1 Beurteilung

1.1 Arbeitnehmer/selbstständig Tätige

Arbeitsunfähig ist ein Versicherter, wenn er aufgrund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Arbeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann.[1] Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Es wird ausdrücklich auf die zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit abgestellt.

Arbeitsunfähigkeit besteht weiterhin während einer

  • stufenweisen Wiederaufnahme der Arbeit zur dauerhaften Wiedereingliederung in das Erwerbsleben,
  • befristeten Eingliederung arbeitsunfähiger Versicherter in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderungen oder
  • Belastungserprobung und Arbeitstherapie.

Es ist unerheblich, ob der Versicherte trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung möglicherweise noch eine andere Tätigkeit ausüben kann. Die Arbeitsunfähigkeit wird nicht durch die

  • Aufhebung des Arbeitsverhältnisses oder
  • Meldung der Arbeitslosigkeit bei der Arbeitsvermittlung

beendet.

Der Versicherte gibt damit zwar zu erkennen, dass er sich für eine berufliche Neuorientierung öffnet und zu einem Berufswechsel bereit ist. Allerdings endet damit nicht der Bezug zur früheren Beschäftigung. Erst mit der tatsächlichen Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit wird die Arbeitsunfähigkeit beendet und die neue Tätigkeit zur Grundlage für die Beurteilung einer weiteren Arbeitsunfähigkeit.

Maßstab der Arbeitsunfähigkeit von hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen ist die vor Feststellung der Arbeitsunfähigkeit verrichtete Erwerbstätigkeit.[2]

1.2 Arbeitslosengeldbezieher

Arbeitslose sind arbeitsunfähig, wenn sie krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sind, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den sie sich bei der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt haben.[1] Dabei ist es unerheblich, welcher Tätigkeit der Versicherte vor der Arbeitslosigkeit nachging. Die Befragung durch den Arzt bezieht sich bei Arbeitslosen auch auf den zeitlichen Umfang, für den der Versicherte sich der Agentur für Arbeit zur Vermittlung zur Verfügung gestellt hat.

 
Hinweis

Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II und Krankengeld

Bezieher von Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II haben keinen Anspruch auf Krankengeld.[2]

1.3 Ursächlichkeit

Für den Anspruch auf Entgeltersatzleistungen (z. B. Krankengeld) ist der ursächliche Zusammenhang zwischen einer Krankheit und der Arbeitsunfähigkeit erforderlich. Die Krankheit muss die wesentliche Bedingung für die Arbeitsunfähigkeit sein. Andere Ursachen neben der Krankheit schließen den Anspruch nicht aus.

 
Praxis-Beispiel

Wesentliche Bedingung

Ein beschäftigter Versicherter leidet unter einer Beinverkürzung als Folge einer Krankheit. Wenn die erforderliche Beinprothese zur Reparatur gegeben wird, kann die Arbeit nicht weiter ausgeübt werden. Die Arbeitsunfähigkeit hat ihre wesentliche Ursache in der Krankheit.[1]

2 Verweisungstätigkeit

Gibt ein Versicherter nach dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt ausgeübte Beschäftigung auf, ändert sich der rechtliche Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit. Es sind dann nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend, sondern es ist abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen.[1] Der Versicherte darf auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten verwiesen werden.

Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Beschäftigung um einen anerkannten Ausbildungsberuf, scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufs liegende Beschäftigung aus.

Eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was

  • die Art der Verrichtung,
  • die körperlichen und geistigen Anforderungen,
  • die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie
  • die Höhe des Entgelts

angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen. Der Versicherte muss sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen können. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten größer ist, weil die Verweisung nicht durch die Grenzen eines Ausbildungsberufs eingeschränkt ist.

3 Versicherung

Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibt während der Arbeitsunfähigkeit erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht.[1] Voraussetzung für den Erhalt der Mitgliedschaft ist, dass der Anspruch auf Krankengeld innerhalb eines Versicherungsverhältnisses oder in unmittelbarem Anschluss daran entsteht (Nahtlosigkeitsregelung).[2]

Die Arbeitsunfähigkeit muss also spätestens am nächsten Tag nach einem beendeten Beschäftigungsverhältnis ärztlich festgestellt werden.[3]

 
Praxis-Beispiel

Nahtlosigkeitsregelung

Das Beschäftigungsverhältnis eines versicherten Arbeitnehmers endet mit dem 26.4. (Mittwoch). Am 27.4. (Donnerstag) stellt ein Arzt fest, dass der Arbeitnehmer ar...

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