Es wurde bereits deutlich, dass die Abhängigkeit der Leistungsfähigkeit vom Alter differenziert betrachtet werden muss. Aussagen wie "ab 30 geht's bergab" oder "im Alter lässt alles nach" können nach dem Stand der Forschung nicht als allgemeingültig stehen bleiben. Die menschliche Leistungsfähigkeit muss differenziert betrachtet werden und es muss neben dem kalendarischen Alter auch das biologische Alter herangezogen werden.

In Abb. 4 ist ersichtlich, dass sensorische, motorische und kognitiv-fluide Funktionen im Alter nachlassen. Kognitiv-kristalline und soziale Funktionen eher nicht. Kognitiv-fluide Funktionen sind z. B. Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, Gedächtnisabruf, Wechsel zwischen Aufgaben, Doppelaufgaben. Kognitiv-kristalline Funktionen sind z. B. Erfahrung, Wissen, Urteilsvermögen.

Abb. 4: Altersverlauf verschiedener Funktionen[1]

Bei der Arbeitsplatzgestaltung muss auch die säkulare Akzeleration beachtet werden. Säkulare Akzeleration bedeutet nicht, dass die Menschen im Laufe des Lebens größer oder kleiner werden, sondern die später geborenen sind im Durchschnitt einige Zentimeter größer (Abb. 5). Die Akzeleration hat sich allerdings nach 2010 deutlich reduziert, eine weitere Zunahme der Körperhöhe konnte nicht mehr festgestellt werden. Da allerdings der Anteil der älteren Menschen höher ist, dominieren diese in der im Jahr 2020 aktualisierten DIN 33402. Für günstige Arbeitsbedingungen müssen die Arbeitsplätze an alle Körperhöhen angepasst werden können. Es wurde weiterhin festgestellt, dass in den letzten 30 Jahren auch der Körperumfang zugenommen hat.

Abb. 5: Akzeleration[2]

Zusammenfassend ist in Tab. 1 eine Übersicht der Leistungsfähigkeit im Alternsprozess enthalten.

 
eher zunehmend eher gleichbleibend eher abnehmend
Erfahrungswissen Allgemeinwissen Muskelkraft
Urteilsvermögen, Sorgfalt, Genauigkeit Fähigkeit zu Informations-aufnahme und -verarbeitung Beweglichkeit, Schnelligkeit
sprachliche Gewandtheit, Ausdrucksvermögen Aufmerksamkeit und ­Anpassungsfähigkeit klimatische Anpassungsfähigkeit
dispositives Denken Intelligenz, Konzen­trationsfähigkeit Hör- und Sehvermögen, Tastsinn
Selbstständigkeit Lernfähigkeit  
soziale Kompetenz Kreativität  
Verantwortungs­bewusstsein   geistige Umstellungsfähigkeit
Sicherheitsbewusstsein, Zuverlässigkeit Merkfähigkeit im Langzeitgedächtnis Geschwindigkeit der ­Informationsaufnahme und -verarbeitung
Ausgeglichenheit und ­Beständigkeit Ausdauer: Widerstandsfähigkeit bei normaler ­Belastung Abstraktionsvermögen
menschliche Reife   Kurzzeitgedächtnis
betriebsspezifisches Wissen, Betriebstreue, Motivation   Widerstandsfähigkeit bei hohen Dauerbelastungen

Tab. 1: Leistungsfähigkeit und Alter[3]

Neben der Veränderung der Leistungsfähigkeit muss bei der alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung auch die Variabilität der Ausprägung der Leistungsfähigkeit beachtet werden (Abb. 6). Hier zeigt sich eine Abweichung zwischen kalendarischem und biologischem Alter. So kann es z. B. 50-Jährige geben, die die gleiche Leistungsfähigkeit haben wie 70-Jährige und umgekehrt. Der individuelle Gesundheitszustand spielt hier die entscheidende Rolle. Dieser kann durch individuelles Verhalten und Training stark beeinflusst werden.

Abb. 6: Zunahme der Leistungsvariabilität im Alter

Entsprechend der in Abb. 6 aufgezeigten Zusammenhänge kann man folglich bei der Arbeitsgestaltung nicht von "dem 50-Jährigen" oder "dem 60-Jährigen" ausgehen, sondern man muss den einzelnen Beschäftigten konkret im Blick haben.

[1] Falkenstein, 8. iga-Kolloquium "Gesund und sicher länger arbeiten", 14. und 15. März 2011 in Dresden.
[2] Quelle: Size germany (www.sizegermany.de).
[3] Langhoff, Den demographischen Wandel im Unternehmen erfolgreich gestalten: Eine Zwischenbilanz aus arbeitswissenschaftlicher Sicht, 2009.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge