Recht auf tägliche und wöchentliche Ruhezeit

Die tägliche Ruhezeit ist ein Arbeitnehmerrecht, ebenso wie die wöchentliche Ruhezeit. Beschäftigte haben auch Anspruch auf die tägliche Ruhezeit, wenn diese einer wöchentlichen Ruhezeit vorausgeht. Das hat der Europäische Gerichtshof klargestellt.

Ruhezeiten sind verpflichtend. Nach der europäischen Arbeitszeitgestaltungs-Richtlinie muss Beschäftigten eine tägliche Ruhezeit von 11 Stunden und eine wöchentliche Ruhezeit von 24 Stunden gewährt werden. Beide Rechte sieht das Arbeitszeitgesetz in Deutschland in § 5 Abs. 1 ArbZG und §§ 9 ff. ArbZG vor. Die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit sind zwei autonome Rechte, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt. Arbeitgeber müssten die tägliche Ruhezeit also zusätzlich zur wöchentlichen Ruhezeit gewähren, auch wenn sie dieser unmittelbar vorausgeht.

Der Fall: Keine tägliche Ruhezeit vor Wochenende oder Urlaub

Im konkreten Fall klagte ein Lokführer, der bei der ungarischen Eisenbahngesellschaft MÁV-START beschäftigt ist. Der Arbeitgeber gewährte ihm keine tägliche Ruhezeit vor oder nach einer wöchentlichen Ruhezeit oder einer Urlaubszeit. Auf diese mindestens elf Stunden am Stück habe er aber ein Recht, argumentierte der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber machte geltend, dass der Arbeitnehmer vorliegend in keiner Weise benachteiligt werde. Denn der anwendbare Tarifvertrag sehe eine wöchentliche Mindestruhezeit von mindestens 42 Stunden und damit deutlich mehr als die in der Richtlinie vorgegebenen 24 Stunden vor.

EuGH: Tägliche und wöchentliche Ruhezeit müssen beide gewährleistet werden

Der ungarische Gerichtshof Miskolc legte die Sache dem EuGH vor. Dieser sollte klären, ob nach der Richtlinie eine mit einer wöchentlichen Ruhezeit zusammenhängend gewährte tägliche Ruhezeit Teil der wöchentlichen Ruhezeit ist. Dies hat der Gerichtshof in seinem Urteil beantwortet und festgestellt, dass die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit zwei autonome Rechte sind, mit denen unterschiedliche Ziele verfolgt werden.

Die tägliche Ruhezeit ermögliche es dem Arbeitnehmer, sich für eine bestimmte Anzahl von Stunden, die nicht nur zusammenhängen, sondern sich auch unmittelbar an eine Arbeitsperiode anschließen müssen, aus seiner Arbeitsumgebung zurückziehen. Die wöchentliche Ruhezeit ermögliche es dem Arbeitnehmer, sich pro Siebentageszeitraum auszuruhen. Beschäftigten sei folglich zu gewährleisten, dass sie tatsächlich beide Rechte in Anspruch nehmen können.  

Tägliche Ruhezeit kein Teil der wöchentlichen Ruhezeit 

Aus Sicht des EuGH würde der Anspruch auf die tägliche Ruhezeit ausgehöhlt, wenn diese ein Teil der wöchentlichen Ruhezeit wäre. Dem Arbeitnehmer würde die tatsächliche Inanspruchnahme der täglichen Ruhezeit vorenthalten, wenn er sein Recht auf wöchentliche Ruhezeit in Anspruch nimmt.

Der Gerichtshof verwies darauf, dass die Richtlinie ausdrücklich klarstelle, dass zum Zeitraum der wöchentlichen Ruhezeit der Zeitraum hinzukommt, der mit dem Recht auf tägliche Ruhezeit verknüpft ist. Von daher könne die tägliche Ruhezeit nicht Teil der wöchentlichen Ruhezeit sein, sondern müsse zu dieser hinzukommen. Dies gelte auch, wenn die tägliche Ruhezeit der wöchentlichen Ruhezeit unmittelbar vorausgeht. Auch eine längere Dauer der wöchentlichen Ruhezeit wie im aktuellen Fall des ungarischen Rechts ändere daran nichts.

Hinweis: EuGH, Urteil vom 2. März 2023 in der Rechtssache C-477/21


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