB – die Kausalkette für andere Gründe ab, die den Entschluss des Arbeitgebers nicht bestimmt haben.[3] Daraus folgt, dass er andere Umstände, die er ohne die zulässige Rechtsverfolgung des Arbeitnehmers nicht zum Anlass für die benachteiligende Maßnahme, Unterlassung oder Vereinbarung genommen hätte, nicht zur Begründung der Benachteiligung anführen kann (BAG, Urteil v. 2.4.1987, 2 AZR 227/86).

 

Rz. 12

Das Maßregelungsverbot ist nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, d. h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG, Urteil v. 23.4.2009, 6 AZR 189/08[4]; zu § 612a BGB bereits BAG, Urteil v. 25.11.1993, 2 AZR 517/93[5]). Eine Benachteiligung scheidet aus, wenn die Rechtsausübung nur in irgendeiner Weise auch ursächlich und nur deren äußerer Anlass war.

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitgeber kann z. B. vorsorglich kündigen, wenn der Arbeitnehmer Befristungskontrollklage erhebt; die Klage ist dann nur der Anlass der Kündigung, nicht aber bestimmender Beweggrund, weil der Arbeitgeber ohnehin dessen Beendigung verfolgt hat (BAG, Urteil v. 22.9.2005, 6 AZR 607/04[6]).

Schließen die Arbeitsvertragsparteien für die Zeit nach Beendigung der Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrags einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag, unterliegt die in dem ersten Vertrag vereinbarte Befristung nur dann der gerichtlichen Befristungskontrolle, wenn die Parteien dem Arbeitnehmer bei Abschluss des Anschlussvertrags das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der Befristung des vorangegangenen Vertrags gerichtlich überprüfen zu lassen. Der Arbeitgeber ist zur Vereinbarung eines derartigen Vorbehalts grundsätzlich nicht verpflichtet. Lehnt der Arbeitgeber den Antrag des Arbeitnehmers, den Anschlussvertrag unter Vorbehalt abzuschließen, ab und hält er an seinem zuvor unterbreiteten Angebot auf vorbehaltlosen Abschluss des weiteren befristeten Arbeitsvertrags fest, liegt hierin keine Maßregelung, und zwar weder im Sinne von § 5 TzBfG noch im Sinne von § 612a BGB (BAG, Urteil v. 14.2.2007, 7 AZR 95/06[7]). Das Maßregelungsverbot dient nicht dazu, den Arbeitsvertragsparteien die anerkannt zulässigen Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeits- und Ausscheidensbedingungen zu nehmen (BAG, Urteil v. 15.2.2005, 9 AZR 116/04[8]). Das in § 612a BGB zum Ausdruck kommende Unwerturteil ist in diesem Fall nicht gerechtfertigt, auch wenn sich aus dem Verhalten des Arbeitgebers Nachteile für den Arbeitnehmer ergeben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer von Anfang an ausschließlich den vorbehaltlosen Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags angeboten hat und zum Zeitpunkt des Angebots noch keine Kenntnis von der Absicht des Arbeitnehmer...

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