
Immer mehr Pflegekräfte werden von den Krankenhäusern über Agenturen ausgeliehen statt fest angestellt. Der SV-Spitzenverband hat sich zu den versicherungsrechtlichen Fragen geäußert.
Ein neuer Trend etabliert sich in den deutschen Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen: Über Personalagenturen wird Pflegepersonal zeitlich begrenzt vermittelt. Dies geschieht regelmäßig im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit. Meist erfolgen die Einsätze als Anästhesieschwestern/-pfleger, OP-Fachkräfte, Stationsschwestern/-pfleger, Altenpflegerinnen/-pfleger im Rahmen von Krankheits- bzw. Urlaubsvertretungen oder zur Unterstützung bei außergewöhnlichen Arbeitsbelastungen. Auch greifen Krankenhäuser inzwischen vermehrt auf freiberufliche Honorarärzte zurück, weil in einigen Regionen Stellen im ärztlichen Dienst schwer zu besetzen sind.
Versicherungspflicht als selbstständige Pflegeperson
Die Sozialversicherungsträger wurden auf das Thema aufmerksam, weil jüngst die Anträge von Pflegekräften auf Feststellung der Rentenversicherungspflicht als selbstständig Tätige (§ 2 SGB VI) deutlich zunahmen. Die Selbstständigkeit wurde insbesondere damit begründet, dass die Ersatzpflegekräfte ihnen angebotene Aufträge auch ablehnen könnten und auch bei Zustandekommen eines Vertrages ungewiss sei, ob ein Folgeauftrag erteilt wird. Außerdem werde weisungsfrei gearbeitet und ein Unternehmerrisiko getragen, da die Arbeitskleidung selbst beschafft würde.
Merkmale der abhängigen Beschäftigung überwiegen
Die SV-Spitzenverbände vertreten eine andere Auffassung, die nun mit Besprechungsergebnis vom 8./9.5.2012 (TOP 1) veröffentlicht wurde. Pflegepersonen mit zeitlich begrenzter Tätigkeit in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen stehen in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und sind folglich grundsätzlich sozialversicherungspflichtig.
Die Pflegepersonen sind hinsichtlich Arbeitszeit, -ort, -dauer und -ausführung organisatorisch in das Krankenhaus bzw. Heim eingegliedert. Sie müssen den Weisungen der jeweiligen Leitung Folge leisten, so dass sich ihre Arbeitsleistung nicht von der des festangestellten Personals unterscheidet. Auch besteht kein typisches Unternehmerrisiko, da lediglich die Vergütung ausfallen kann. Auch müssen viele angestellte Pflegekräfte sich je nach Ausgestaltung des Arbeitsvertrags ihre Arbeitskleidung selbst beschaffen.
Diese Beurteilung gilt selbst dann, wenn die Pflegekräfte ein Gewerbe anmelden, Einkommensteuer abführen und der Berufsgenossenschaft die Tätigkeitsaufnahme mitteilen.
Entleiher wird zum Arbeitgeber
Fehlt dem Verleiher des Pflegepersonals die erforderliche Erlaubnis nach dem Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz, liegt eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vor und der Entleiher (Krankenhaus bzw. Heim) gilt als Arbeitgeber. Zahlt die Agentur (Verleiher) trotzdem (Teil-) Arbeitsentgelt an die Pflegekraft (Leiharbeitnehmer), gilt der Verleiher ebenfalls als Arbeitgeber. Verleiher (Agentur) und Entleiher (Krankenhaus bzw. Heim) müssen dann jeweils aus dem von ihnen gezahlten Entgelt die Sozialversicherungsbeiträge zahlen und haften insoweit als Gesamtschuldner.
Schlagworte zum Thema: Leiharbeit, Arbeitnehmerüberlassung, Gesamtschuldner, Talent Management, Selbständigkeit
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