Arbeitnehmerüberlassung: Equal Pay und die Folgen

Die neuen Pflichten bei der Arbeitnehmerüberlassung zu Equal Pay richten sich primär an Personaldienstleister. Doch auch Entleiher können die Vorgaben schon ab Januar 2018 zu spüren bekommen – gerade in Bereichen, in denen keine sogenannten Branchenzuschläge bestehen.

Mit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ist nun in § 8 AÜG geregelt, dass der Verleiher "die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren" hat. Damit trifft die Pflicht zur Gleichstellung – prinzipiell nicht nur in Entgeltfragen – zunächst den Dienstleister als Verleiher. Allerdings: Um den Zeitarbeitnehmer gerade hinsichtlich der Vergütung gleich zu behandeln, meist als Equal Pay bezeichnet, bedarf es genauerer Informationen des Entleihers. Nur wenn der Dienstleister über die Entgeltstruktur im Einsatzbetrieb Bescheid weiß und wenn er die Gehaltsbestandteile kennt, die zu berücksichtigen sind, kann er seine Pflicht zu Equal Pay auch erfüllen. Genau hierin besteht jedoch die Schwierigkeit in der Praxis.

Was ist Equal Pay: Gesetz, Grundsatz und Prinzip

Doch der Reihe nach: Das Gesetz sieht zunächst eine Pflicht zur Gleichstellung vor. Nach § 8 Abs. 2 AÜG sind jedoch auch Ausnahmen möglich: "Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen", soweit dieser bestimmte Voraussetzungen erfüllt, zum Beispiel den Mindestlohn nicht unterschreitet. Dieser Grundsatz galt auch schon vor der AÜG-Reform, war jedoch in der Praxis immer schon umgekehrt. In den meisten Fällen galt und gilt also der Tarifvertrag und nur ausnahmsweise die gesetzliche Gleichstellung von Beginn an.

Daher hat der Gesetzgeber mit der AÜG-Reform nun ein neues Prinzip eingeführt. Gerade was die Vergütung betrifft, sieht § 8 Abs. 4 AÜG vor: "Ein Tarifvertrag […] kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen." Das bedeutet: Auch im Geltungsbereich eines Tarifvertrags gilt nach neun Monaten Equal Pay. Eine Ausnahme – nämlich Equal Pay erst nach 15 Monaten – besteht lediglich für die Branchen, für die ein sogenannter Branchenzuschlagstarifvertrag gilt.

Equal Pay: Berechnung komplex und unklar

Die genaue Berechnung von Equal Pay ist und bleibt jedoch unklar. Das beginnt bereits mit der Frage, wie man den Zeitarbeitnehmer mit einem entsprechenden Mitarbeiter vergleichen kann: Wann ist also ein Mitarbeiter vergleichbar? Wie sind unterschiedliche persönliche Merkmale wie Betriebszugehörigkeit oder besondere Zusatzausbildung zu berücksichtigen? Hier sind noch sehr viele Fragen ungeklärt.

Auch bei der Vergütung selbst gibt es noch einige Fragen: Welche Entgeltbestandteile sind zum Beispiel zu berücksichtigen? Hier dürfte nach der Rechtsprechung nicht nur das regelmäßige Entgelt, sondern jede Form von Gegenleistung – soweit ein unmittelbarer Bezug zur Arbeitsleistung steht – gemeint sein. Im Einzelfall wird es jedoch auch in diesem Bereich zu schwierigen Abgrenzungsfragen kommen. In letzter Instanz werden wohl erst die Gerichte einige dieser Fragen final beantworten.

AÜG: Equal Pay als Zusatzaufwand für Entleiher

Problematisch für Entleiher ist daran vor allem, dass die Dienstleister zur korrekten Abrechnung alle möglichen Informationen zu Zulagen, Prämien, bAV-Zahlungen oder Ähnlichem benötigen. Es muss also ein umfassender Informationsaustausch stattfinden. Die Freude über den Einblick in die eigenen Vergütungsstrukturen und vor allem über den zusätzlichen Aufwand dürfte sich bei den Entleihern in Grenzen halten – zumal davon auszugehen ist, dass der Dienstleister einen entsprechenden Auskunftsanspruch bereits im Überlassungsvertrag verankert. Nur so kann er absichern, dass er seine Pflicht auch erfüllen kann.

Ganz nebenbei werden natürlich auch die Kosten für die Zeitarbeit ab dem Equal-Pay-Zeitpunkt steigen. Gerade Unternehmen, die mit der Arbeitnehmerüberlassung Auftragsspitzen abdecken wollen, dürfte dies zwar schmerzen. Ob sie die zusätzlichen Kosten von einem anerkannten Instrument der Personalflexibilisierung abhält, darf jedoch bezweifelt werden.

Equal Pay: Zeitarbeit mit Ausnahmen bei Branchenzuschlag

Einfacher dürfte die Equal-Pay-Berechnung in Branchen mit einem entsprechenden Tarifvertrag für Branchenzuschläge werden – und zwar in doppelter Hinsicht. Zunächst erlaubt das AÜG gerade in diesen Branchen eine Ausnahme zum Equal Pay nach neun Monaten. Wird das Entgelt von Anfang an schrittweise an das Niveau beim Entleiher angepasst, so muss Equal Pay erst nach 15 Monaten gewährleistet werden.

Und die zweite wichtige Ausnahme in diesem Bereich: Durch eine neue Entgeltgruppe in diesen Tarifverträgen zu Branchenzuschlägen, die als gleichwertiges Entgelt gelten, dürften auch die schwierigen und aufwändigen Nachfragen beim Entleiher entfallen. Denn – vereinfacht gesagt – wird gesetzlich vermutet, dass diese neue Entgeltstufe dem Equal Pay im Einsatzbetrieb entspricht. Dieses sogenannte tarifvertragliche Equal Pay dürfte also die Prozesse in der Praxis – für Dienstleister wie Entleiher – erheblich erleichtern.

Unterbrechung von drei Monaten

Für die Berechnung der maximalen Zeiträume (also neun oder 15 Monate) gelten dieselben Grundregeln wie zur Überlassungshöchstdauer: Einsatzzeiten bei demselben Entleiher werden addiert, solange diese nicht länger als drei Monate unterbrochen waren.

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