2.1 "0 – 2 Jahre Berufserfahrung"

Wünschen sich Arbeitgeber in der Stellenausschreibung Bewerber mit wenig bis keiner Berufserfahrung, werden Gerichte aufmerksam. In entsprechenden Phrasen sehen diese häufig einen Verstoß gegen das Gebot der benachteiligungsfreien Stellenausschreibung.[1]

 
Hinweis

Objektive Eignung

So entkam im Fall LAG Köln vom 20.11.2013[2] das beklagte Unternehmen der Entschädigungspflicht trotz der Anforderung "0 – 2 Jahre Berufserfahrung" nur, weil der Bewerber objektiv nicht für die Stelle geeignet war.[3] Das LAG nahm jedoch an, dass die Voraussetzungen an sich für eine unmittelbare Benachteiligung vorlägen. Die Entscheidung des LAG Köln baut auf der mittlerweile veralteten Rechtsprechung des BAG auf, wonach für objektiv ungeeignete Bewerber keine "vergleichbare Situation" i. S. d. § 3 Abs. 1 AGG bestehe. Die vergleichbare Situation ist notwendig für die mittelbare Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG, auch wenn das dem Wortlaut der Norm nicht eindeutig zu entnehmen ist.[4] Das Erfordernis der objektiven Eignung hat das BAG mittlerweile ausdrücklich aufgegeben.[5]

[3] Die objektive Eignung hat das BAG mittlerweile als Voraussetzung aufgegeben, BAG, NZA 2016, S. 1394.
[4] ErfK/Schlachter, 23. Aufl., AGG § 3, Rz. 9.

2.2 "Young Professionals"

Arbeitgeber sollten vermeiden, Signalwörter zu verwenden, die eine Bevorzugung jüngerer Bewerber erkennen lassen. Das gilt insbesondere für die Phrase "Young Professionals".[1] Mitunter enthalten Stellenbezeichnungen, die die Position in der Hierarchie des Unternehmens beschreiben, Adjektive wie "Junior Consultant" oder "Senior Consultant". Diese sind regelmäßig unbedenklich, weil sie keine Aussage per se über das Alter der Person formulieren, die die Stelle besetzt.[2] Fügt sich die Bezeichnung der Stelle also in die Unternehmenshierarchie ein und artikuliert objektiv gesehen keine Erwartungshaltung an die sich bewerbende Person, dürfen Arbeitgeber sie verwenden.

2.3 "Junges und engagiertes Team"

In dem betreffenden Fall enthielt die streitgegenständliche Stellenausschreibung die Phrase "junges und engagiertes Team". Das Urteil des ArbG Dortmund vom 23.1.2020[1] knüpft an das Urteil des BAG vom 11.8.2016[2] an, in welchem die in der Stellenausschreibung enthaltene Phrase "junges und dynamisches Team" den Rechtsstreit initiierte.

Das ArbG Dortmund verurteilte das beklagte Unternehmen zu einer Entschädigung i. H. v. 60.000 EUR (ein Jahresgehalt) gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG. Die Benachteiligung lag in der diskriminierenden Stellenausschreibung gemäß §§ 7 Abs. 1, 11 AGG. Die Phrase "junges Team" ist diskriminierend, weil sie nicht nur die aktuelle Situation im Unternehmen beschreibt, sondern (nach Ansicht des entscheidenden Gerichts) auch einen Wunsch für die Zukunft ausdrückt. Augenmerk verdient hierbei der Aspekt, dass es nicht darauf ankommt, dass die Benachteiligung die "Triebfeder" der Ablehnungsentscheidung ist. Es genügt, wenn sie ein kleiner Teil des "Motivbündels" ist, das die Entscheidung hervorgebracht hat.

Der Arbeitgeber musste dann das Gericht mit einem Gegenbeweis davon überzeugen, dass er den Bewerber trotz der diskriminierenden Phrase nicht benachteiligt hat (s. Abschn. 1.2, Beweiserleichterungen). Das ist ihm nicht gelungen. Arbeitgeber können beispielsweise den Gegenbeweis erbringen, indem sie beweisen, dass sie nach einem bestimmten Verfahren entschieden haben, bei dem eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausgeschlossen ist.[3] Um dies zu erreichen, können Arbeitgeber an eine bestimmte Qualifikation anknüpfen.

Das Gericht hat den immateriellen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG nicht auf 3 Monatsgehälter begrenzt. Die Norm sieht eine Begrenzung vor, wenn der Bewerber auch ohne die Benachteiligung nicht eingestellt worden wäre. Die Beweislast hierfür trägt der Arbeitgeber. Das ist in dem Fall dem Unternehmen nicht gelungen. Er zeigt, wie aus einer Ungeschicklichkeit sehr hohe Entschädigungsansprüche erwachsen können. Die Entschädigungspflicht für immaterielle Schäden ist eine Besonderheit. Es gibt sie nur, wenn das Gesetz sie ausdrücklich vorsieht.[4]

2.4 Ausnahmefall: "Junges Team mit flachen Hierarchien"

In diesem Fall, den das LAG Berlin-Brandenburg im Juli 2017 entschied[1], warb ein Start-Up um Mitarbeiter mit der Phrase "junges Team mit flachen Hierarchien, das echte Gestaltungsräume bietet". Die Klage des nicht eingestellten Bewerbers wies das Gericht ab. Das begründeten das Arbeitsgericht und die darauffolgende Instanz des Landesarbeitsgerichts damit, wie die Stellenausschreibung insgesamt wirkt, und welchen Eindruck des Unternehmens sie vermittelt.

Prägend für die Entscheidung war ein Urteil des BAG vom November 2017.[2] In diesem erklärte das Gericht, eine Stell...

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