Für Führungskräfte, die aus dem klassischen Umfeld kommen, bedeutet der Wandel eine neuartige Interpretation von Führung. In klassischen Organisationen haben sie sich fast ausschließlich über ihre fachliche Expertise definiert. Das tatsächliche Führen der Mitarbeiter geschah, wenn überhaupt, "on top". Man spricht in diesem Zusammenhang häufig von einem stark fachorientierten Führungsstil, entfällt doch die Arbeitszeit nahezu vollständig auf operative Aufgaben. Für mitarbeiterzentrierte Menschenführung bleibt in diesem Konstrukt oft keine Zeit mehr[2]. Eine gezielte Förderung der Mitarbeiter ist nicht systematisch gegeben, abgesehen vielleicht von vereinzelten Trainings- und Weiterbildungsangeboten. Zu diesen kommt es aber in der Regel durch Initiative und Nachdruck seitens der Mitarbeiter, die auf das Angebot solcher Maßnahmen insistieren. Die Führungskräfte selbst räumen der gezielten Entwicklung der Mitarbeiter, genauso wie dem eigentlichen Thema "Führung" selbst, oft keine außerordentliche Wichtigkeit ein.

Ein Teil der Attraktivität der Führungsrolle der klassischen Führungskräfte sind hierarchiebedingte Privilegien und Statussymbole wie z. B. mehr Gehalt, Titel, Firmenwagen, Größe des Büros inkl. der Anzahl der Fensterfronten oder auch die Größe des Teams, der Abteilung und des Bereichs[3]. Dass sich daraus für die Mitarbeiter, die Gesamtorganisation und auch möglicherweise für sie selbst negative Konsequenzen ergeben können, wird hierbei gern ausgeblendet. Durch die vergleichsweise stiefmütterliche Behandlung der Weiterentwicklung der Mitarbeiter verfestigt sich eher der Graben zwischen Führungskräften und Mitarbeitern. Dadurch manifestiert sich die bestehende Rangordnung noch zusätzlich.

Hierzu trägt zusätzlich bei, dass Verantwortung in der Regel komplett bei den Führungskräften verbleibt und kaum Systeme zur Wissensteilung existieren. Die dadurch entstehenden bzw. entstandenen Wissensmonopole innerhalb der Organisation werden so nur noch weiter stabilisiert, Wissen wird zum Machtinstrument. Die erwähnte Verantwortung und damit Führungskompetenz kann dadurch ausschließlich bei den Linienführungskräften verbleiben. Während Mitarbeiter und Teams damit nur über einen sehr eingeschränkten Handlungsrahmen verfügen, geben die Führungskräfte vollumfänglich vor, was bis wann wie zu tun ist.

[2] Vgl. Lang, Karl (2014): Personalmanagement 3.0 – 22 Kernkonzepte aus der Führungspraxis. Linde, S. 63.
[3] Vgl. Gloger, Boris; Häusling, André (2011): Erfolgreich mit Scrum – Einflussfaktor Personalmanagement. Carl Hanser Verlag, München, S. 163 f.

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