Kommt es zu (sexuellen) Belästigungen am Arbeitsplatz, muss der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zur Unterbindung einer Wiederholung ergreifen. Andernfalls können Betroffene der Belästigung oder sexuellen Belästigung gem. § 14 AGG die Arbeit verweigern, ohne hierfür ihren Anspruch auf Entlohnung einzubüßen.[1] Die Bestimmung dessen, was geeignet ist, erfolgt nicht aus Sicht des Betroffenen, sondern aus Sicht eines verständigen Dritten.[2] Wie der Arbeitgeber reagieren muss, hängt von der Intensität der sexuellen Belästigung ab. Bei groben Bemerkungen kann eine außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.[3] Ausgehend davon, dass § 14 AGG vom Arbeitgeber verlangt, dass er die geeignete Maßnahme ergreift, kann der Ausspruch der außerordentlichen Kündigung geboten sein. Bemerkbar ist, dass Gerichte auf Fälle der sexuellen Belästigung immer strenger reagieren. Mittlerweile reichen verbale sexistische, herabwürdigende Kommentare, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.[4] In früheren Entscheidungen waren die Gerichte auch bei körperlichen Übergriffigkeiten (Handgreiflichkeiten im Partywagen[5] im Vergleich zu verbaler Bemerkung[6]) noch etwas vorsichtiger und bemühten sich darum, mehr als nur das einmalige Verhalten in die Entscheidung miteinzubeziehen. In der zitierten Entscheidung des ArbG Berlin aus dem Jahr 2012 stützte dieses die Rechtfertigung der Kündigung zu einem großen Teil darauf, dass der Arbeitgeber den betreffenden Mitarbeiter bereits mehrfach gerügt hatte. Eine solche Großzügigkeit können gekündigte Mitarbeiter künftig nicht mehr erwarten. Der Trend geht dahin, dass die Toleranz für sexuelle Übergriffigkeit, und sei sie auch nur verbal, weiter sinkt. Dennoch gilt weiterhin: Bei milden Verstößen sind mildere Maßnahmen geboten. Geändert hat sich, was Gerichte unter "mild" verstehen. Statt zu kündigen, sollte der Arbeitgeber in milden Fällen den Mitarbeiter versetzen oder abmahnen.[7] Was besser ist, hängt davon ab, was mehr Erfolg verspricht. Rechtlich geboten ist die Wahrung der Verhältnismäßigkeit. Für ein geringfügiges Mehr an Erfolgsaussicht können Arbeitgeber nicht die regelmäßig belastendere Maßnahme der Versetzung gegenüber der Abmahnung wählen.[8]

[2] Vgl. ErfK/Schlachter AGG § 14 Rn. 1.
[3] ArbRAktuell 2023, 361.
[4] Ebd.
[5] BeckRS 2012, 67603
[6] ArbRAktuell 2023, 361.
[7] Oelkers, NJW-Spezial 2011, 50, mwN.
[8] BeckRS 2012, 67603.

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