6.2.1 Ablauf der vereinbarten Vertragszeit

 

Rz. 68

Die Anwendung von § 15 Abs. 6 TzBfG setzt zunächst den Ablauf der Dienstzeit voraus. Bei einer kalendermäßigen Befristung ist dies der vereinbarte Beendigungszeitpunkt. Bei der Zweckbefristung endet das Arbeitsverhältnis mit dem Eintritt des vertraglich vereinbarten Zwecks, bei der auflösenden Bedingung mit dem Bedingungseintritt[1], frühestens aber 2 Wochen nach Zugang der erforderlichen schriftlichen Information nach § 15 Abs. 2 TzBfG.

6.2.2 Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

 

Rz. 69

Voraussetzung für die Anwendung des § 15 Abs. 6 TzBfG ist die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer.

 

Rz. 70

Für § 625 BGB setzt dies nach gefestigter Rechtsprechung des BAG die tatsächliche Erbringung einer Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer voraus. Die Gewährung von Urlaub, Freizeitausgleich oder eine Entgeltfortzahlung genügen daher nicht.[1]

 

Rz. 71

Grundlage dieser Rechtsprechung ist, dass nach dem Wortlaut von § 625 BGB die Fortsetzung durch den Verpflichteten zu erfolgen hat. Aus der Tatsache, dass nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 6 TzBfG genügt, dass das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird, wird teilweise hergeleitet, dass für § 15 Abs. 6 TzBfG auch Fortsetzungshandlungen des Arbeitgebers wie Urlaubserteilung oder Überstundenausgleich ausreichen.[2]

 

Rz. 72

Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Es kommt auch bei § 15 Abs. 6 TzBfG auf die tatsächliche Erbringung der Arbeitsleitung durch den Arbeitnehmer an.[3] Die einseitige Erfüllung von Leistungspflichten durch den Arbeitgeber genügt daher nicht. Ist ein Arbeitnehmer über den Beendigungszeitpunkt hinaus arbeitsunfähig erkrankt, kommt § 15 Abs. 6 TzBfG daher nicht zur Anwendung.[4] Handlungen des Arbeitgebers, wie Urlaubszuweisung oder Überstundenausgleich durch den Arbeitgeber lösen daher die Rechtsfolgen des § 15 Abs. 6 TzBfG nicht aus[5] – § 15 Abs. 6 TzBfG sieht die Möglichkeit des Widerspruchs zur Verhinderung der gesetzlichen Fiktion nur für den Arbeitgeber vor. Auch dies belegt, dass die bewusste Fortsetzung durch den Arbeitnehmer Tatbestandsvoraussetzung ist.[6] Könnten Handlungen des Arbeitgebers die Fiktion auslösen, würde eine Regelungslücke entstehen. Entsprechend der Begründung des Gesetzentwurfs[7] kommt es auch bei § 15 Abs. 6 TzBfG daher allein auf die Fortsetzung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer an.

 

Rz. 73

Die Fortsetzung muss in unmittelbarem Anschluss an den Ablauf der vereinbarten Vertragszeit erfolgen. Eine spätere Aufnahme der Tätigkeit genügt auch dann nicht, wenn die Unterbrechung nach Ende der Vertragszeit des Arbeitnehmers auf einen nach Ablauf der Vertragszeit gewährten Urlaub zurückzuführen ist.[8]

[1] Vgl. z. B. BAG, Urteil v. 24.10.2001, 2 AZR 620/00, NZA 2003, 153; BAG, Urteil v. 2.12.1998, 7 AZR 508/97, NJW 1999, 1654.
[2] So z. B. APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 62; Annuß/Thüsing/Maschmann, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 15 TzBfG, Rz. 18.
[3] Ausführlich BAG, Urteil v. 9.2.2023, 7 AZR 266/2023; BAG v. 28.9.2016, 7 AZR 377/14; NZA 2017, 55, Rz. 30; ErfK/Müller-Glöge, 23. Aufl. 2023, § 15 TzBfG, Rz. 27; HK-TzBfG/Joussen, 6. Aufl. 2019, § 15, Rz. 75.
[4] Sievers, TzBfG, 6. Aufl. 2019, § 15 TzBfG, Rz. 49.
[5] BAG, Urteil vom 9.2.2023, 7 AZR 266/22, HaKo/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, § 15 TzBfG, Rz. 32.
[6] So zu § 625 BGB KR/Krumbiegel,13. Aufl. 2022, § 625 BGB, Rz. 24.
[7] BT–Drucks. 14/4374 S. 21.
[8] BAG, Urteil v. 24.10.2001, 7 AZR 620/00, NZA 2003, 153 für den Fall eine Unterbrechung von 7 Kalendertagen.

6.2.3 Wissen des Arbeitgebers

 

Rz. 74

Die Fortsetzung der Tätigkeit muss mit Wissen des Arbeitgebers erfolgen. Zuzurechnen ist dem Arbeitgeber das Wissen der zum Abschluss von Verträgen berechtigten Vertreter.[1] Das Wissen eines Kollegen oder eines Fachvorgesetzten ohne entsprechende personalrechtliche Befugnisse genügt daher nicht. So hat das BAG die Kenntnis des Schulleiters dem Arbeitgeber genauso wenig zugerechnet wie im Hochschulbereich die Kenntnis eines Institutsleiters, da die zum Abschluss von Arbeitsverträgen befugte Stelle die Schulverwaltung[2] bzw. die Universitätsverwaltung[3] war. Die Kenntnis von Mitarbeitern in der Personalabteilung oder sonstigen Abteilungen ist daher nur dann zuzurechnen, wenn diesen die eigenverantwortliche Bearbeitung von arbeitsvertraglichen Angelegenheiten übertragen ist.[4] Ausnahmsweise muss sich der Arbeitgeber auch die Kenntnis von Personen zurechnen lassen, die eine ähnlich selbstständige Stellung wie ein personalberechtigter Vertreter innehaben, sofern die Verzögerung der Kenntnis einer zum Abschluss von Verträgen berechtigten Person auf einer unsachgemäßen Organisation des Betriebs oder der Verwaltung beruht.[5]

Da es sich bei den §§ 625 BGB, 15 Abs. 6 TzBfG um die Fiktion des schlüssigen Verhaltens handelt, kommen die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht für die Zurechnung der Kenntnis zur Anwendung.[6] Bei Leiharbeitsverhältnissen kommt es auf die Kenntnis des Verleihers als Vertragsarbeiter an. Der Entleiher ist nicht Arbeitgeber i. S. v. § 15 Abs. 6 TzBfG.[7]

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