2.2.1 Zweckerreichung

 

Rz. 13

Die Beendigung eines wirksam zweckbefristeten Arbeitsverhältnisses setzt die Zweckerreichung und schriftliche Unterrichtung über die Zweckerreichung voraus.[1]

 

Rz. 14

Unerlässliche Voraussetzung für eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung ist, dass ein Beendigungstatbestand hinreichend deutlich vereinbart war[2] und dieser Beendigungstatbestand auch tatsächlich eintritt[3]. Bereits das in dem Regierungsentwurf[4] genannte Beispiel der Projektarbeit zeigt, dass die Bestimmung des genauen Zeitpunkts Schwierigkeiten machen kann. Wann ist ein Forschungsprojekt abgeschlossen? Mit der Erstellung des Abschlussberichts? Mit der Abnahme durch einen beauftragenden Dritten? Die Zweckerreichung sollte daher möglichst konkret beschrieben werden. Bei einer Zweckbefristung muss der Vertragszweck ohnehin schriftlich vereinbart und so genau bezeichnet worden sein, dass das Ereignis, dessen Eintritt zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, zweifelsfrei feststellbar ist.[5]

 

Rz. 15

Gleichwohl wird es immer wieder Schwierigkeiten geben, den genauen Tag zu bestimmen. Da die Zweckerreichung objektiv bestimmbar sein muss[6], führt nicht die subjektive Einschätzung des Arbeitgebers zum Beendigungszeitpunkt. Ob die Rechtsprechung dem Arbeitgeber zur Bestimmung des Zeitpunkts einen gewissen Beurteilungsspielraum einräumen wird, bleibt abzuwarten.[7]

 

Rz. 16

Darlegungs- und beweispflichtig für die Zweckerreichung ist die Vertragspartei, die sich auf die Beendigung beruft.

 

Rz. 17

Schwierigkeiten können sich dann ergeben, wenn mehrere Arbeitnehmer für ein bestimmtes Projekt tätig sind und gegen Ende des Projekts weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden.

 
Praxis-Beispiel

55 Arbeitnehmer werden zweckbefristet als Prüfer der Gruppe Währungsumstellung eingestellt. Im Rahmen einer beabsichtigten Reduzierung auf 26 Arbeitnehmer hat das BAG eine Zweckerreichung als Folge der Reduzierung verneint. Es hat offen gelassen, ob der Beendigungstatbestand hinreichend deutlich vereinbart worden ist. Da die vertragliche Vereinbarung auf den Wegfall der Aufgabe der Gruppe Währungsumstellung abstelle, führe die Reduzierung der Aufgabe nicht zur Zweckerreichung.[8] Ist in den Arbeitsverträgen die ordentliche Kündigungsmöglichkeit vereinbart, kann jedoch betriebsbedingt gekündigt werden.

[1] Zur Definition der Zweckbefristung und der Abgrenzung zur auflösenden Bedingung Gräfl, § 3, Rz. 17 ff., 24 und Rambach, § 21, Rz. 3.
[4] BT-Drucks. 14/4374 S. 20.
[6] Boewer, TzBfG, 1. Aufl. 2002, § 15 TzBfG, Rz. 14.
[7] Zum Sachstand KR/Lipke/Bubach, 13. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 27f; für Beurteilungsspielraum Meinel/Heyn/Herms/Meinel, TzBfG, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 15 ff; ebenso HaKo/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, § 15 TzBfG, Rz. 6; Sievers, TzBfG, 6. Aufl. 2019, § 15 TzBfG, Rz. 6; zu den Auswirkungen einer fehlerhaften Beurteilung und Mitteilung durch den Arbeitgebers Rz. 31 ff.

2.2.2 Zweckwegfall

 

Rz. 18

Der Zweckwegfall ist der Zweckerreichung nicht gleichzusetzen. Die rechtlichen Konsequenzen hängen von dem Grund der Zweckbefristung ab.

 
Praxis-Beispiel
  1. Es wird als Zweckbefristung[1] eine Beschäftigung bis zur Wiederaufnahme der Tätigkeit durch einen erkrankten Mitarbeiter vereinbart. Dieser scheidet durch Eigenkündigung aus.
  2. Als Zweckbefristung wird vereinbart:

    Erstellung eines Waldschadensberichts über Borkenkäferbefall in der Fläche X.

    1. Das zu untersuchende Gebiet wird vom Orkan Kyrill verwüstet. Die geplante Untersuchung kann deswegen nicht fortgeführt werden.
    2. Der Wald ist nicht betroffen, der Arbeitgeber möchte jedoch im Hinblick auf Schäden in anderen Gebieten das Projekt stoppen und sich eilbedürftigeren Aufgaben widmen.
 

Rz. 19

Teilweise wird § 15 Abs. 2 TzBfG entnommen, dass der Arbeitgeber das Risiko des Zweckwegfalls trage, da der tatsächliche Eintritt der Zweckerreichung der früheste Zeitpunkt der Vertragsbeendigung sein könne.[2] Dies dürfte jedoch über den Schutzzweck von § 15 Abs. 2 TzBfG hinausgehen. § 15 Abs. 2 TzBfG soll dem Arbeitnehmer durch die frist- und formgebundene Unterrichtung Zeit geben, sich auf das vorher nicht bekannte Ende des Arbeitsverhältnisses einzustellen.[3]

 

Rz. 20

Auch im Rahmen des § 15 Abs. 2 TzBfG ist der Rückgriff auf eine ergänzende Vertragsauslegung bei Zweckfortfall möglich.[4] Wird mit der Zweckbefristung im Rahmen eines bestehenden Arbeitskraftbedarfs ein vorübergehender Vertretungsbedarf befriedigt, besteht das Arbeitsverhältnis bei Zweckfortfall weiter.[5] Fällt mit dem Zweckfortfall ein vorübergehender Arbeitsmehrbedarf weg, endet das Arbeitsverhältnis mit der 2-wöchigen Auslauffrist[6] (Beispielfall 2a, Rz. 18). Erfolgt keine Beendigungsmitteilung, kann nach § 15 Abs. 6 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstehen.[7] Die ergänzende Vertragsauslegung endet jedoch da...

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