Mit Blick auf den aktuellen Stand der empirischen Forschung zum Thema lassen sich zunächst Arbeiten, wie die von Förster und Wendler (2012), Yusuf et al. (1999), Ramesh und Devadasan (2007), Sherehiy et al. (2007) oder Alavi und Abd (2013) finden, die auf Basis einer Literaturrecherche einen Überblick zum Thema Agilität oder einem bestimmten Teilaspekt von Agilität liefern. Diese Arbeiten versuchen mittels einer meta-analytischen Betrachtung der einschlägigen Literatur bestimmte Dimensionen und Wirkungen des Konzepts der Agilität zu identifizieren.

Qualitative und quantitative Forschungsmethoden

Neben diesen zusammenfassenden Metabetrachtungen sind in den letzten Jahren vermehrt Publikationen erschienen, die sich, basierend auf qualitativen oder quantitativen Forschungsmethoden, mit nur einer gezielten Fragestellung befassen. Erste quantitative Studien zur Verbreitung und Ausgestaltung von agilen Methoden und Praktiken in Unternehmen in Deutschland liegen inzwischen ebenfalls vor[22]. In diesen Befragungen wurde die operative Arbeit mit agilen Werkzeugen zum Gegenstand gemacht. Nicht differenziert betrachtet wurden die Konzepte und begrifflichen (Vor-)Verständnisse von Agilität oder agilen Methoden, die die Befragten überhaupt zugrunde legen. Diese Erkenntnislücke, welches Verständnis von Agilität in der Praxis vorzufinden ist und wie sich Agilität in der Praxis gestaltet, welche Voraussetzungen, Hindernisse und Erfolgsfaktoren bestehen und wie sich Agilität konkret und gewinnbringend konzipieren und umsetzen lässt, gilt es durch Forschung zu schließen.

Hierzu liefert die qualitative Untersuchung von Fischer et al.[23] erste Erkenntnisse. Die Studie basiert auf 45 leitfadengestützten Interviews in Unternehmen, die sich bereits mit mehr oder weniger Intensität mit Agilität beschäftigt haben. Die Interviews wurden mit Personen aus der Geschäftsführung, aus HR sowie aus Fachabteilungen geführt. In einigen Unternehmen gehörten auch agile Coaches zum Kreis der Interviewten.

Erste Kernergebnisse

Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit stellen den gemeinsamen Kern des Verständnisses von Agilität in der Praxis dar. Allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede in der Gewichtung bzw. Bezugnahme auf agile Methoden (wie Scrum u. ä.). Das Verständnis von Agilität geht gerade bei Unternehmen, die sich schon länger damit beschäftigen, über die Methoden hinaus und diese stellen eine agile Haltung (Mindset) in den Vordergrund. Als Beweggründe für die Auseinandersetzung mit dem Thema Agilität nennen die Unternehmen sowohl interne ("Inwelt") als auch externe ("Umwelt") Faktoren[24].

Als tatsächliche (und teilweise auch zunächst erhoffte) konkrete Vorteile von Agilität werden in den Unternehmen die in der Literatur ausführlich diskutierten externen Wirkungen betrachtet[25]. So soll Agilität dazu beitragen, schneller auf Umweltveränderungen zu reagieren und Kundenwünsche besser zu erfüllen. Es zeigt sich jedoch klar, dass ergänzend dazu den intern wirkenden Vorteilen ein noch größeres Gewicht beigemessen wird. Zu diesen positiven internen Auswirkungen von Agilität wird insbesondere eine veränderte Führung mit mehr Offenheit und Transparenz gezählt. Eng damit verknüpft findet sich eine veränderte Fehler- bzw. Lernkultur. So geben in einem idealen (agilen) Setting Führungskräfte Verantwortung an ihre Mitarbeitenden ab. Damit diese Strategie erfolgreich ist, müssen jedoch Fehler als Lernchance verstanden werden und erlaubt sein. Grundlegend muss daher ein neuer, situationsadäquater Umgang mit Fehlern entwickelt werden.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass es weder in den verschiedenen Ansätzen und Definitionen von Agilität noch in der historischen Entwicklung der Agilität ein allgemeingültiges Verständnis von Agilität gibt. Aus diesem Grund bleibt aus den bisherigen Ausführungen offen, ob es in Unternehmen tatsächlich unterschiedliche Reifegrade an Agilität gibt, die man systematisch erfassen und dann entsprechend auch messen kann.

[22] Z. B. Haufe/TNS Infratest 2016; Harsch et al., 2016; Komus und Kuberg, 2015.
[23] Fischer, S., Weber, S., & Zimmermann, A. (2017a). Agilität heißt … . Personalmagazin, 4, S. 40–43. Fischer, S., Weber, S., & Zimmermann, A. (2017b). Wie Organisationen agil werden. Personalmagazin, 6, S. 46–49.
[24] Fischer, S., Weber, S., & Zimmermann, A. (2017a). Agilität heißt … . Personalmagazin, 4, S. 40–43.
[25] Fischer, S., Weber, S., & Zimmermann, A. (2017b). Wie Organisationen agil werden. Personalmagazin, 6, S. 46–49.

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