Im Bereich des allgemeinen (also nicht Kirchen-)Arbeitsrechts liegt keine Rechtsprechung zu Fragen zur Religionszugehörigkeit vor, die Arbeitgeber in Bewerbungsgesprächen stellten. In Betracht kommen Fragen wie "Halten Sie Gebetszeiten ein?".[1] Derartige Fragen dürften grundsätzlich ein diskriminierungsrelevantes Indiz i. S. v. § 22 AGG begründen, das eine Benachteiligung wegen der Religion vermuten lässt. Privaten (nicht kirchlichen) Arbeitgebern ist es verwehrt, § 9 AGG als Rechtfertigungsgrundlage heranzuziehen.

 
Hinweis

Kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind keine öffentlichen Arbeitgeber

Das urteilte das BAG Ende Januar 2024.[2] Hieraus ergibt sich, dass auch sie, wie alle anderen kirchlichen Arbeitgeber, nicht gemäß § 165 Satz 3 SGB IX dazu verpflichtet sind, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Das begründete das BAG damit, dass die kirchliche Körperschaft öffentlichen Rechts keine öffentlichen, also staatlichen Aufgaben wahrnehme.

Viele Kirchengemeinden sind Körperschaften öffentlichen Rechts. Das erklärt sich mit Verfassungsrecht, das bereits in der Weimarer Republik galt. Mit der Einführung der Weimarer Reichsverfassung wurde bestimmt, dass Religionsgesellschaften weiterhin Körperschaften öffentlichen Rechts sind, wenn sie das vorher auch waren.[3] Diese Norm ist auch weiterhin Verfassungsrecht gemäß Art. 140 GG. Heutzutage sind häufig evangelische Gemeinden Körperschaften öffentlichen Rechts. Eine Erklärung hierfür liegt darin, dass historisch gesehen die Kirche organisatorisch mit dem jeweiligen Landesherrn verbunden war – "cuius regio eius religio".[4]

Private Arbeitgeber müssen also für eine Rechtfertigung den allgemeinen Rechtfertigungsgrund gemäß § 8 Abs. 1 AGG bedienen. Dieser erlaubt eine Schlechterbehandlung, wenn eine solche aufgrund der wesentlichen und entscheidenden Anforderungen der Tätigkeit nötig ist. Denkbar wäre eine Tätigkeit, die nur sinnvoll ausgeführt werden kann, wenn die Mitarbeiter sie mehrere Stunden am Stück ohne Unterbrechung ausüben. Dann kollidierten möglicherweise die Gebetszeiten mit den Anforderungen an die Tätigkeit. Willkürlich bestimmte Anforderungen können allerdings nicht zur Rechtfertigung herangezogen werden. Es muss sich um objektive Anforderungen handeln, die sich aus der Art der Tätigkeit ergeben.

[1] MHdb Arbr./Benecke, § 33, Rz. 25.
[3] Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV.

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