Hinweisgeberschutzgesetz: Vorgaben für Arbeitgeber

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten, ein internes Hinweisgebersystem einzurichten. Die "Schonfrist" für Unternehmen, die mehr als 50, aber weniger als 250 Mitarbeitende beschäftigen, endet am 17. Dezember 2023.

Am 2. Juli 2023 ist das neue Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft getreten. Kleineren Unternehmen zwischen 50 und 249 Beschäftigten wurde eine Umsetzungsfrist bis zum 17. Dezember 2023 eingeräumt. Ab dem 18. Dezember müssen alle Unternehmen und Organisationen ab 50 Beschäftigten sichere interne Hinweisgebersysteme installieren und betreiben.

Hinweisgeberschutzgesetz: was Arbeitgeber umsetzen müssen

Das Hinweisgeberschutzgesetz will einen umfassenden Schutz von Whistleblowern sicherstellen. Dazu sieht das Gesetz folgende Maßnahmen vor:

  • Unternehmen und Organisationen ab 50 Beschäftigten müssen sichere interne Hinweisgebersysteme installieren und betreiben. Ab dem 18. Dezember 2023 gilt das auch für kleinere Unternehmen zwischen 50 und 249 Beschäftigten.
  • Whistleblower müssen die Möglichkeit erhalten, Hinweise mündlich, schriftlich oder auf Wunsch auch persönlich abzugeben.
  • Wird ein Hinweis abgegeben, muss die interne Meldestelle dies dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen bestätigen.
  • Binnen drei Monaten muss die Meldestelle den Whistleblower über die ergriffenen Maßnahmen informieren, beispielsweise über die Einleitung interner Compliance-Untersuchungen oder die Weiterleitung einer Meldung an eine zuständige Behörde, etwa eine Strafverfolgungsbehörde.
  • Als zweite, gleichwertige Möglichkeit zur Abgabe von Hinweisen wird beim Bundesamt für Justiz eine externe Meldestelle eingerichtet. Die Bundesländer können darüber hinaus eigene Meldestellen einrichten.
  • Whistleblower können sich frei entscheiden, ob sie eine Meldung an die interne Meldestelle ihres Unternehmens abgeben oder die externe Meldestelle nutzen möchten.
  • Auch anonymen Hinweisen soll nachgegangen werden.
  • Zum Schutz der Whistleblower vor "Repressalien" enthält das Gesetz eine weitgehende Beweislastumkehr: Wird ein Whistleblower im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit "benachteiligt", wird vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie ist. Zudem kommen Schadensersatzansprüche des Whistleblowers aufgrund von Repressalien in Betracht.

Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern

Ziel des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden EU-Richtlinie ist ein besserer Schutz von Whistleblowern, also von Personen, die Hinweise auf Missstände in Unternehmen geben. Bis zum 17. Dezember 2021 hatten die EU-Mitgliedsstaaten Zeit für die Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern in nationales Recht. In Deutschland war ein geplantes Hinweisgeberschutzgesetz bereits in der vorigen Legislaturperiode aufgrund unterschiedlicher Auffassungen in der großen Koalition gescheitert. Wegen der Fristversäumnis hat die EU-Kommission am 27. Januar 2022 ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.

Das Gesetz kam auch dann erst nach einigen Anläufen zustande. Im Februar 2023 verweigerte der Bundesrat die Zustimmung. Nachdem sich Bund und Länder auf einen Kompromiss einigten, hat der Bundestag den geänderten Entwurf am 11. Mai 2023 verabschiedet; der Bundesrat stimmte am 12. Mai 2023 zu. Insbesondere wurde auf anonyme Meldekanäle verzichtet. Was gibt das Hinweisgeberschutzgesetz nun für Arbeitgeber vor?

Änderungen durch den Vermittlungsausschuss

  • Der Vermittlungsausschuss einigte sich darauf, dass das Gesetz auf eine Pflicht, die Abgabe anonymer Meldungen zu ermöglichen, verzichtet. Dies gilt sowohl für interne als auch für externe Meldestellen. Es wird lediglich vorgegeben, dass die Stellen auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten sollen. Außerdem wurde ergänzt, dass hinweisgebende Personen in Fällen, in denen intern wirksam gegen Verstöße vorgegangen werden kann, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen sollen.
  • Informationen über Verstöße fallen nur noch in den Anwendungsbereich des Gesetzes, wenn sie sich auf den Beschäftigungsgeber oder eine andere Stelle, mit der die hinweisgebende Person beruflich im Kontakt stand, beziehen.
  • Der Gesetzentwurf sah bislang bereits eine Beweislastumkehr vor, wenn die hinweisgebende Person eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erleidet. Dabei ist es geblieben. Die Vermutung, dass die Benachteiligung eine Repressalie für den Hinweis ist, soll aber nur dann bestehen, wenn die hinweisgebende Person dies auch selbst geltend macht.
  • Die maximale Höhe, der für Verstöße gegen das Gesetz angedrohten Bußgelder wurde von 100.000 Euro auf nur noch 50.000 Euro reduziert.

Bedeutung des Hinweisgeberschutzgesetzes für die Praxis

Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz gilt eine neue Rechtslage, mit der sich alle Unternehmen auseinandersetzen müssen, die mindestens 50 Mitarbeitende beschäftigen und damit unter das Hinweisgeberschutzgesetz fallen. Die Umsetzung der Vorgaben ist ab dem 18. Dezember 2023 für alle Unternehmen ab 50 Beschäftigten verpflichtend. Eine "Schonfrist" hinsichtlich der Umsetzung besteht dann nicht mehr. Die Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes ist komplex, sodass entsprechende Vorbereitungen rechtzeitig getroffen werden sollten.

  • Wichtig ist, eine interne Meldestelle im Unternehmen einzurichten. In Konzernstrukturen kann überlegt werden, ob eine konzernweite zentrale Meldestelle errichtet wird, da dies vom Hinweisgeberschutzgesetz ermöglicht wird.
  • Ebenfalls müssen klare Vorgaben im Unternehmen erlassen werden, wie man verfahrenstechnisch mit Meldungen von Hinweisgebern umgeht. Falls bereits eine Meldestelle und Vorgaben hinsichtlich des Umgangs mit Meldungen im Unternehmen bestehen, muss geprüft werden, ob diese im Einklang mit den Regelungen des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes stehen.
  • In Unternehmen mit Betriebsrat ist regelmäßig ein längerer Vorlauf einzuplanen. Dem Betriebsrat stehen bei der Ausgestaltung des Hinweisgebersystems Mitbestimmungsrechte zu, sodass die Betriebsparteien hier eine Betriebsvereinbarung abschließen müssen.
  • Ist die Identität des Whistleblowers bekannt, könnte womöglich bereits seine Nichtberücksichtigung bei einer anstehenden Beförderung, bei einer Versetzung oder auch die bloße Nicht-Verlängerung seines befristeten Arbeitsvertrags als "Repressalie" gewertet werden - mit der Folge, dass der Arbeitgeber aufgrund der Beweislastumkehr beweisen muss, dass dies gerade keine Benachteiligung des Whistleblowers wegen der von ihm abgegebenen Meldung war. Gelingt dieser Entlastungsbeweis nicht, drohen Schadensersatzansprüche des Whistleblowers und Bußgelder.


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Schlagworte zum Thema:  Whistleblowing, Gesetz, EU-Richtlinie, Jahreswechsel