Abschlagsfreie Rente mit 63 wegen Datenlücke in Gefahr?

Die Rentenversicherung meldet ein Datenproblem bei der geplanten abschlagsfreien Rente mit 63: zwischen kurzer und langer Arbeitslosigkeit wurde nicht differenziert. Die Wartezeit bei der Rente mit 63 kann in den gespeicherten Rentendaten daher nicht maschinell geprüft werden.  

Allerdings will die Bundesregierung das überraschend aufgetauchte Datenproblem der Deutschen Rentenversicherung (DRV) bei der Umsetzung der abschlagfreien Rente mit 63 schnell lösen. Das teilte der Sprecher des Bundesarbeitsministeriums (BMAS) am 23.1.2013 in Berlin auf Anfrage mit. Derzeit stimmten sich die beteiligten Ministerien untereinander hinsichtlich der Datenlücke ab. Die Zeit drängt, denn bereits Ende Januar 2014 soll der Gesetzesentwurf des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes ins Kabinett.

Datenlücke der DRV erschwert Prüfung der Rente mit 63

In von Juli 1978 bis Januar 2001 wird in den bei der Rentenversicherung gespeicherten Versichertendaten nicht zwischen kurz- und langfristiger Arbeitslosigkeit differenziert – folglich können diese Arbeitslosigkeitszeiten auch nicht „vollmaschinell“ unterschieden werden. Die Unterscheidung ist jedoch für die Prüfung der Rente mit 63 wichtig: In die erforderlichen 45 Beitragsjahre sollen auch Zeiten kurzer Arbeitslosigkeit unbegrenzt eingerechnet werden.

Unterscheidung Kurzzeitarbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit

Kurzzeitarbeitslos ist, wer spätestens nach 12 Monaten wieder eine Beschäftigung hat. Bei älteren Arbeitslosen liegt die Grenze bei bis zu 24 Monaten, sogar bis zu 32 Monaten. Diese „Kurzzeitarbeitslosen“ erhalten bei Erfüllen der weiteren Anspruchsvoraussetzungen Arbeitslosengeld (ALG I).  Was über diese Zeiten hinausgeht ist Langzeitarbeitslosigkeit. Langzeitarbeitslose erhielten bis 2005 Arbeitslosenhilfe, seit 2006 gibt es Arbeitslosengeld II (ALG II bzw. Hartz IV).

Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Datenlücke

Die DRV Bund bestätigt, dass die Ermittlung der Zeiten kurzer Arbeitslosigkeit „im Einzelfall (...) geraume Zeit in Anspruch nehmen werde“. Folglich scheint der Verwaltungsaufwand für die Prüfung der Versichertendaten bei der Rentenversicherung erheblich höher ist als bisher angenommen zu sein.

Ungleichbehandlung bei der Rente mit 63 in der Kritik

In ihrer Stellungnahme bezweifelt die DRV, dass die für die abschlagfreie Rente ab 63 geplante Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten der Arbeitslosigkeit überhaupt «sachlich zu rechtfertigen ist».

Auch die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt kritisiert, dass die lückenhafte Datenlage bei der DRV eine Hürde für die Rente ab 63 sei. Ebenfalls sei die ungleiche Behandlung von Beziehern von ALG I und ALG II (Hartz IV) fragwürdig, erscheine willkürlich und sei deshalb verfassungsrechtlich problematisch.

Gibt es Lösungswege für eine gerechte Rente mit 63?

Durch die Datenlücke sei es schwierig, die abschlagfreie Rente mit 63 umzusetzen und das Projekt sollte fallen gelassen werden, fordert der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband. Der Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider sagte: „Die praktischen Probleme, die sich nun bei der Umsetzung der Rente mit 63 herausstellen, wären ganz einfach gelöst, wenn man alle vor dem Gesetz gleich behandelt - so wie es unser Grundgesetz vorsieht.“

Der rentenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß, sagte dass es am einfachsten wäre, nur Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen.

Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) äußerte den Verdacht, Nahles ziehe möglicherweise „eine spätere Korrektur durch das Bundesverfassungsgericht ins Kalkül (...), um durch eine volle Anrechnung jedweder Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der abschlagsfreien Rente mit 63 die Rente mit 67 faktisch doch noch zu Fall zu bringen“.

Wie könnten unklare Zeiten der Arbeitslosigkeit für die Rente mit 63 nachgewiesen werden?

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kann nicht helfen. Dort werden alle elektronisch gespeicherten Angaben über Zeiten der Arbeitslosigkeit nach 5 Jahren gelöscht, bestätigte eine BA-Sprecherin.

Können Versicherte selbst keinen Nachweis über Arbeitslosigkeitszeiten vorgelegen, wäre eine sogenannte Glaubhaftmachung oder eine eidesstattliche Erklärung über zurechnungsfähige Zeiten der Arbeitslosigkeit denkbar. Daraus ergäbe sich aber ein erheblich höherer Prüfaufwand bei der DRV, zudem würde Missbrauch erleichtert.

dpa