Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung innerhalb der Wartezeit. Maßregelung. Beweislast. Anscheinsbeweis

 

Leitsatz (redaktionell)

Der gekündigte Arbeitnehmer der sich gegen eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses wegen Verstoßes gegen § 612a BGB wendet, trägt die Darlegungs- und Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen Rechtsausübung und Kündigung. Dabei kommen ihm aber die Regeln des Anscheinsbeweises zu Gute, wenn zwischen der Rechtsausübung und der Kündigung ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht.

 

Normenkette

BGB § 612a

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 14.12.2004; Aktenzeichen 5 Ca 1379 b/04)

 

Tenor

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 14.12.2004, Az.: 5 Ca 1379 b/04, wird abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 15.04.2004, zugegangen am 16.04.2004, beendet worden ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der 45-jährige Kläger ist verheiratet, einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet und zu 50 % schwerbehindert. Er ist seit dem 01.11.2003 als Kraftfahrer bei der Beklagten zu einem Monatsgehalt von EUR 1.700,– beschäftigt. Der Kläger wies gegenüber der Geschäftsführerin der Beklagten wiederholt darauf hin, dass er die Ladung im LKW nicht sichern könne, da entsprechendes Befestigungsmaterial nicht ausreichend vorhanden sei. Anfang April 2004 transportierte der Kläger von P… nach F… auf Paletten geladene Wodka-Kartons. Weil entsprechendes Befestigungsmaterial fehlte, konnte die Ladung nicht ausreichend gesichert werden, sodass sie verrutschte und vier von sechs Paletten umfielen. Mit Schreiben vom 12.04.2004 (Ostermontag) forderte der Kläger die Beklagte daraufhin auf, die gesetzlich vorgeschriebenen Ladungssicherungsmitteln bereitzustellen (Bl. 60 d.GA.):

„…Sie wissen ganz genau das auf denn Wechselbrücken keine bzw. nur unzureichend Befestigungspunkte vorhanden sind und daß das Gurten, unter oder über der Bordwand, am Rahmen gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt und dieses grob fahrlässig ist.

Des weiteren fehlen stabile Spannbretter auf den Fahrzeugen um eine ausreichende Sicherung der Ladung zu gewährleisten.

Ich bitte diese Mängel so schnell wie möglich zu beheben bzw. zu beseitigen, um die Gefahr der Nötigung, zu Transporten ohne ausreichende Ladungssicherung, Ihrerseits auszuschließen.

mit freundlichen Grüßen”

Mit Schreiben vom 15.04.2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfrist zum 25.04.2004 (Bl. 13 d.GA.).

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, wie er in der ersten Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsfeststellungsklage abgewiesen. Der Kläger könne sich mangels ausreichender Beschäftigungszeit weder auf Unwirksamkeitsgründe gemäß § 1 Abs. 1 u. 2 KSchG noch gemäß §§ 85, 90 Abs. 1 Ziff. 1 SGB IX berufen. Die Kündigung sei auch nicht gemäß § 612 a BGB nichtig. Den klagenden Arbeitnehmer treffe insoweit die Darlegungs- und Beweislast, dass er wegen seiner Rechtsausübung vom Arbeitgeber durch Ausspruch der Kündigung benachteiligt worden sei. Die Beklagte habe die Kündigung indessen damit begründet, dass der Kläger sich unfreundlich bei Kunden verhalten habe und er mit seiner ruppigen Art nicht in ihren Dienstleistungsbetrieb passe, sodass sie kurz vor Ablauf der Probezeit die Kündigung ausgesprochen habe. Die Beklagte habe zulässigerweise von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht. Der Kläger habe den Vortrag der Beklagten zwar bestritten, aber für die gegenteiligen Behauptungen keinen Beweis angeboten. Die Kündigung verstoße auch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Da sich der Kläger noch in der sechsmonatigen Wartezeit befunden habe, gehe es im Rahmen der Prüfung von § 242 BGB darum, den Arbeitnehmer vor einer willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigung zu schützen. Derartige Gründe seien indessen nicht ersichtlich und vom Kläger – über den Einwand eines Verstoßes gegen das Maßregelverbot – auch nicht vorgebracht worden. Schließlich sei die Kündigung auch nicht sittenwidrig nach §§ 137, 138 BGB. Hierfür habe der Kläger nichts vorgetragen. Eine Kündigung innerhalb der ersten sechs Monate des Bestehens des Arbeitsverhältnisses wegen – aus Sicht der Beklagten – bestehender Kundenbeschwerden sei nicht sittenwidrig, sondern liege im Rahmen des gesetzlich Gewollten – nämlich der Überprüfung, ob der Arbeitnehmer in den Betrieb passe.

Gegen dieses ihm am 26.01.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.02.2005 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 29.04.2005 am 29.04.2005 begründet.

Der Kläger greift

das angefochtene Urteil vollumfänglich an. Insbesondere ist er der Auffassung, dass die streitgegenständliche Kündigung g...

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