Zeitarbeit: LAG-Richter uneins zu Folgen bei Scheinwerkverträgen

Ein Hin und Her am LAG Baden Württemberg: Erst Anfang Dezember hatte das Gericht entschieden, dass sich Auftraggeber und Dienstleister bei einem Scheinwerkvertrag nicht hilfsweise auf eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung berufen können. Eine andere Kammer entschied nun gegenteilig.

Es war etwas überraschend, als die vierte Kammer am LAG Baden Württemberg Anfang Dezember das Urteil fällte: Ein vermeintlicher Auftragnehmer kann sich bei Scheinwerkverträgen nicht auf seine bestehende (Vorrats-) Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis berufen. Daher sei der Arbeitsvertrag zwischen dem Dienstleister als vermeintlichen Arbeitgeber und eingesetztem Beschäftigten nichtig. Das Verhalten des Dienstleisters und des Einsatzunternehmens sei widersprüchlich, urteilten die Richter der vierten Kammer am LAG Baden-Württemberg. Vielmehr sei ein Arbeitsvertrag zwischen dem eingesetzten Beschäftigten und dem vermeintlichen Auftraggeber, also dem Einsatzunternehmen, zustande gekommen.

Überlassungserlaubnis: Ein LAG, zwei Meinungen

Nur wenige Wochen später hatte die dritte Kammer desselben Gerichts in einem ähnlichen Fall zu entscheiden und kam zum konträren Ergebnis. Das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG ), entschieden die Richterkollegen noch kurz vor Weihnachten, verhindere bei einem Scheinwerkvertrag gerade die Rechtsfolge, dass ein Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem vermeintlichen Auftraggeber zustande komme. Dies ergebe sich nicht zuletzt auch aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Rechtsfolgen einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung.

Im konkreten Fall ging es bei der Entscheidung der dritten Kammer um einen Versuchstechniker, der zunächst seit 2009 über die Firma MB-Tech als Zeitarbeiter bei der Daimler AG eingesetzt war.  Der Dienstleister verfügte auch über eine entsprechende Überlassungserlaubnis. Für das Jahr 2013 änderten die Firma MB-Tech und die Daimler AG jedoch die Grundlage und schlossen einen Werkvertrag.

Führt Scheinwerkvertrag zu Arbeitsverhältnis?

Da der Werkvertrag nach den Angaben des Technikers den bisherigen, im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung durchgeführten Aufgaben entsprach, verlangte dieser nun vor dem Arbeitsgericht ein Arbeitsverhältnis zu Daimler. Es handle sich um einen Scheinwerkvertrag. Daher gelte § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG direkt oder zumindest analog, begründete er seine Klage. Die Folge sei ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Zudem brachte der Techniker vor, dass Daimler schließlich einen institutionellen Rechtsmissbrauch begehe. Dem widersprach der Autobauer im Prozess: Daimler-Mitarbeiter hätten seit 2013 gerade keine direkten arbeitsvertraglichen Weisungen mehr an den Techniker erteilt. Zudem habe die MB-Tech eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

Dieser Ansicht schloss sich die dritte Kammer des LAG nun an. Aus Rechtsgründen sei zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis begründet worden. Dies folge auch aus der Rechtsprechung des BAG. Eine analoge Anwendung des § 10 AÜG scheidet aus, da die Voraussetzungen für einen Analogieschluss nicht gegeben sind. Auch aus § 242 BGB lasse sich die vom Kläger gewünschte Rechtsfolge nicht herleiten.

Arbeitsverhältnis oder nicht: Der Blick zum BAG

Man darf auf die Begründungen der beiden Urteile gespannt sein, die beide bislang lediglich in Form einer Pressemitteilung vorliegen. So stellt sich etwa die Frage, ob die vierte Kammer in der ersten Entscheidung eine grundsätzliche Entscheidung treffen wollte oder ob lediglich besondere Umstände des Einzelfalls dazu führten. Ebenso bleibt die Frage danach, auf welche Normen sich die erste Entscheidung konkret stützt (also § 10 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) direkt oder analog und/oder § 242 BGB).

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ist es in jedem Fall unglücklich, dass zwei Kammern eines Gerichts derart unterschiedlich entscheiden. Letztlich dürfte erst ein Machtwort des BAG für Klarheit sorgen, wie mit der Weg der Vorratserlaubnis rechtlich zu beurteilen ist. Bis dahin bleiben für Dienstleister wie Unternehmen vor allem aus dem Südwesten eine Unsicherheit.

Hinweis: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Dezember 2014, Az. 3 Sa 33/14; Vorinstanz: ArbG Stuttgart, Urteil vom 12. März 2014, Az. 19 Ca 7077/13