Der Gesetzgeber schlägt eine individuelle Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch zu den "Bedingungen der Telearbeit" vor (vgl. Abschn. 3.1.1). Das hört sich gut an, ist aber nicht so einfach.

Eine individuelle Vereinbarung kann der Arbeitsvertrag sein, allerdings auch eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag. In dieser sollen die Umstände der Tele- oder Homeofficearbeit geregelt werden, somit auch Details zum Arbeits- und Gesundheitsschutz an diesen Arbeitsplätzen. Denkbar wäre folgende Formulierung:

 
Praxis-Beispiel

Formulierung für individuelle Vereinbarung

Auch am Homeoffice- oder Telearbeitsplatz müssen die Vorgaben des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes eingehalten werden. Der Arbeitnehmer stimmt deswegen zu, dass der Arbeitsplatz nach Absprache für eine Gefährdungsbeurteilung (Erstbeurteilung) vom Arbeitgeber und/oder seinen Verantwortlichen betreten werden kann und dass danach anlassbezogene Nachbeurteilungen stattfinden können.

Mit dieser Klausel geht ein Grundrechtsverzicht einher. Grundsätzlich kann ein Bürger – auch durch einen privatschriftlichen Vertrag – auf seinen Grundrechtsschutz verzichten.[1] Das ist allerdings abhängig davon, wie stark das Grundrecht schützt und ob durch dieses Grundrecht auch Dritte geschützt werden. Der Schutz der eigenen Wohnung des Art. 13 Abs. 1 GG ist eines der stärksten Schutzrechte, das vor allem auch drittschützend ist (Familie, andere Mitbewohner). Man wird also davon auszugehen haben, dass eine solche Klausel gegen § 134 BGB verstößt und damit rechtswidrig, d. h. für den Arbeitnehmer unverbindlich wäre.[2]

Man kann jedoch aus dem privatrechtlichen Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme (§§ 241 Abs. 2, 242 BGB) eine Verpflichtung des Arbeitnehmers ableiten, an arbeits- und gesundheitsschützenden Maßnahmen mitzuwirken, also auch zumindest eine Erstbeurteilung nach § 1 Abs. 3 ArbStättV zu dulden.[3] Allerdings muss auch dieses in geeigneter Form schriftlich zwischen den Parteien vereinbart sein:

 
Praxis-Beispiel

Formulierung "Arbeits- und Gesundheitsschutz"

(1) Die Parteien stimmen darüber ein, dass auch am Homeoffice- oder Telearbeitsplatz der erforderliche Arbeits- und Gesundheitsschutz durch geeignete Maßnahmen umgesetzt werden muss.

(2) Die Parteien stimmen darüber ein, dass im Falle der Verweigerung der Mitwirkung an geeigneten arbeits- und gesundheitsschützenden Maßnahmen durch den Arbeitnehmer der Arbeitgeber die Zustimmung zur Homeoffice- oder Telearbeit widerrufen kann, weil er zur Durchführung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gesetzlich verpflichtet ist.

Es ist dringend davon abzuraten, diesen Komplex gar nicht zu regeln und als Arbeitgeber davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer allein durch die Aufnahme der Homeoffice- oder Telearbeit konkludent auch der Durchführung arbeits- und gesundheitsschützender Maßnahmen zustimmt,[4] weil der Grundrechtsschutz auch dem entgegenstehen wird.

[1] S. dazu z. B. Fischinger: JuS 2007, 808.
[2] So auch Ganz, a. a. O.
[3] So z. B. Wiebauer, a. a. O., § 1 ArbSchG, Rn. 61.
[4] So z. B. Peter: DB 1998, 573.

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